Mit einem gemeinsamen Streik wollen die Gewerkschaften EVG und Verdi am Montag den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmlegen. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft - 24 Stunden lang wird der Transport fast völlig stillstehen. Bestreikt werden nicht nur die Fern-, Regional und S-Bahn-Züge der Deutschen Bahn und weiterer Eisenbahnfirmen. Sondern auch alle Flughäfen mit Ausnahme Berlins, Hafenämter und Schiffsbehörden sowie die Autobahnverwaltung. Letzteres heißt, dass wichtige Fernverkehrstunnel nicht befahren werden können.
Streiks im Verkehrsbereich: "Bis zum Erliegen der Verkehrsdienste"
"Es wird im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen“, teilten die Gewerkschaften in Berlin mit. Der Warnstreik beginnt in der Nacht auf Montag, 27. März, um null Uhr, und endet am 27. März um 24 Uhr. "Zusammen geht mehr", begründete Verdi-Chef Frank Werneke die gemeinsame Aktion mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG, die knapp 200.000 Beschäftigte aus dem Bereich Schienenverkehr vertritt.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi streitet gerade mit Kommunen und Bund über bessere Konditionen für die etwa zweieinhalb Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Zu ihnen gehören auch die rund 300.000 Menschen, die direkt oder indirekt im öffentlichen Personennahverkehr arbeiten, also bei Straßen- oder Trambahn, U-Bahn und Omnibusverkehr. Auch kommunale Beschäftigte an Flughäfen werden von der Gewerkschaft vertreten. Am Montag beginnt in Potsdam die dritte Verhandlungsrunde. Verdi fordert 10,5 Prozent mehr Lohn, monatlich mindestens 500 Euro. Bund und Kommunen bieten bislang fünf Prozent und Einmalzahlungen von insgesamt 2500 Euro. "Es geht um faire Bedingungen für die Menschen, die das Land am Laufen halten und dafür zu schlecht bezahlt werden", sagte Werneke. Die bislang vorliegenden Angebote der Arbeitgeber besserten die Situation nicht, sie verschärften vielmehr den Konflikt.
Forderung: Mindestens 650 Euro mehr
Für EVG-Chef Martin Burkert ist die schlechte Bezahlung der Hauptgrund für den Personalmangel in der Branche. Weil so viele Stellen unbesetzt seien, wachse die Belastung, der die Beschäftigten täglich ausgesetzt seien. "Ohne ausreichendes Personal wird die Verkehrswende aber nicht gelingen", sagte Burkert. Die EVG verhandelt mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Unternehmen der Branche über neue Tarifverträge. Wie die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst bot auch die Bahn zunächst an, die Löhne in zwei Schritten um insgesamt fünf Prozent anzuheben. Zudem wurden Einmalzahlungen von 2500 Euro in Aussicht gestellt. Doch die Gewerkschaft lehnte ab. Ihre Forderung: mindestens 650 Euro mehr in den niedrigeren Lohngruppen, bei den höheren Entgelten eine Steigerung um zwölf Prozent. Nach Angaben der Gewerkschaft verdient eine Zugbegleiterin nach fünf Jahren bei der Deutschen Bahn rund 2500 Euro brutto, da bleibe nach Abzug der Steuern nicht mehr viel zum Leben. Bei Gebäude- oder Fahrzeugreiniger mit zweijähriger Betriebszugehörigkeit betrage der Grundlohn knapp 2000 Euro brutto. Ein Lokführer steige bei 3000 Euro ein.
Die Deutsche Bahn kritisiert den geplanten flächendeckenden Warnstreik als "grundlos und unnötig". Personalvorstand Martin Seiler sagte: "Die EVG muss sich ihrer Verantwortung stellen und umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren. Unsere Mitarbeitenden und Fahrgäste brauchen jetzt eine zügige Lösung, keinen großen Warnstreik." Die Deutsche Bahn stellt am Montag den gesamten Fernverkehr ein. Auch im Regionalverkehr werde „größtenteils kein Zug fahren“, teilte der Konzern mit. „Klar ist bereits jetzt, dass für die betroffenen Fahrgäste umfangreiche Kulanzregelungen vorgesehen sind.“ Weil Forderungen der Gewerkschaften und Angebote der Arbeitgeber noch weit auseinanderliegen, scheinen weitere Streikaktionen nicht ausgeschlossen. Immerhin der Osterreiseverkehr dürfte nicht betroffen sein. Beide Gewerkschaften deuteten an, auf Arbeitskämpfe in den Ferien zu verzichten.
ADAC warnt bei Streik vor Chaos auf den Straßen
Der ADAC warnt vor einem Verkehrschaos, das droht, wenn viele Menschen wegen des Streiks aufs Auto umsteigen. Nicht nur auf den Autobahnen, sondern auch auf allen anderen Straßen dürfte es eng werden. Pendler und Reisende sollten am besten ihre Tagespläne überdenken und Vorhaben möglichst auf andere Tage verschieben. Das bedeutet auch: Wer an diesem Tag im Homeoffice arbeiten kann, sollte dies auch tun. Für Wege, die sich nicht vermeiden lassen, sei es ratsam, deutlich mehr Zeit einzuplanen, als üblich. Alternativen zum öffentlichen Nahverkehr oder zum Fliegen könnten Mitfahrgelegenheiten sein, die über verschiedene Plattformen zu finden sind. Mietwagen-Angebote könnten dagegen rasch ausgebucht sein, so der Automobilclub weiter.