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Angela Merkel: Wie eine Bundeskanzlerin Geburtstag feiert: Angela Merkel wird 60

Angela Merkel

Wie eine Bundeskanzlerin Geburtstag feiert: Angela Merkel wird 60

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    Angela Merkel bei einem Besuch an einer chinesischen Universität.
    Angela Merkel bei einem Besuch an einer chinesischen Universität. Foto: Rolex Dela Pena (dpa)

    Macht sie als Frau eine andere Politik als Männer? Wer das von Angela Merkel wissen will? Ein junger chinesischer Student. Die Gelegenheit ist einmalig. Er kann der mächtigsten Frau der Welt in seiner Pekinger Uni eine persönliche Frage stellen. Die Physikerin diskutiert gern mit Studenten. Oft gibt sie da etwas von sich preis.

    Was die Kanzlerin aber auch an diesem Juli-Tag nicht macht: Frauenpolitik. Sie bricht keine Lanze für Frauen und stellt auch keine typisch weiblichen Stärken wie Geduld und Ausdauer heraus. Sie sagt: "Das ist nicht ganz einfach für mich zu sagen, weil ich ja kein Mann bin." Typisch Merkel. Sie antwortet, ohne zu antworten.

    Trotzdem ist klar: Gerade sie macht Politik nicht anders als Männer. Sie kann genauso eisern, kühl und emotionslos sein, wie Männer erlebt werden. Sie hat die Wahlen gegen Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und die

    Angela Merkel wird vielleicht nicht mit Familie und Freunden reinfeiern, sondern mit anderen Mächtigen

    An diesem Donnerstag wird Merkel 60 Jahre alt. 1000 Gäste sind in die CDU-Zentrale in Berlin eingeladen. Reinfeiern muss sie unter Umständen noch in Brüssel mit den EU-Staats- und Regierungschefs, die sie am Mittwoch beim Sondergipfel trifft. Dann soll über die noch offenen EU-Personalien entschieden werden. Das kann dauern.

    Aber in Europa fühlt sich Merkel wohl. Seit der Finanzkrise hat sie sich immer mehr als Außenpolitikerin profiliert. In der Europäischen Union läuft gegen sie fast nichts mehr. Die Präsidenten der USA, Chinas oder Russlands rufen bei Merkel an, wenn sie mit

    Ihre Karriere ist märchenhaft, wie es US-Präsident Barack Obama 2011 schilderte, als er ihr die höchste zivile Auszeichnung der USA überreichte, die Freiheitsmedaille. Eine Naturwissenschaftlerin aus der DDR, zunächst schüchtern und unscheinbar, wird die wichtigste und einflussreichste Politikerin - in Deutschland, Europa und der Welt.

    Die Bürger schätzen Angela Merkels Normalität - und dass sie frei von Skandalen geblieben ist

    Das US-Magazin Forbes hat sie in diesem Jahr zum vierten Mal zur mächtigsten Frau der Welt gekürt. In Deutschland führt sie immer wieder die Beliebtheitsskala der Politiker an.

    Was schätzen Bürger an ihr? Vielleicht vor allem, dass sie sich hochgearbeitet hat, normal geblieben und frei von Skandalen ist. Dass sie in der Stunde des Sieges bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 keine Siegespose einnimmt, sondern nur lächelt und ein bisschen winkt - und ihrem damaligen glückseligen Generalsekretär Hermann Gröhe ein Deutschlandfähnchen aus der Hand reißt.

    Die Stationen von Angela Merkel

    1989: In der politischen Umbruchphase der DDR steigt die Physikerin Merkel in die Politik ein und schließt sich dem Demokratischen Aufbruch (DA) an, der später der CDU beitritt.

    April 1990: Nach den Volkskammerwahlen wird Merkel stellvertretende Regierungssprecherin der DDR.

    Dezember 1990: Merkel wird mit der ersten gesamtdeutschen Wahl direkt gewählte CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Stralsund, Rügen, Nordvorpommern.

    Januar 1991: Merkel wird unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) als Bundesministerin für Frauen und Jugend vereidigt.

    Dezember 1991: Merkel wird zur stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt.

    November 1994: Merkel wird Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Für ihre Verhandlungsführung beim UN-Klimagipfel in Berlin erntet sie ein Jahr später breites Lob.

