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Syrien: Was das diplomatische Comeback des Assad-Regimes in Syrien bedeutet

Syrien

Was das diplomatische Comeback des Assad-Regimes in Syrien bedeutet

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    Wieder ein diplomatischer Erfolg für den syrischen Diktator: Bashar al-Assad trifft den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Damaskus.
    Wieder ein diplomatischer Erfolg für den syrischen Diktator: Bashar al-Assad trifft den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Damaskus. Foto: Omar Sanadiki, AP/dpa

    Willkürliche Verhaftungen, Folter, Kriegsverbrechen, Giftgas gegen die eigene Bevölkerung – Taten für die der syrische Diktator Baschar-al-Assad verantwortlich gemacht wird. Dennoch kommt der 57-Jährige seinem Ziel näher, für immer mehr Staaten vom Paria wieder zum Gesprächs- und Handelspartner zu werden. 

    Der Iran ist neben Russland der wichtigste Verbündete der syrischen Regierung. Teheran ist auch an dem Vorhaben beteiligt, Damaskus aus der Isolation herauszuführen. Ebrahim Raisi reiste am Mittwoch als erster iranischer Präsident seit mehr als zwölf Jahren in das Kriegsland, traf sich mit Assad. Es bewegt sich was. 

    Nahost-Experte André Bank: "Der größte Erfolg war zuletzt die Annäherung an Saudi-Arabien"

    „Wirklich beeindruckend ist, dass einige der erbittertsten Gegner des Regimes nach Beginn des Aufstands 2011 und des folgenden Kriegs mit Syrien verhandeln. Das ist zum einen die Türkei, die unter russischer Vermittlung mit Damaskus spricht, zum anderen die ressourcenreichen Golfstaaten“, sagt André Bank vom Giga Institut für Nahost-Studien in Hamburg im Gespräch mit unserer Redaktion. Der größte Erfolg des Regimes sei allerdings zuletzt die Annäherung an das einflussreiche Saudi-Arabien gewesen.

    Bank sieht „die Gefahr, dass einer der schlimmste Menschenrechtsverbrecher des 21. Jahrhunderts rehabilitiert wird und dass man als brutale Diktatur mithilfe von Russland und dem Iran ungestraft Hunderttausende umbringen und Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen“ könne. 

    Trümmer, Gräber, Elend: Ein Syrer sitzt in Idlib neben einem Grab während der Beerdigung von Opfer des verheerenden Erdbebens.  Diktator Baschar al-Assad hat die Katastrophe in der Rebellen-Hochburg für seine Zwecke instrumentalisiert.
    Trümmer, Gräber, Elend: Ein Syrer sitzt in Idlib neben einem Grab während der Beerdigung von Opfer des verheerenden Erdbebens. Diktator Baschar al-Assad hat die Katastrophe in der Rebellen-Hochburg für seine Zwecke instrumentalisiert. Foto: Anas Alkharboutli, dpa

    Tatsächlich kann Assad auf einen weiteren Triumph hoffen. Es gilt als wahrscheinlich, dass Syrien am 19. Mai beim Gipfel-Treffen der Arabische Liga in Saudi-Arabien wieder in die Organisation aufgenommen wird. An eine Normalisierung glaubt der Nahost-Experte dennoch nicht. Zumindest, wenn der Begriff „Normalisierung im Sinne einer Rückkehr zu einem ,Normalzustand’ vor dem Krieg“ verwendet wird. Denn er sehe nicht, wie es zu einem großen Wiederaufbauprozess in Syrien kommen soll. Die Hoffnung des Regimes, ohne Konditionen viele Gelder dafür zu erhalten, werde sich kaum erfüllen.

    Benzin ist für die meisten in Syrien unerschwinglich

    Bank: „Die diplomatische Rote-Teppich-Politik ist mehr Schein als Sein, das widerspricht völlig der Lage vor Ort.“ Der Staat sei „intern zusammengebrochen und korrupt“, die Preissteigerungen extrem. „Benzin kostet derart viel, dass es für die meisten unerschwinglich ist. Kaum einer geht noch ins Büro, denn es ist zu teuer, zur Arbeit zu fahren.“ Großprojekte seien unter diesen Umständen vor Ort gar nicht machbar. 

    Während Assad versucht, sich Schritt für Schritt aus der Isolation zu befreien, scheint Europa zuerst die Hoffnung auf Frieden, dann die Energie für politische Initiativen verloren zu haben. Eine Tendenz, die sich nach dem offenen Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 noch weiter verstärkt hat. Nach zwölf Jahren Krieg geht es oft in erster Linie darum, wann und wie es möglich sein wird, syrische Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückzuschicken – gemeint sind damit Gebiete, die vom Assad-Regime kontrolliert werden. In Deutschland sind Forderungen nach der Einstufung Syriens als sicheres Herkunftsland, die Abschiebungen erlauben würde, Einzelstimmen. 

    Jetzt muss sich zeigen, ob die EU auf die diplomatische Offensive des syrischen Regimes im Konsens reagiert

    „Der Rehabilitationskurs Assads widerspricht komplett der europäischen und deutschen Syrien-Politik, die auf der Vorstellung basiert, dass es erst einen international verhandelten politischen Prozess geben muss, bevor es Zugeständnisse an die Regierung geben kann.“ Jetzt muss sich zeigen, ob die EU, die kaum Einfluss auf den Konflikt hat, zumindest in der Lage ist, im Konsens auf die diplomatischen Erfolge des Regimes zu reagieren. 

    Offensichtlich ist, dass Assad die Erdbebenkatastrophe am 6. Februar in der Türkei und im Nordwesten Syriens – dort liegt auch die letzte Rebellenhochburg Idlib – geschickt instrumentalisiert hat. „Syrien konnte sich als leidendes Land darstellen. Sogar Katar, lange der wichtigste Finanzier der Opposition, hat Hilfsmaßnahmen unterstützt. So wurde die Rehabilitation durch das Erdbeben noch befördert“, sagt Bank. Gleichzeitig habe es nur zwei Stunden nach dem Beben Luftangriffe auf Idlib gegeben. 

    Die Menschen in der umkämpften Region Idlib mussten lange auf Hilfe warten. Nach langem Hin und Her erhielten UN-Experten Zugang in die Region.
    Die Menschen in der umkämpften Region Idlib mussten lange auf Hilfe warten. Nach langem Hin und Her erhielten UN-Experten Zugang in die Region. Foto: Anas Alkharboutli, dpa

    Die humanitäre Situation in der Rebellen-Region, in der verschiedene Milizen – darunter auch radikal islamistische – gegen syrische und russische Truppen kämpfen, ist verheerend. Auch wenn das „Gewaltniveau seit März 2020, als der russisch-türkische Waffenstillstand in Kraft trat, gesunken“ sei, wie Bank erläutert. Das liege aber nicht am Assad-Regime, sondern daran, dass „vor allem Russland und die Türkei eine gegenseitige Eskalation verhindern wollten“. Auch der Iran sei derzeit nicht auf Expansionskurs in Syrien. André Bank: „Die militärischen Unterstützer Assads wollen aktuell die Lage kontrollieren und den Status quo halten.“ Ein Status quo, der Elend und Leid unverändert lässt.

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