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Analyse: Kann Donald Trump zum Friedenspräsident werden?

Analyse

Kann Donald Trump zum Friedenspräsident werden?

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    Handschlag zwischen dem damaligen US-Präsidenten Donald und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin im Jahr 2019. Trump versichert, dass er den Ukraine-Krieg noch vor seiner zweiten Vereidigung am 20. Januar 2025 stoppen werde.
    Handschlag zwischen dem damaligen US-Präsidenten Donald und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin im Jahr 2019. Trump versichert, dass er den Ukraine-Krieg noch vor seiner zweiten Vereidigung am 20. Januar 2025 stoppen werde. Foto: Susan Walsh, AP, dpa (Archivbild)

    Donald Trump hat sich minutiös vorbereitet auf seine zweite Amtszeit. In Europa geht die Angst um – vor einer neuen US-Regierung, die die traditionellen transatlantischen Partner bestenfalls als Rivalen betrachtet. Aber könnte diese Sicht nicht auch zu negativ sein? Könnte gerade die impulsive Unberechenbarkeit des 78-Jährigen dazu führen, dass in die festgefahrenen Kriege und Konflikte wie in der Ukraine, in Nahost oder rund um Taiwan Bewegung kommt? Dass sich Europa endlich auf eigene Stärken besinnt?

    Europäische Sicherheitspolitik: Nicht wenige Politiker und Experten hoffen, dass die Aussicht auf Trump für die Europäische Union ein heilsamer Schock sein könnte. Eine Chance, endlich die Jahrzehnte andauernde Lethargie abzuschütteln und den Kontinent handels- und vor allem sicherheitspolitisch von Washington zu emanzipieren. Macht Trump seine Ankündigungen wahr, würde den EU-Staaten gar nichts anderes übrigbleiben, um sich nicht zuletzt gegen die russische Bedrohung zu behaupten. Schließlich spricht alles dafür, dass die USA ihre Rolle als militärische, insbesondere auch atomare Schutzmacht in Zukunft, wenn überhaupt, dann nur noch eingeschränkt übernehmen werden. Bevor der Trump-Schock aber tatsächlich heilsame Wirkung entfalten kann, müsste extrem viel Geld in die eigene Handlungsfähigkeit investiert und – ähnlich ambitioniert – ein Konsens über eine gemeinsame Linie erzielt werden.

    Der Ukraine-Krieg: Donald Trump rühmt sich als Politiker, der jederzeit in der Lage ist, Kriege zu verhindern, beziehungsweise schnell zu beenden. Im TV-Duell mit der Vizepräsidentin Kamala Harris versicherte er vollmundig, den Ukraine-Krieg beizulegen, noch bevor er als Präsident vereidigt werde. Er werde kurzerhand mit allen Seiten sprechen und einen „Deal“ aushandeln. Frieden in der Ukraine bis zum 20. Januar, dem Tag seiner erneuten Amtseinführung? Nicht nur Freunde Trumps im Geiste, wie Ungarns Präsident Victor Orbán, preisen die Ankündigungen des Präsidenten in spe. Auch Finnlands Präsident Alexander Stubb beispielsweise glaubt, dass die Zeit zwischen der Wahl Trumps und seiner Amtsübernahme eine „günstige Gelegenheit“ für Verhandlungen über ein Ende des Krieges sein werde. Könnte gerade die umstrittene Nähe Trumps zum russischen Präsidenten Wladimir Putin einen Durchbruch bringen? Durchgesickert aus dem Trump-Unterstützerteam sind bereits Überlegungen zu einem Friedensplan: das Einfrieren des Krieges, sprich der Verzicht Kiews auf rund 20 Prozent seines Territoriums, bei gleichzeitiger Beitrittssperre der Ukraine für die Nato in den kommenden 20 Jahren. Im Gegenzug militärische Sicherheitsgarantien für Kiew zum Schutz gegen ein weiteres Vorrücken russischer Truppen – denkbar durch die Stationierung europäischer Soldaten in einer Pufferzone und eine weitere militärische Stärkung der ukrainischen Streitkräfte. Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dürfte die Annahme dieser Punkte, die letztlich den verbrecherischen Angriff Russlands belohnen würde, einem politischen Selbstmord gleichkommen. Doch verweigert sich Selenskyj, müsste er wohl ohne weitere US-Waffen in seinem zunehmend verzweifelten Abwehrkampf gegen den Aggressor aus Moskau auskommen. Was aber, wenn es Putin ist, der seine starke Position nutzt, um sich seinerseits zu verweigern, sprich Trumps vollmundige Ankündigungen jäh platzen lässt? Rückt Trump dann doch an die Seite Selenskyjs? Schwer vorstellbar.

    Hoffnung für Nahost? „Ich werde das schnell regeln“, erklärte Donald Trump im September mit Blick auf den Krieg Israels gegen die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon. Medien in Israel hatten bereits Monate vor den US-Wahlen verbreitet, dass Trump seinen politischen Freund Benjamin Netanjahu schon mal darauf vorbereitet habe, dass die Waffen spätestens zu seiner Amtseinführung schweigen sollten. Netanyahu gratulierte schnell und herzlich zu Trumps Wahlsieg – vielleicht etwas voreilig. Beobachter vermuten, dass er sich angesichts der immer heftiger werdenden weltweiten Kritik am israelischen Vorgehen insbesondere in Gaza vom designierten US-Präsidenten mehr politische und militärische Unterstützung für seinen Krieg an mehreren Fronten verspricht. Doch geht diese Rechnung auch auf, wenn Trump sein Versprechen, die Nahost-Kriege zu beenden, nicht einhalten kann, weil Netanjahu die israelischen Militäraktionen nicht einstellt? In diesem Fall könnte ein zürnender US-Präsident Netanjahu unter Druck setzen, die Militäraktionen zu beenden. Unter welchen Umständen dies für die Palästinenser in Gaza geschieht, dürfte für Trump unerheblich sein. Ihm wird es darum gehen, als derjenige dazustehen, der den „Deal“ für eine Waffenruhe eingefädelt hat. Als sehr wahrscheinlich kann hingegen gelten, dass sich der angeschlagene Iran auf eine härtere Linie der neuen US-Regierung einstellen muss.

    Vor dem Showdown mit China? Die Frage, ob sich der Konflikt zwischen den USA und China unter Trump verschärfen wird, dürfte im Zentrum der kommenden vier Jahre stehen. Die Ankündigungen des designierten Präsidenten sind klar: Hohe US-Zölle für chinesische Produkte, verbunden mit Druck auf die EU-Staaten – insbesondere auf Deutschland –, den Handel mit Peking zurückzuschrauben. Mit einem US-Außenminister Marco Rubio und Sicherheitsberater Mike Waltz rücken Politiker in die erste Reihe, die für eine harte Eindämmungspolitik gegen China stehen. In Taiwan wächst unterdessen die Nervosität. Dort gilt nicht als ausgeschlossen, dass Trump die militärische Unterstützung für den von Peking bedrohten Inselstaat zurückfährt. Schließlich hat der gelernte Unternehmer in seiner ersten Amtszeit bilateralen „Deals“ stets militärischen Optionen den Vorrang gegeben, ohne auf traditionell befreundete Staaten Rücksicht zu nehmen. Vielleicht aber kommt alles ganz anders und der Freund vieler Autokraten und Diktatoren dieser Welt entdeckt seine einst große Sympathie für den chinesischen Machthaber Xi Jinping neu. Auszuschließen ist dies, wie so vieles andere nicht, wenn der Präsident der USA Donald Trump heißt.

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