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Taiwan-Konflikt: Was ihn so gefährlich macht

Analyse

Sechs Fakten zum Taiwan-Konflikt und warum er für die Welt so gefährlich ist

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    Auf diesem vom taiwanesischen Präsidialamt veröffentlichten Foto winken Nancy Pelosi (links),  Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, und Tsai Ing-wen, Präsidentin von Taiwan, während eines gemeinsamen Treffens.
    Auf diesem vom taiwanesischen Präsidialamt veröffentlichten Foto winken Nancy Pelosi (links), Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, und Tsai Ing-wen, Präsidentin von Taiwan, während eines gemeinsamen Treffens. Foto: Ttaiwan Presidential Office, dpa

    Das Säbelrasseln in Asien sorgt gerade für angespannte Stimmung auf der ganzen Welt. Die amerikanische Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi war noch gar nicht in den Flieger gestiegen, da kamen schon die ersten Drohungen aus Peking. Kaum hatte sie den Fuß auf die Insel gesetzt, flogen die Kampfjets. Begleitend zur Reise der US-Demokratin begann China ein Militärmanöver mit Schießübungen in sechs Meeresgebieten, die Taiwan umringen. Selbst der Dax wurde von den Spannungen ausgebremst. Ist

    1. Warum ist Taiwan so ein heikles Pflaster? China sieht Taiwan nicht als eigenständigen Staat, sondern als Teil des eigenen Gebiets. Taiwan ist demokratisch regiert und westlich orientiert, die Mehrheit der Menschen lehnt das staatliche chinesische System ab. Xi Jinping hingegen erachtet eine „Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“, die sogenannte „ein-China-Politik“ ist Staatsdoktrin: demnach gehören Taiwan, Hongkong und Macau zu China und sind ein Element des chinesischen Großmachtstrebens. Das geht so weit, dass jedes Land, das diplomatische Beziehungen zu Peking unterhält, nicht gleichzeitig Taiwan als souveränen Staat anerkennen darf. Nur 18 Länder weltweit haben Taiwan anerkannt, EU-Mitglieder oder G7-Staaten gehören nicht dazu, dafür Länder wie Belize, El Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras, Nicaragua oder Palau. Doch es gibt nicht nur machtpolitische Gründe für das Ringen um Taiwan, sondern auch wirtschaftliche. Das Land ist als Hersteller von Halbleitern weltweit führend.

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    2. Warum besucht Nancy Pelosi Taiwan? Schon in den vergangenen Wochen waren immer wieder Befürchtungen laut geworden, dass sich Chinas Präsident Xi Jinping von seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ermutigt sehen könnte, das Land unter seine Kontrolle zu bringen – also ähnlich, wie es Russland gerade mit der Ukraine versucht. Die USA wollen durch ihre Solidarität klarmachen, dass ein solcher Schritt nicht ohne Folgen wäre. In Washington glauben nicht wenige, dass Europa viel zu lange zu nachgiebig mit Putin war, diesen Fehler will man nicht wiederholen, sondern gezielt auf Abschreckung setzen, Peking klarmachen, dass der Preis, den China zahlen müsste, sehr hoch wäre. „Heute steht die Welt vor der Wahl zwischen Demokratie und Autokratie“, sagte Pelosi bei ihrer Visite in Taiwan. Das Land sei „eine der freiesten Gesellschaften der Welt“. Auch Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen bekräftigte: „Taiwan wird nicht klein beigeben. Wir werden tun, was immer notwendig ist, um unsere Selbstverteidigungsfähigkeiten zu stärken.“ Trotzdem wird die Reise auch von

    3. Wie reagiert China? Peking zeigt seine Muskeln. Seit Nancy Pelosi ihre Reise ankündigte, wurden die Drohungen immer konkreter. Nun zeigt Xi Jinping, dass es ihm ernst ist und schickt Kampfjets in den Himmel und Schiffe in See. Pekings Außenministerium bestellte US-Botschafter Nicholas Burns ein. China hat in den vergangenen Jahren militärisch stark aufgerüstet, ist dem kleinen Taiwan haushoch überlegen. Die Übungen gelten als das größte militärische Muskelspiel seit der Raketenkrise 1995, als China zur Einschüchterung Raketen über Taiwan geschossen hatte und die USA zwei Flugzeugträgergruppen entsandten. Die Meeresgebiete für die Übungen gehen noch weit über die damaligen Sperrzonen hinaus, reichen nahe an Taiwan und scheinen teilweise in seine Hoheitsgebiete einzudringen. Experten rechnen auch damit, dass Schifffahrtsrouten beeinträchtigt werden könnten.

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    4. Wie groß ist die Gefahr eines Krieges? Amerika geht zumindest ein hohes Risiko ein mit dem Besuch, auch wenn es sich bei Pelosi nur um eine Kongress-Abgeordnete handelt, ist sie immerhin eine der höchsten Vertreterinnen des Staates. Der Ex-Chefredakteur und Kolumnist der Staatszeitung Global Times, Hu Xijin, warnt auf Twitter vor einem „großen Krieg in der Taiwanstraße“. Sollte China tatsächlich so weit gehen, Taiwan anzugreifen, wäre das eine massive Verletzung des internationalen Rechtsverständnisses, der Westen müsste sich überlegen, ob er eingreift oder nicht. Und das zu einer Zeit, in der es ohnehin an allen Ecken und Enden kriselt. Der Westen muss auf einem schmalen Grat wandeln: Einerseits darf in China nicht der Eindruck entstehen, dass ein Überfall auf Taiwan ohne Folgen bleiben würde, andererseits sollte Europa und den USA nach Meinung vieler Experten vor allem daran gelegen sein, den jetzigen (für Taiwan unbefriedigenden) Status zu erhalten und so zumindest keine Menschenleben zu gefährden. Doch Fakt ist auch: Nicht Taiwan bedroht China, sondern China Taiwan – genauso wie nicht die Ukraine den Überfall Russlands provoziert hat. Der Economist nannte Taiwan Anfang 2021 den „gefährlichsten Ort der Welt“ – der Ort, wo ein Krieg zwischen zwei Großmächten derzeit am wahrscheinlichsten sei.

    5. Würden die USA Taiwan im Falle eines Angriffs wirklich verteidigen? Nachdem die USA in diesem Punkt zum Zwecke der Abschreckung „strategisch zweideutig“ geblieben waren, ist US-Präsident Joe Biden weitergegangen als seine Vorgänger. Er bezeichnete es wiederholt als „Verpflichtung“, Taiwan zu verteidigen. Ob mit Waffenlieferungen oder mit eigenen Truppen - das ließ er offen. Nach der diplomatischen Anerkennung Chinas hatten sich die USA schon 1979 mit dem „Taiwan Relations Act“ gesetzlich selbst dazu verpflichtet, Taiwans Verteidigungsfähigkeit weiter zu unterstützen.

    6. Wie ist die Haltung Deutschlands in der Debatte? Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat keinen Zweifel gelassen, auf wessen Seite sie steht – auf der von Taiwan. „Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt - und das gilt natürlich auch für China“, sagte sie in dieser Woche in ihrer Rede bei den Vereinten Nationen. Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hält hingegen den Zeitpunkt für falsch. „Durch den russischen Angriffskrieg gibt es zurzeit mehr als genug internationale Spannungen.“ Der Besuch habe rein symbolische Bedeutung, „durch die China wiederum sich unvermeidbar provoziert fühlt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. (mit dpa)

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