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Analyse: Das monströse Urteil gegen Putin-Kritiker Kara-Mursa

Analyse

Das monströse Urteil gegen Putin-Kritiker Kara-Mursa

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    Dieses vom Moskauer Stadtgericht veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Kara-Mursa, Oppositionsaktivist aus Russland, während der Urteilsverkündung in einem Glaskäfig in einem Gerichtssaal. Der prominente Kremlgegner ist wegen Hochverrats zu 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt worden – ein monströser Richterspruch.
    Dieses vom Moskauer Stadtgericht veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Kara-Mursa, Oppositionsaktivist aus Russland, während der Urteilsverkündung in einem Glaskäfig in einem Gerichtssaal. Der prominente Kremlgegner ist wegen Hochverrats zu 25 Jahren Haft im Straflager verurteilt worden – ein monströser Richterspruch. Foto: The Moscow City Court, AP, dpa

    Desillusionierte Beobachter sind nach dem monströsen Urteil gegen den russischen Regime-Kritiker Wladimir Kara-Mursa entsetzt: 25 Jahre Lagerhaft für einen Mann, der sich gegen den russischen Angriffskrieg wendet, der sich nicht damit abfinden will, dass aus seinem Heimatland eine lupenreine Diktatur wird. Damit hofft der Kreml, den nach Alexej Nawalny profiliertesten Gegner des Präsidenten Wladimir Putin endgültig auszuschalten.

    Kara-Mursa war im April 2022 nach Kritik am Ukraine-Einmarsch verhaftet worden. Den Ausschlag dürfte ein Interview gegeben haben, das kurz zuvor vom US-Sender CNN ausgestrahlt wurde. Sein Land werde von „einem Regime von Mördern“ regiert, hatte er dort erklärt. Das Gericht hat neben dem Tatbestand des Hochverrats weitere Vergehen aufgelistet. Da geht es um Verunglimpfung des russischen Militärs oder die illegale Arbeit für eine „unerwünschte“ Organisation. Vorwürfe, die oft auftauchen, wenn unliebsame Personen aus dem Verkehr gezogen werden sollen.

    Regime-Kritiker Wladimir Kara-Mursa wurde Opfer zweier Giftanschläge

    Der Richter, der Kara-Mursa nun nach einem Jahr Untersuchungshaft für ein Vierteljahrhundert ins Straflager schickt, steht übrigens auf einer westlichen Sanktionsliste. Grundlage dafür sind Enthüllungen Kara-Mursas, die dazu führten, dass eine ganze Reihe von russischen Staatsbeamten sanktioniert werden. Freunde und Verwandte fürchten, dass das Urteil einer Todesstrafe auf Raten für den 41-Jährigen gleichkommt. Kara-Mursa leidet unter den Folgen von zwei Giftattentaten – nach Recherchen von Journalisten waren daran 2015 und 2017 Geheimdienstmitarbeiter beteiligt, die auch an dem Giftanschlag auf Nawalny beteiligt waren.

    Das Schicksal des derzeit profiliertesten Kreml-Gegners dürfte auch die Mitstreiter von Kara-Mursa alarmieren. Denn Nawalnys Anwalts zeichnete zuletzt ein düsteres Bild eines dramatisch verschlechterten Gesundheitszustandes seines Klienten. Er leide unter einer schweren Magenerkrankung, die „niemand behandeln“ würde, wie der Jurist auf Twitter schrieb. Die letzten Videoaufnahmen, die von dem 46-Jährigen kursieren, zeigen einen sichtbar abgemagerten Mann.

    Der Westen reagierte mit scharfen Vorwürfen an Moskau auf das Urteil. Auch neue Sanktionen stehen im Raum. Wenn es je Hoffnungen gegeben hatte, dass Strafmaßnahmen einen Kurswechsel Russlands im Ukraine-Krieg bewirken können, so sind sie enttäuscht worden. Putin ist dagegen immun. Längst geht es eher darum, das Potenzial

    Russland weist gegenwärtig stalinistische Tendenzen auf

    Dies alles wird die Situation für den politischen Gefangenen Wladimir Kara-Mursa kaum verbessern. Der mutige Mann, dessen Frau und drei Kinder in den USA leben, ist ganz bewusst nach dem Angriff der russischen Truppen in seine Heimat zurückgekehrt. Er sei ein russischer Politiker und ein russischer Politiker müsse in Russland sein, wenn er nicht das Gefühl für die Lage dort und seine Glaubwürdigkeit verlieren wolle, erklärte er vor gut einem Jahr.

    So fügt sich alles zu einem niederschmetternden Gesamtbild zusammen: Das Russland von heute geht juristisch schärfer gegen Kritiker vor als die Sowjetunion in der Ära Breschnew, führt erneut einen verbrecherischen Krieg, unterdrückt und tötet. Im Gesicht, das Russland heute zeigt, finden sich immer mehr Züge, die an die Fratze des Stalinismus erinnern.

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