CDU und CSU erhalten für ihre Kritik an den Ampel-Plänen zur Bahnfinanzierung Rückendeckung durch den Bundesrechnungshof (BRH). In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages, der unserer Redaktion vorliegt, warnen die Experten vor haushaltsrechtlichen Risiken und höheren Trassenpreisen, die wiederum zu teureren Tickets führen würden. Hintergrund sind Pläne der Regierung, der Bahn frisches Geld über eine Eigenkapitalerhöhung sowie über ein Darlehen des Bundesfinanzministeriums zuzuführen, um so die Schuldenbremse zu umgehen.
Geplant ist eine Erhöhung des Eigenkapitals um 10,4 Milliarden Euro. Da das Geld in den Grundstock des Konzerns einfließt, stehen ihm entsprechende Werte entgegen - eine Anrechnung auf die Schuldenbremse kann deshalb nach Einschätzung der Ampel entfallen. Zunächst war im Haushaltsentwurf von 5,9 Milliarden Euro die Rede. Die Summe erhöht sich um 4,5 Milliarden Euro, die Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) an anderen Stellen einsparen muss. BRH-Präsident Kay Scheller spricht sich als „Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung“ gegen dieses Vorgehen aus.
Rechnungshof empfiehlt, Gelder zu sperren
Zur Begründung verweist der Rechnungshof unter anderem darauf, dass die Finanzierung von Schienenprojekten mit Eigenkapital „zu erheblich höheren Trassenpreisen“ führe. Gleichzeitig plane die Ampel 380 Millionen Euro zur Reduzierung dieser Trassenpreise ein – sie erhöht und senkt also gleichzeitig. Der Bundesrechnungshof empfiehlt dem Haushaltsausschuss deshalb, „die Mittel für die Erhöhung des Eigenkapitals der DB AG bis zur Vorlage einer Vereinbarung über ihre Verwendung und angemessene Kontrolle qualifiziert zu sperren.“
Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) wirft der Ampel vor, „mit ihrer Verkehrspolitik und deren Finanzierung total auf dem Holzweg“ zu sein. „Wenn die Eigenkapitalerhöhung zu einer Erhöhung der Trassennutzungsentgelte und damit zu noch höheren Fahrpreisen führt, verprellt die Ampel wahrscheinlich viele Bahnnutzer. Damit wäre auch das Ziel hinfällig, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern“, sagte der Verkehrsexperte im Gespräch mit unserer Redaktion.
Parallel zur Eigenkapitalspritze ist im Haushaltsentwurf ein „Darlehen für Investitionen in die Schienenwege der Eisenbahnen des Bundes“ in Höhe von drei Milliarden Euro vorgesehen. Nach Einschätzung des Rechnungshofes kommt dieses Geld aber nicht wie geplant der Sanierung des maroden Schienennetzes zugute.
Richtig zufrieden klingt Finanzminister Christian Lindner nicht
Und es ist nicht die einzige offene Baustelle in der Haushaltswoche. Die Aufstellung des Etats für das kommende Jahr sei wahrlich kein Selbstläufer gewesen, räumt Finanzminister Christian Lindner selbst ein. „Wir haben ökonomische und rechtliche, aber auch unsere jeweiligen politischen Grenzen gesehen“, sagt der FDP-Chef. Der allgemeine Tenor: Man habe getan, was unter diesen Umständen möglich und notwendig sei. Zufriedenheit hört sich anders an.
Fast 490 Milliarden Euro will die Ampel-Regierung im nächsten Jahr ausgeben, mehr als ein Zehntel davon auf Kredit. Das ist laut Grundgesetz trotz Schuldenbremse möglich, unter anderem weil die Wirtschaft taumelt. 81 Milliarden Euro weist das Finanzministerium als Investitionen aus - ein Rekordniveau.
Die Ampel-Koalition versucht mit ihrem Haushalt gleichzeitig die Konjunktur anzukurbeln, Sozialleistungen zu erhalten, Steuerzahler zu entlasten und der angespannten internationalen Sicherheitslage gerecht zu werden. Besonders am Budget für Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gibt es aber Kritik. Er soll zwar 1,3 Milliarden Euro mehr bekommen als zuletzt, doch das ist deutlich weniger als gefordert.
Für Familien steckt im Etat eine Kindergelderhöhung um fünf Euro ab Januar. Auch werden steuerliche Freibeträge angehoben. Lindner spricht von umfassenden Entlastungen und Leistungsverbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger. Der Staat verzichte auf Einnahmen, um die Kaufkraft zu stärken und private Investitionen zu erleichtern. Für Firmen sind etwa verbesserte Abschreibungsmodalitäten und Entlastungen bei den Strompreisen geplant.
Im Haushaltsentwurf fehlen noch immer Milliarden
Letztlich legen die Ampel-Spitzen aber einen unfertigen Haushalt vor. Die Kalkulation geht nur auf, weil Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner einen enormen Mut zur Lücke zeigen. Bis zum Schluss konnten sich die drei nicht darauf einigen, wie Finanzierungslücken gestopft werden sollten - deshalb sind nun pauschale Einsparungen und Mehreinnahmen eingeplant, von denen noch niemand weiß, wie sie gedeckt werden sollen. Und die Schuldenbremse wird eben auch deswegen eingehalten, weil die Bahn jene heftig umstrittene Eigenkapitalspritze erhält, die bei der Berechnung der Schulden nicht zählen soll.
Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg nennt die Ampel-Pläne verantwortungslos, maximal unrealistisch und unehrlich. Der Steuerzahlerbund meint sogar, die Parlamentarier müssten den Etatentwurf völlig neu schreiben.
FDP-Fraktionschef Christian Dürr will das so nicht stehenlassen. „Im Bundeshaushalt 2025 schaffen wir weitere Entlastung für die arbeitende Mitte. Wir halten die Schuldenbremse ein und sorgen dennoch für Rekordinvestitionen in Höhe von 81 Milliarden Euro, die etwa der Infrastruktur, Bildung und Verteidigung zugutekommen. Das zeigt: Die Schuldenbremse ist keine Investitionsbremse - sondern sie sorgt dafür, dass der Staat sich auf seine Kernaufgaben konzentriert“, sagte er unserer Redaktion. Jetzt muss die Ampel nur noch den Bundestag davon überzeugen.
So geht es nun weiter mit dem Haushalt
Nach der Haushaltswoche sind zunächst die Fraktionen dran. Sie prüfen, wo Änderungen sinnvoll und möglich sind. Und sie sind es auch, die die enorme Finanzierungslücke verkleinern müssen. Alle Änderungen werden dann in der für November geplanten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses festgezurrt - dem legendären Showdown, der meist bis in die frühen Morgenstunden geht. (mit dpa)
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