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Analyse: Landtagswahl in Bremen: Bovi macht den Weser-Wowi

Analyse

Landtagswahl in Bremen: Bovi macht den Weser-Wowi

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    Andreas Bovenschulte, Spitzenkandidat der SPD in Bremen, und seine Partnerin Kerstin Krüger stehen nach Bekanntgabe der ersten Prognose für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft auf der Bühne der SPD-Wahlparty.
    Andreas Bovenschulte, Spitzenkandidat der SPD in Bremen, und seine Partnerin Kerstin Krüger stehen nach Bekanntgabe der ersten Prognose für die Wahl zur Bremischen Bürgerschaft auf der Bühne der SPD-Wahlparty. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Die SPD regiert Bremen länger als die CSU Bayern und das bleibt auch so. Bürgermeister Andreas Bovenschulte ist der klare Sieger der Landtagswahl im kleinsten Bundesland Deutschlands. Bovi, wie er genannt wurde, holte den ersten Zahlen zufolge rund 30 Prozent für seine SPD. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. „Was für ein Tag. Was für ein Ergebnis. Es hat sich gelohnt. Die Nummer 1 in Bremen das sind wir“, rief er am Sonntagabend den jubelnden Genossen zu. „Auch in den nächsten vier Jahren werden wir dieses Land regieren.“ 

    Der 57-Jährige ist in der komfortablen Situation, sich seine Koalitionspartner aussuchen zu können. Entweder er entscheidet sich für eine Neuauflage von Rot-Rot-Grün oder er wechselt auf eine Große Koalition mit der CDU, die sich viele Bremer wünschen. Laut der frühen Prognose war sogar eine Ampel-Koalition denkbar. Nach einigen unerfreulichen Landtagswahlen kann sich SPD-Kanzler Olaf Scholz durch den Erfolg in Bremen bestätigt sehen.

    "We will rock you" und Werder Bremen

    Bovenschultes lockere, kumpelige Art erinnert an den früheren Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, der immer nur Wowi war und der SPD starke Wahlergebnisse brachte. Wowereit stand für das Berlin jener Jahre. Stets gut gekämmt feierte er auf den wilden Partys der Weltstadt, für die er das Begriffspaar „arm aber sexy“ erfand. 

    Bovenschulte wollte früher mit einer Rockband berühmt werden, im Wahlkampf holte er die Gitarre raus und sang „We will rock you“. Natürlich hängt sein Herz an Werder Bremen – was sonst. Zwei von drei Bremern gefällt das, in einer Direktwahl hätte Bovi ein Ergebnis jenseits der 60 Prozent geholt. Der beinahe Zwei-Meter-Mann ragte aus dem Feld der Kandidaten hervor.

    Wahl in Bremen: Viel zu tun für die nächste Regierung

    „Arm aber sexy“ könnte auch für die alte Hansestadt stehen. Bremen ist bis über beide Ohren verschuldet, liegt bei der Bildung unter den Ländern stets weit hinten und hat eine Arbeitslosigkeit, die mit über zehn Prozent doppelt so hoch ist wie im Bundesdurchschnitt. Aber es gibt auch Licht im Dunkel. Vergangenes Jahr legte die Wirtschaft um 5 Prozent zu und damit so stark wie in keinem anderen Bundesland. Die Autoindustrie, die Stahlherstellung und der Hafen sind die Stärken der Norddeutschen. 

    Damit die Stahlhütte grün wird und kein Kohlendioxid mehr in die Luft bläst, will der Bürgermeister die Umstellung auf klimafreundlich mit viel Staatsgeld auf Kredit bezuschussen. Dafür und für andere Aufgaben steht ein mit 2,5 Milliarden Euro gefüllter Sondertopf bereit. Für die CDU ist das ein Verschuldungspaket, das die Stadt noch weiter in die roten Zahlen treibt. 

    Vor der Arbeit geht der CSU-Kandidat Frank Imhoff in den Stall zu seinen Kühen

    Doch die finanzielle Lage ihrer Stadt ist laut einer Umfrage vom April kein Thema gewesen, das die Bürger umtreibt. CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff hat dennoch ein Viertel der Wähler von sich und seiner Partei überzeugt. Der 54-Jährige kann wie Bovenschulte mit Leuten, wird im Gespräch schnell warm mit seinem Gegenüber. Imhoff ist Landwirt und hat über 100 Milchkühe. Auch wenn seine Kinder den Betrieb führen, geht er jeden Morgen vor der Arbeit in den Stall und schaut nach den Tieren. Die Bildungsmisere der Stadt und mehr Sicherheit am Hauptbahnhof durch mehr Polizei waren im Wahlkampf seine Kernthemen. 

    Während der Kampagne stand Wiebke Winter an seiner Seite. Die 27-Jährige ist das Gesicht der CDU für Klimaschutz. Am Ende verfehlte das Tandem die Verteidigung von Platz 1 mit rund 25 Prozent deutlich, den die Christdemokraten bei der Wahl 2019 erobert hatten, jedoch trotzdem in der Opposition gelandet waren. Das soll sich nicht wiederholen. Imhoff machte Bovenschulte direkt das Angebot, künftig gemeinsam zu reagieren. „Rot-Rot-Grün hat ausgedient“, sagte er in seiner Ansprache vor den versammelten CDU-Mitgliedern. Das Ergebnis zeige, dass sich die Bürger eine Große Koalition wünschten. 

    Klarer Wahlverlierer in Bremen sind die Grünen. Verkehrssenatorin und Spitzenkandidatin Maike Schaefer hat dem Auto den Kampf angesagt und damit viele Bremer verärgert. Sie schaffte das kostenlose Kurzzeitparken für schnelle Einkäufe ab, die sogenannte Brötchentaste. Die Brötchentaste ist ein Symbol, wie es in Berlin der Autobann auf der berühmten Friedrichstraße gewesen ist, der die Berliner Grünen vor drei Monaten bei der Landtagswahl Stimmen kostete. 

    Wahl in Bremen: Die Grünen enttäuscht, die Linke zufrieden

    Von der großen Bundespolitik konnte Schaefer keinen Rückenwind erwarten, im Gegenteil. Das umstrittene Verbot von Öl- und Gasheizungen hat die Grünen in den Umfragen nach unten gedrückt. Auch in Bremen ging es steil bergab. Die rund zwölf Prozent, die es nach den ersten Prognosen waren, bedeuten ein Minus von fünf Punkten. Schaefers Stuhl wackelt.

    Balsam für die geschundene Seele ist die Bremen-Wahl für die Linke. Mit einem Ergebnis von um die elf Prozent konnte sie den Prognosen zufolge ihr Ergebnis halten. „Die Linke macht den Unterschied in Bremen. Die Linke kann Wahlen“, sagte der Fraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, unserer Reaktion. „Das sollte uns Auftrieb geben für die kommenden Wochen.“ 

    Zittern musste wie bei den zurückliegenden Wahlen die FDP. Die Liberalen lagen am Abend knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. 

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