    November 1998: Der neue CDU-Chef Wolfgang Schäuble macht Merkel zur Generalsekretärin.

    Dezember 1999: Nach Bekanntwerden der CDU-Spendenaffäre ruft Merkel in einem spektakulären Zeitungsbeitrag zur Abnabelung von Kohl auf.

    10. April 2000: Nach Schäubles Rücktritt infolge der CDU-Spendenaffäre wird Merkel auf dem Parteitag in Essen mit 95,9 Prozent zur Parteichefin gewählt.

    24. September 2002: Nach der verlorenen Bundestagswahl mit Spitzenkandidat Edmund Stoiber sichert Merkel sich den Fraktionsvorsitz der CDU/CSU im Bundestag.

    1./2. Dezember 2003: Unter Merkels Führung segnet die CDU auf ihrem Parteitag in Leipzig einen radikalen Kurswechsel in der Steuer- und Sozialpolitik ab. Später distanzieren sich sowohl Kanzlerin als auch Partei wieder davon.

    18. September 2005: Die Union gewinnt mit Merkel als Kanzlerkandidatin die Bundestagswahl knapp vor der SPD, bleibt aber weit hinter den Erwartungen zurück.

    22. November 2005: Merkel wird als Bundeskanzlerin einer großen Koalition vereidigt. Sie ist nicht nur die erste Frau, sondern mit 51 Jahren die bislang jüngste Politikerin in diesem Amt.

    August 2006: Das US-Wirtschaftsmagazin "Forbes" kürt Merkel erstmals zur "mächtigsten Frau der Welt". Den Spitzenplatz hält sie auch in den kommenden Jahren fast durchgängig.

    September/Oktober 2008: Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) stellen wegen der Finanzkrise in dramatischen Rettungsaktionen Milliardensummen für Banken und die Wirtschaft bereit.

    27. September 2009: Die CDU fährt bei der Bundestagswahl unter Merkels Führung zwar ein schwaches Ergebnis ein, es reicht aber für das gewünschte schwarz-gelbe Bündnis.

    28. Oktober 2009: Merkel wird zum zweiten Mal vom Bundestag zur Kanzlerin gewählt.

    Mai 2010: Die Staaten der Euro-Zone beschließen den ersten Rettungsschirm. Während Merkel mit der Euro-Krise beschäftigt ist, macht ihre schwarz-gelbe Koalition vor allem durch Streits von sich reden.

    6. Juni 2011: Nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima beschließt Merkels Kabinett das Aus für acht Atomkraftwerke und einen schrittweisen Atomausstieg bis 2022. Im Wahlkampf hatte Merkel noch für eine Verlängerung der Laufzeiten geworben.

    Dezember 2012: Bei ihrer sechsten Wiederwahl zur CDU-Chefin erreicht Merkel mit 97,94 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis.

    22. September 2013: Bei der Bundestagswahl erreicht die Union mit 41,5 Prozent das beste Zweitstimmenergebnis seit 1990.

    17. Dezember 2013: Merkel wird zum dritten Mal im Bundestag zur Kanzlerin gewählt.

    10. April 2014: Merkel ist jetzt länger als Kanzlerin im Amt als Helmut Schmidt, der acht Jahre und vier Monate Regierungschef war. Nur Konrad Adenauer und Helmut Kohl regierten deutlich länger.

    Merkel verfügt über eine Angst einflößende Kondition. EU-Gipfel übersteht sie auch so gut wie ohne Schlaf und stemmt nach ihrer Rückkehr in Berlin noch ein Treffen mit Ministerpräsidenten. Oder sie fährt nach einem Wochenendtrip nach Chile direkt zum CDU-Präsidium. Drei Tage nach einer Knie-Operation eröffnet sie die Hannover-Messe. Trotz Grippe hält sie eine Neujahrsansprache.

    Macht Angela Merkel weiter, dankt sie ab - und wird sie UN-Generalsekretärin?

    Aus Fehlern zieht sie sofort Lehren. Als sie nach einer langen Brüsseler Gipfelnacht ins Hotel fährt und keine Pressekonferenz mehr gibt, nutzen ihre Amtskollegen aus Spanien und Italien die Lage aus und reklamieren die Deutungshoheit gegen Merkels Sparkurs. Danach schwört sie sich: Ob Sonnenaufgang oder -untergang - nie wieder wird sie Unterhändlern den Rücken zudrehen.

