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Analyse zur NRW-Wahl: Die Politik von Scholz bekommt eine empfindliche Klatsche verpasst

Analyse zur NRW-Wahl

Die Politik von Scholz bekommt eine empfindliche Klatsche verpasst

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    Olaf Scholz hat bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen erneut an Oberwasser verloren. Hendrik Wüst hingegen ist in der Pole Position für den Posten des Ministerpräsidenten.
    Olaf Scholz hat bei der Wahl in Nordrhein-Westfalen erneut an Oberwasser verloren. Hendrik Wüst hingegen ist in der Pole Position für den Posten des Ministerpräsidenten. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Dass das letzte Fernsehduell zwischen den Spitzenbewerbern um die Macht in Nordrhein-Westfalen zumindest optisch auf Augenhöhe stattfand, liegt an einem Podest. Auf das durfte sich der körperlich eher kompakte SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty stellen, damit ihn der groß gewachsene CDU-Amtsinhaber Hendrik Wüst nicht allzu sehr überragte.

    Am Sonntagabend kurz nach 18 Uhr, das bevölkerungsreichste Land der Republik hat gerade sein Parlament gewählt, zeigen sich die wahren politischen Größenverhältnisse. Hendrik Wüst, der 46-jährige Jurist aus dem Münsterland, liegt unerwartet deutlich vor Kutschaty, dem 53-Jährigen aus Essen. Dass Wüst weiterregieren darf, ist noch nicht ausgemacht, doch am Sonntagabend gibt er sich zuversichtlich: „Die Menschen haben uns ganz klar zur stärksten Kraft gemacht. Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen.“ Wie schon in der Woche zuvor in Schleswig-Holstein gelingt der CDU ein klarer Sieg. Traditionell gilt die Wahl in Nordrhein-Westfalen als „kleine Bundestagswahl“, die die Stimmung im ganzen Land widerspiegeln soll. Nun ist klar: Die Stimmung dreht sich gegen Kanzler Olaf Scholz und seine SPD, die in ihrer „Herzkammer“ so schlecht abschneidet wie nie zuvor. Und dennoch weiter Hoffnung hat. Generalsekretär Kevin Kühnert beteuert: „Natürlich darf auch der Zweitplatzierte Verhandlungen über eine Regierung führen.“ Die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung sei schließlich klar abgewählt worden.

    Die Landtagswahl in NRW war ein Stellvertreter-Duell zwischen Merz und Scholz

    Wüst allerdings hat im Vergleich zu früheren Umfragen mächtig zugelegt – obwohl er noch keinen echten Amtsbonus aufbauen konnte. Erst im Oktober war er als Nachfolger des bei der Bundestagswahl gescheiterten Armin Laschet ins Amt gekommen. Auch Kutschaty, obwohl ehemaliger Landesjustizminister, ist für viele Bürger ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. So geriet der Urnengang zum Stellvertreter-Duell zwischen dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz und Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD. Beide brachten sich intensiv in den Wahlkampf ein, unterstützten „ihre“ jeweiligen Kandidaten nach Kräften. Kutschaty, eigentlich Vertreter des linken Parteiflügels und bislang nicht als Scholz-Freund aufgefallen, ließ das Kanzler-Konterfei sogar mit auf manche seiner Plakate drucken. Doch der Lackmustest für seine Ampel-Regierung gerät zur Blamage für Scholz. Schien an Rhein und Ruhr zwischenzeitlich sogar ein Machtwechsel greifbar, hat sich das Klima immer weiter gegen die Sozialdemokraten gedreht.

