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Arbeitskräftemangel: Wie Deutschland die Arbeitskraft von Millionen verschwendet

Studie

Wie Deutschland die Arbeitskraft von Millionen verschwendet

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    Rainer Kirchdörfer, Chef der Stiftung Familienunternehmen, ist sich sicher, dass die Deutschen zu wenig arbeiten.
    Rainer Kirchdörfer, Chef der Stiftung Familienunternehmen, ist sich sicher, dass die Deutschen zu wenig arbeiten. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Deutschland lässt die Arbeitskraft von fünf Millionen Beschäftigten ungenutzt liegen. Das ist das zentrale Ergebnis einer Studie im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, die unserer Redaktion exklusiv vorliegt. Demnach wird das meiste Potenzial bei Frauen ohne Kinder, Beschäftigten ohne Berufsabschluss und Müttern in Teilzeit verschwendet. Erhebliche Reserven sehen die Forscher auch bei Migranten und älteren Arbeitnehmern im Alter zwischen 50 und 70 Jahren.

    „Im internationalen Vergleich hat Deutschland einen der höchsten Anteile an Arbeitsstellen, die nicht besetzt werden können. Zugleich wird pro Kopf weniger gearbeitet als in fast allen anderen Industrieländern“, schreiben die Ökonomen vom Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung an der Uni Tübingen. Ihr Fazit: Die Deutschen sollen mehr arbeiten.

    Das Arbeitskräftepotenzial wird längst nicht vollständig gehoben

    In ihrer Analyse kommen sie zu dem Schluss, dass die Arbeitsleistung von umgerechnet 1,7 Millionen Beschäftigten gehoben werden könnte, wenn Frauen ohne Kinder zu den Männern aufschlössen. Gelänge es, die Menschen ohne Berufsabschluss zu qualifizieren, könnte das das Arbeitskräftepotenzial um 1,2 Millionen Stellen steigern. Jeweils eine halbe Million Jobs liegen der Studie zufolge brach, weil es zu wenige Kindergartenplätze gibt und Zuwanderer zu selten ihren Weg in Unternehmen finden. „Die zentrale Botschaft lautet: Deutschland hat ein großes und bereits vorhandenes Arbeitskräftepotenzial, das die Politik nicht liegen lassen darf. Der Staat muss endlich die richtigen Anreize zur Arbeitsaufnahme setzen“, sagte der Chef der Stiftung Familienunternehmen, Rainer Kirchdörfer, unserer Redaktion.

    Die Tübinger Ökonomen machen ein Bündel von Vorschlägen, um die ungenutzte Reserve zu heben. Dazu zählen unter anderem die Abschaffung des Ehegattensplittings, weil es vor allem Frauen davon abhalte, in Vollzeit zu arbeiten. Außerdem empfehlen sie die Einschränkung von Mini-Jobs und den Ausbau der Kinderbetreuung, im Speziellen die Förderung der Gründung von Betriebs-Kitas. Damit ältere Arbeitnehmer länger im Beruf bleiben, solle die Rente mit 63 angepasst werden. Aus der Gruppe der Zuwanderer sollten vor allem Frauen von den Arbeitsämtern ermutigt werden, Deutschkurse zu belegen und Qualifizierungen anzunehmen. Ihre Beteiligung am Arbeitsleben liegt deutlich unter dem Wert der eingewanderten Männer.

    Arbeitskräftemangel als großes Strukturproblem

    Wie stark fehlendes Personal die Wirtschaftsentwicklung bremst, haben in der vergangenen Woche die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihrem Herbstgutachten herausgearbeitet. Neben den hohen Energiekosten und der vernachlässigten Infrastruktur ist der Arbeitskräftemangel das große Strukturproblem Deutschlands. Für das laufende Jahr rechnen die Konjunkturexperten damit, dass die Wirtschaftsleistung das zweite Mal in Folge sinkt. Erst nächstes Jahr wird es der Prognose zufolge zu einer Erholung kommen.

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