    Seit neun Jahren regiert sie jetzt das Land, seit 14 Jahren die CDU. Deutschland ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern gut, sogar sehr gut durch die internationale Finanzkrise gekommen: Die Arbeitslosigkeit ist vergleichsweise niedrig, die Konjunktur läuft. Es gibt Unmut über zu niedrige Zinsen, die kalte Progression und die Kosten der Energiewende. Und es ist kaum zu glauben, dass es in einem so reichen Land wie Deutschland Kinder gibt, die in Armut leben. Aber das Land ist stabil und behauptet sich in der Welt.

    Was kommt jetzt? Die einen in der Union sagen, sie wolle Kohls Rekord von 16 Kanzlerjahren brechen. Medien berichten, sie wolle auf dem Zenit ihrer Macht noch in dieser Legislaturperiode das Amt abgeben, etwa um 2018 UN-Generalsekretärin zu werden. Dem ZDF sagte Merkel dazu: "Das wird mit Sicherheit nicht passieren." 1998 beteuerte sie im Gespräch mit der Fotografin Herlinde Koelbl ("Spuren der Macht"): "Ich möchte irgendwann den richtigen Zeitpunkt für den Ausstieg aus der Politik finden. Dann will ich kein halbtotes Wrack sein."

    Selbst die Opposition hat ein Lob für Angela Merkel parat

    Merkel regiert jetzt ihre dritte Koalition. Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb und wieder Schwarz-Rot. Sie hätte auch Schwarz-Grün gemacht. Aber die Sondierungsgespräche 2013 scheiterten.

    So manches eigene Ziel hat sie nicht erreicht (Verlängerung der Atomlaufzeiten), dagegen musste sie Ziele der anderen durchsetzen (zuletzt die Rente ab 63 und derzeit die Maut). Aber sie ist Chefin.

    Grünen-Chef Cem Özdemir sagt, es habe ihm lange die Grundüberzeugung bei Merkel gefehlt. "Dass sie, wenn man sie nachts anruft und fragt, warum sie Kanzlerin sein will, etwas anderes antwortet, als dass sie Kanzlerin sein will." Sie habe eine "naturgegebene Flexibilität", negativ ausgedrückt "Beliebigkeit". Was aber klar für sie spreche: "Sie ist natürlich und normal im Umgang, frei von Überheblichkeit."

    Der SPD-Abgeordnete Achim Post beschreibt Merkel als "hochintelligent, sachorientiert, zielgerichtet und professionell". Das könnte auch vom Regierungssprecher stammen. Hat sie auch Fehler? Post: "Klar: 41,5 Prozent bei der letzten Bundestagswahl."

    Über Angela Merkels Privatleben weiß man nicht viel

    Merkel wurde in Hamburg geboren, wuchs in Brandenburg auf, wo ihr Vater Pfarrer war. Sie studierte in Leipzig Physik und ging erst nach dem Mauerfall in die Politik. Sie ist mit dem Chemieprofessor Joachim Sauer verheiratet. Es gibt keine Homestorys. Man weiß nicht viel über Mutter, Schwester, Bruder. Ihre Beckenverletzung bei einem Ski-Unfall hat sie anscheinend gut überstanden und rund zehn Kilo abgenommen.

    Nach großer Sause mutet ihre Geburtstagsfeier am 17. Juli im Konrad-Adenauer-Haus nicht an. Als Festredner hat sich Merkel für den Historiker und Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Konstanz, Jürgen Osterhammel (62), entschieden. Sein Thema: "Vergangenheiten: Über die Zeithorizonte der Geschichte".

    Zu ihrem 50. Geburtstag hatte ihr der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber gewünscht, dass "all das, was Sie sich vornehmen in Erfüllung geht". Das war 2004. Da war Merkel noch in der Opposition. Was sie sich damals alles vorgenommen hat, ist nicht überliefert. Ein Jahr darauf wird sie Kanzlerin. Neun Jahre später ist sie es immer noch. Merkels Märchen. Nun wünscht sie sich zum Geburtstag, dass sie gesund bleibt und "das tun kann, was mir Spaß macht". Nächstes Kapitel. Kristina Dunz, dpa

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