    War die Niederlage eine Woche zuvor in Schleswig-Holstein gegen den beliebten Landesvater Daniel Günther von der CDU noch eingepreist, schmerzt die neue SPD-Schlappe den Kanzler umso heftiger. Das Signal in Richtung Berlin scheint eindeutig: Kutschaty, so scheint es, hat aufs falsche Pferd gesetzt, wurde stellvertretend für Scholz mit abgestraft. Der Kanzler, der im Verlauf der Ukraine-Krise massiv an Beliebtheit eingebüßt hat, weil viele Bürger sein Handeln etwa bei Waffenlieferungen an die Ukraine oder Sanktionen gegen Russland als zu zögerlich empfinden, ist der eigentliche Wahlverlierer. Der Druck auf Scholz, Kurskorrekturen vorzunehmen, dürfte nun wachsen. Nach der missglückten NRW-Wahl könnte er etwa die deutsche Unterstützung für die Ukraine ausbauen. Auch eine Kabinettsumbildung scheint nicht ausgeschlossen. Die unglücklich agierende Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und der irrlichternde Gesundheitsminister Karl Lauterbach gelten als angezählt.

    Mona Neubaur und ihre Grünen haben nun alle Trümpfe in der Hand.
    Mona Neubaur und ihre Grünen haben nun alle Trümpfe in der Hand. Foto: Friso Gentsch, dpa

    Für den Sauerländer Friedrich Merz bringt die Abstimmung dagegen den erhofften Heimsieg. Im Gegensatz zum Kanzler war der Oppositionsführer bereits in Kiew, wurde vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj empfangen. In Sachen Impfpflicht führte er die Ampel-Regierung vor. Stärker noch als nach dem CDU-Triumph in Schleswig-Holstein, wo Daniel Günther mit einem gewaltigen persönlichen Amtsbonus angetreten war, darf er aus dem Wüst-Erfolg Zustimmung für seine Politik im Bund ableiten. Wüst steigt mit seinem Abschneiden in die Riege derjenigen CDU-Politiker auf, die die nächste Kanzlerkandidatur unter sich ausmachen werden. Sein Alter spricht für ihn, Merz wäre 2025 bereits 70 Jahre alt.

    Auch bei der CSU ist die Freude groß. Alexander Dobrindt, Landesgruppenchef im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Die SPD in Nordrhein-Westfalen hat im Wahlkampf massiv auf Olaf Scholz gesetzt und damit Schiffbruch erlitten. Es ist das eindrucksvolle SPD-Ergebnis des Zauderns und Zögerns.“ Dobrindt weiter: „Dem von der SPD-Führung angekündigten Sozialdemokratischen Jahrzehnt ist schon vor Beginn die Luft ausgegangen.“

    Schwarz-Grün erscheint am Wahlabend er NRW-Wahl am wahrscheinlichsten

    Lange Gesichter gibt es am Wahlabend bei der FDP, dem bisherigen Juniorpartner der CDU. Mit Spitzenkandidat Joachim Stamp, dem Vize-Regierungschef und Familienminister, bleiben die Liberalen weit hinter ihren Hoffnungen zurück, mussten lange um den Einzug in den Landtag zittern. Das kann auch FDP-Chef Christian Lindner nicht kalt lassen. Der Bundesfinanzminister stammt aus Nordrhein-Westfalen und hatte sich im Wahlkampf bis zuletzt mächtig reingehängt. Doch das schwarz-gelbe Bündnis in Düsseldorf ist definitiv Geschichte.

    So gut wie sicher ist am Wahlabend, dass die Grünen der künftigen Landesregierung angehören werden. Sie konnten ihr Ergebnis von vor fünf Jahren quasi verdreifachen. Spitzenkandidatin Mona Neubaur, die dem Realo-Flügel angehört, kommt nun die Rolle der Königsmacherin zu. Im Wahlkampf war sie mit der Forderung nach einer kompletten Verkehrs- und Energiewende angetreten und hatte zudem wohl von der zuletzt soliden Zustimmung zu Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock profitiert.

    Beide hatten Scholz bei der Unterstützung der Ukraine den Rang abgelaufen. Der grüne NRW-Landesverband neigt traditionell der SPD zu, doch angesichts des Ergebnisses wäre es für die pragmatische Vorsitzende nicht leicht, einen Wählerwillen gegen einen anderen Ministerpräsidenten als Hendrik Wüst herzuleiten. Der CDU-Mann hatte sich immer wieder für Klimaschutz und einen nachhaltigen Umbau der Industrie ausgesprochen – für ein schwarz-grünes Projekt dürften sich also Gründe finden.

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