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Analyse: Raketenhagel auf Israel - massive Eskalation in Nahost

Analyse

Raketenhagel auf Israel - massive Eskalation in Nahost

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    Rettungskräfte im israelischen Ashkelon inspizieren ein beschädigtes Gebäude, nachdem es von Raketen getroffen wurde, die aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden.
    Rettungskräfte im israelischen Ashkelon inspizieren ein beschädigtes Gebäude, nachdem es von Raketen getroffen wurde, die aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden. Foto: Ilia Yefimovich, dpa

    Mehr als 200 Raketen sind seit Montag auf Städte im Süden Israels abgefeuert worden. Der Beschuss hielt gestern unvermindert an. Im Rundfunk wurden im Sekundentakt gefährdete Zonen genannt und die Bevölkerung aufgefordert, den nächsten Bunker aufzusuchen, weil sich die Städte Aschkelon und Aschdod unter Dauerbeschuss befanden. Eine Rakete schlug unweit einer Klinik ein. Die Hamas meldete den gleichzeitigen Abschuss von 130 Raketen innerhalb von nur fünf Minuten, um die Raketenabwehr zu schwächen. „Und“, sagte ein Hamas-Sprecher, „wir haben noch sehr viele Raketen zur Verfügung.“ Erstmals waren am Montag auch Ziele um Jerusalem angegriffen worden. Militärs schließen nicht aus, dass demnächst Tel Aviv ebenfalls unter Beschuss gerät.

    Das Raketenabwehrsystem Iron Dome konnte zwar neun von zehn Geschosse abfangen. Dennoch waren im Süden Israels am Dienstag zwei Tote zu beklagen. Es gab mehrere dutzend Verletzte, Wohngebäude wurden getroffen. Ein großer Teil der Bevölkerung im Süden des Landes verbrachte die Nacht auf Dienstag im Luftschutzkeller. In älteren Häusern gibt es allerdings keinen Schutz vor Geschossen.

    Trümmer einer zerstörten Fabrik nach israelischen Luftangriffen auf den Gaza-Streifen. Israels Luftwaffe beschoss nach andauernden Raketenangriffen aus dem Gazastreifen in der Nacht zum Dienstag Ziele in dem Küstengebiet.
    Trümmer einer zerstörten Fabrik nach israelischen Luftangriffen auf den Gaza-Streifen. Israels Luftwaffe beschoss nach andauernden Raketenangriffen aus dem Gazastreifen in der Nacht zum Dienstag Ziele in dem Küstengebiet. Foto: Mohammed Talatene, dpa

    Die israelische Luftwaffe reagiert seit Montag mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen – dabei werden Kampfjets und Drohnen eingesetzt. Nach Armeeangaben wurden 15 Mitglieder der radikal-islamischen Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad getötet, die aus israelischer Sicht für die Eskalation der Gewalt verantwortlich sind. Palästinensische Medien meldeten bis Dienstag Mittag 26 Tote. Israels Luftwaffe nahm Anlagen zur Produktion von Raketen, Lager- und Trainingshallen, militärische Stellungen sowie zwei Tunnel ins Visier, um das Eindringen von Terroristen nach Israel zu verhindern.

    Eine Ende der Gewalt im Nahen Osten ist nicht abzusehen

    Ein Ende der Eskalation ist nicht abzusehen. Man befinde sich „in einer frühen Phase“ des Gegenangriffs, sagte ein Militärsprecher. Bisher hat die Hamas Vermittlungsversuche Kairos und Katars abgelehnt. Der amtierende Ministerpräsident Benjamin Netanyahu droht den militanten Palästinenserorganisationen mit einer harten Reaktion. Es sei eine rote Linie überschritten worden. „Israel wird mit großer Macht reagieren“, sagt er. „Wer uns angreift, wird einen hohen Preis bezahlen.“ Die israelischen Bürger müssten sich darauf einstellen, dass der gegenwärtige Konflikt länger dauern könnte. Wegen der Zuspitzung des Konflikts hat Israels Verteidigungsminister Benny Gantz die Mobilisierung von 5000 Reservisten angeordnet. Derzeit sei aber kein Einmarsch im Gazastreifen geplant, heißt es in Militärkreisen.

    Die Hamas verfolgt mit ihren Attacken sowohl gegenüber Israel als auch gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) von Mahmoud Abbas politische Ziele. Nachdem Abbas bereits angekündigte Wahlen wieder abgesagt hat, profiliert sich die Hamas als „wahre Vertreterin“ der Palästinenser. Begründet hat Abbas die Verschiebung der Wahlen mit der Weigerung Israels, auch Palästinenser im Ostteil Jerusalems wählen zu lassen.

    Im Osten Jerusalems schwelt ein Streit um

    Die Hamas nutzt den Konflikt um den Stadtteil Scheich Dscharrah im Ostteil Jerusalems, der von den Palästinensern beansprucht wird. Mehrere arabische Familien befürchten, in einem Immobilienstreit mit israelischen Eigentümern ihre Wohnhäuser zu verlieren und zur Räumung gezwungen zu werden. Der Streit hat die Spannungen in Jerusalem verschärft. Mehr als das: Um die Wogen zu glätten, hat der noch unerfahrene Polizeichef einen populären Versammlungsplatz vor dem wichtigsten Eingangstor zur Jerusalemer Altstadt abgesperrt. So sollten Demonstrationen verhindert werden.

    In dieser explosiven Lage profiliert sich die Hamas erstmals als Verteidigerin des Heiligtums in Jerusalem. Sie hofft, damit nicht nur bei den Palästinensern, sondern in der ganzen muslimischen Welt Unterstützung zu finden. Dabei nimmt sie bewusst in Kauf, dass sie die Bevölkerung in Gaza ins Verderben treibt. Mehr als das: Die schiere Anzahl der Raketen, die die Hamas auf Israel abfeuert, zeigt zudem, dass sie ihre Finanzkraft lieber für Waffen verwendet, statt sie zum Wohl der Bevölkerung einzusetzen, sagen israelische Beobachter.

    Der Konflikt hat auch innenpolitische Konsequenzen

    Die seit Jahren schlimmste Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern hat in Jerusalem innenpolitische Konsequenzen. Der Versuch, den amtierenden Premier Benjamin Netanjahu durch eine neue Regierung abzulösen, ist ins Stocken geraten. Der Königsmacher der neuen Koalition ist Mansour Abbas, ein Islamist. Bis letzte Woche hatte es so ausgesehen, als würde er mit dem säkularen Mitte-Politiker Yair Lapid und dem Nationalisten Naftali Bennett in eine Koalition einwilligen. Angesichts der Gewalt hat er die Verhandlungen jedoch eingefroren. Laut Lapid hätte die neue Regierung „in ein paar Tagen“ vereidigt werden können.

    Lesen Sie auch den Kommentar: Nahostkonflikt: Der Hamas-Terror schadet auch den Palästinensern

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