Zum ersten Mal in der Geschichte der USA muss sich mit Donald Trump ein ehemaliger Präsident einem Strafverfahren stellen. Am Donnerstagabend (Ortszeit) verkündete die Bezirksstaatsanwaltschaft in Manhattan eine Anklage gegen den Republikaner. Es geht um Schweigegeldzahlungen an eine Pornodarstellerin. Trump sprach von "politischer Verfolgung und Wahlbeeinflussung".
Trump könnte auch im Gefängnis zur US-Wahl antreten
Bereits vor mehreren Monaten hatte der 76-Jährige seine Präsidentschaftsbewerbung verkündet. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, könnten Trump womöglich mehrere Jahre Haft drohen. Rechtsexperten der New York Times halten eine Haftstrafe von vier Jahren für möglich. Das würde seine Pläne für die kommende Wahl – zumindest rechtlich – kaum beeinflussen. Weder eine Anklage noch eine Verurteilung und nicht einmal eine Haftstrafe stünden Trumps Kandidatur im Weg.
Bedeutet das, dass er sogar aus dem Gefängnis heraus kandidieren könnte? "Nichts im Gesetz würde das verhindern", zitiert das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) den Direktor des Zentrums für Verfassungsrecht an der Stanford Law School in Kalifornien, Michael W. McConnell. Damit jemand zum Präsidenten der USA gewählt werden kann, muss er laut Artikel 2 der US-Verfassung lediglich drei Voraussetzungen erfüllen: Die Person muss in den USA geboren, mindestens 35 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz seit 14 Jahren in den USA gehabt haben. Eine aktuelle Haftstrafe oder eine kriminelle Karriere in der Vergangenheit sind im Gesetz nicht erwähnt.
US-Wahl: Sturm aufs Kapitol könnte Trumps Präsidentschaftskandidatur verhindern
Ein Verbrechen gibt es aber, das einer Kandidatur im Weg stehen würde. Im 14. Zusatz der US-Verfassung heißt es, dass niemand ein öffentliches Amt bekleiden darf, der "an einem Aufstand oder Aufruhr" gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten "teilgenommen oder ihre Feinde unterstützt oder begünstigt hat". Könnte dabei vielleicht ein ganz anderer Fall zum Problem für Trump werden? Im Justizministerium laufen umfangreiche Ermittlungen zum Sturm aufs US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatten Anhänger des 76-Jährigen das Kapitol gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, fünf Menschen starben. Bislang ist unklar, ob dem ehemaligen Präsidenten auch hier eine Anklage droht.
Auch in einem zweiten Kontext knüpft die US-Verfassung mögliche Verbrechen eines Präsidenten an ein Amtsverbot, nämlich in den Regelungen zum "Impeachment", der Amtsenthebung. Dementsprechend wird der Präsident seines Amtes enthoben, wenn er "wegen Verrats, Bestechung oder anderer Verbrechen und Vergehen unter Amtsanklage gestellt und für schuldig befunden worden" ist. Damit wäre auch eine lebenslange Ämtersperre verbunden. Für Amtsanklagen gegen den Präsidenten sind keine Gerichte zuständig, sondern die Parlamentarier im US-Kongress. Die Demokraten haben bereits zweimal eine Amtsanklage eingeleitet. Beide Male sind sie am Widerstand der Republikaner im Senat gescheitert.
Es gab bereits inhaftierte Präsidentschaftskandidaten
Trump wäre nicht der Erste – wenn es denn so weit kommen sollte –, der aus dem Gefängnis heraus kandidiert. Bei der Wahl 1992 kandidierte der Verschwörungstheoretiker Lyndon LaRouche. Zu diesem Zeitpunkt saß er wegen Steuerhinterziehung und Betrugs im Gefängnis. Und auch Eugene V. Debs trat 1920 hinter Gittern an. Er saß im Gefängnis, weil er gegen den Ersten Weltkrieg protestiert hatte.
Vereidigung zum US-Präsidenten rechtlich auch im Gefängnis möglich
Sollte Trump tatsächlich in Haft müssen, sollte er aus dem Gefängnis heraus kandidieren und sollte er dann zum Präsidenten gewählt werden, könnte er rein rechtlich auch vereidigt werden. Praktisch gäbe es natürlich zahlreiche Probleme: Wie sähe die Amtseinführung mit Abnahme des Amtseides aus? Gäbe es dafür Hafturlaub? Oder würde die Zeremonie in seiner Zelle stattfinden?
Noch mehr Probleme dürfte es bei der Erledigung der Regierungsgeschäfte geben. Und was wäre mit Auslandsreisen und diplomatischen Terminen? Dabei könnte der 25. Zusatz zur US-Verfassung zum Tragen kommen, so Michael C. Dorf, Verfassungsrechtler und Professor an der Cornell Law School in Ithaca, New York, gegenüber dem RND. Dabei geht es um die Situation, dass "der Präsident unfähig ist, die Befugnisse und Obliegenheiten seines Amtes wahrzunehmen". "Diese Vorschrift führt sich nicht selbst aus", so Dorf. Das würde bedeuten, dass sein eigenes Kabinett Trump für untauglich erklären müsse.