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Analyse: "Mueller-Report": Ist das der Befreiungsschlag für Donald Trump?

Analyse

"Mueller-Report": Ist das der Befreiungsschlag für Donald Trump?

Simon Kaminski
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    US-Präsident Donald Trump sieht sich durch den „Mueller-Report“ als vollständig entlastet, beklagt aber gleichzeitig wortreich eine Hexenjagd gegen seine Person.
    US-Präsident Donald Trump sieht sich durch den „Mueller-Report“ als vollständig entlastet, beklagt aber gleichzeitig wortreich eine Hexenjagd gegen seine Person. Foto: Evan Vucci, dpa

    Befreiungsschlag oder Rohrkrepierer? Freispruch erster Klasse oder Schatten über der Präsidentschaft von Donald Trump? All diese Fragen, so lautete die überspannte Hoffnung, würde der „Mueller-Report“ nach der 22 Monate andauernden Untersuchung des Ex-FBI-Chefs Robert Mueller und seiner Mitstreiter beantworten.

    Doch genau dies geschah nicht. Das liegt auch daran, dass der Bericht gar nicht öffentlich gemacht wurde. Was bekannt ist, steht in einer dürren Zusammenfassung des US-Justizministers William Barr. Quintessenz: Der Mueller-Bericht stellt klar, dass Russland sehr wohl versucht hat, die US-Wahl zu beeinflussen.

    Für eine Verschwörung Moskaus mit dem Wahlkampfteam des heutigen Präsidenten gebe es allerdings keine Beweise. Erwartbar, dass Trump die Zeilen seines Ministers als komplette Entlastung wertet.

    Die Demokraten fordern die Veröffentlichung des Reports

    Nun wird erwartet, dass die Demokraten alles daransetzen werden, dass Barr den Originaltext herausrückt. So droht jetzt ein ermüdendes politisches und wohl auch juristisches Tauziehen um den Bericht, der Wochen oder Monate andauern könnte. Dabei dürfte die zweite Kernfrage verstärkt in den Mittelpunkt rücken: Und zwar die Frage, ob Trump die Justiz bei ihren Ermittlungen behindert hat oder nicht. Glaubt man Minister Barr, finden sich im Schriftsatz Muellers Indizien für, aber auch gegen diesen schwerwiegenden Verdacht.

    Robert Mueller - ein erfahrener und hoch angesehner Ermittler

    Wird dieser Mann Donald Trump gefährlich? Das Justizministerium hat den früheren FBI-Chef Robert Mueller (72) zum Sonderermittler in der Russland-Affäre gemacht. Eine Entscheidung, die in Washington parteiübergreifend begrüßt wurde.

    Mueller gilt als integer und unabhängig. Als einer, der als FBI-Chef oft Überstunden machte und dasselbe von seinen Mitarbeitern verlangte. Die Washington Post meinte unmittelbar nach seiner Berufung: "Das Weiße Haus hat allen Grund zur Panik." Mueller lasse sich von niemandem einschüchtern.

    Er studierte in den 1960er Jahren internationale Beziehungen und Jura, diente im Vietnamkrieg, arbeitete später als Assistent des Justizministers Dick Thornburgh und als Bundesstaatsanwalt von Kalifornien.

    Der Republikaner George W. Bush ernannte ihn 2001 zum Leiter der Bundespolizei. Als Terroristen von Al-Kaida am 11. September Flugzeuge ins World Trade Center und ins Pentagon steuerten, war Mueller gerade einmal eine Woche im Amt. Nach den Anschlägen baute das FBI die Anti-Terror-Arbeit massiv aus. 2009 saß Mueller mit im Situation Room, als Navy Seals Osama bin Laden töteten.

    Wenige Monate vor dem Ende seiner Amtszeit explodierten am 19. April 2013 Bomben beim Boston-Marathon. Einen der Attentäter, Tamerlan Zarnajew, hatten FBI-Agenten zwei Jahre zuvor befragt, den Fall aber abgeschlossen. Mueller sagte der Washington Post später, das sei einer von zwei Momenten in seiner Karriere gewesen, auf die er am wenigsten stolz sei.

    Zuletzt überwachte der 72-Jährige als Schlichter im VW-Abgasskandal Vergleichszahlungen zwischen dem deutschen Autobauer und amerikanischen Klägern.

    Für die Befürworter eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den Präsidenten in den Reihen der oppositionellen Demokraten ist der Bericht eine Ernüchterung. Denn dieser ohnehin steinige und risikoreiche Weg dürfte – falls Barrs Zusammenfassung etwas taugt – endgültig verbaut sein.

    Das allerdings könnte für die Demokraten nicht nur schmerzhaft, sondern letztlich im Gegenteil befreiend wirken. Denn der Report bietet Gelegenheit, rechtzeitig von der Idee Abschied zu nehmen, den Wahlkampf obsessiv auf den Mueller-Bericht zu gründen. Sonst könnte der Eindruck entstehen, dass die Demokraten sich in „Russiagate“ verbissen haben, ohne tatsächlich handfeste Beweise für ein strafbares Handeln des Präsidenten und seines

    Pelosi will von einem Verfahren zur Absetzung Trumps nichts wissen

    Genau vor diesem Szenario warnt die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, schon seit geraumer Zeit immer wieder. Seit dem Wochenende hat die einflussreiche Demokratin für ihre Linie noch bessere Argumente. Von einem Verfahren zur Absetzung Trumps will Pelosi nichts wissen. Sie setzt vielmehr darauf, mit kühlem Kopf die Beleidigungen, Lügen und Regelverletzungen des Präsidenten klar zu benennen und die fatalen Folgen seines politischen Dilettantismus für die USA im Inneren und ihre Reputation im Ausland aufzuzeigen.

    Dafür bieten die Mueller-Ermittlungen durchaus Stoff. Denn in ihrem Gefolge kam unter anderem ans Tageslicht, dass der US-Präsident versucht hat, zwei Frauen, mit denen er offensichtlich eine Affäre hatte, mit Geld zum Schweigen zu bringen. Ebenfalls nebenbei zeigte sich, dass Trump Personen in seinem Umfeld beschäftigte, die mit erheblicher krimineller Energie operierten. Zudem unterhielt das Trump-Team Kontakte zu Moskau, die zwar vielleicht nicht justiziabel sein mögen, politisch aber zumindest anrüchig sind.

    Eingefleischten Anhängern Trumps dürften solche Details jedoch völlig gleichgültig sind. Tatsächlich kann der Amtsinhaber nach wie vor auf ein beachtliches Reservoir treuer und überzeugter Wähler bauen.

    Die Opposition sollte auf konkrete Politik ohne Getöse setzen

    Was heißt das für die Demokraten? Die Partei muss schwankende Wähler mobilisieren – also als klare Alternative sichtbar werden. Anstatt über einen Linksruck nachzudenken, sollten die Demokraten ihre Mehrheit im Kongress dazu nutzen, um konkrete Politik ohne Getöse zu machen. Das wäre der größte denkbare Kontrast zum System Donald Trump.

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