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Ampel-Regierung: Das Ergebnis der FDP-Mitgliederbefragung ist ein Warnschuss für Christian Lindner

Ampel-Regierung

Das Ergebnis der FDP-Mitgliederbefragung ist ein Warnschuss für Christian Lindner

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    Bundesfinanzminister Christian Lindner.
    Bundesfinanzminister Christian Lindner. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Er habe, erklärte FDP-Chef Christian Lindner einmal, auf „Meta-Debatten“ über den richtigen Kurs seiner Partei wenig Lust. „Ich kämpfe für meine Überzeugungen. Ob das jemandem gefällt oder lästig ist, ist mir ziemlich egal“, sagte Lindner noch. Man könnte vor diesem Hintergrund auf die Idee kommen, dass Basisdemokratie seine Sache nicht ist. Die jüngste FDP-Mitgliederbefragung wurde von Lindner im Vorfeld eher abgetan, das Ergebnis wäre ohnehin nicht bindend gewesen. Das Resultat fiel mager aus. Von rund 72.100 Mitgliedern beteiligten sich lediglich 26.058. Davon stimmten nur 52,24 Prozent für eine Fortsetzung der Ampel-Koalition. Würden die Mitglieder rückhaltlos hinter ihrem Vorsitzenden stehen, hätte es wohl andere Zahlen gegeben. 

    Nicht nur die desaströse Beteiligungsquote, sondern auch das knappe Ergebnis sind ein Fingerzeig, dass Matthias Nölke mit seiner Einschätzung wohl recht hat. Der Mitinitiator der Mitgliederbefragung nannte das Votum im Sender WDR 5 einen „deutlichen Warnschuss“. Der Hobby-Jäger Lindner wird den Schuss vernommen haben, seine Qualifikation als Parteichef wurde durch das Ergebnis infrage gestellt.

    Das Dreikönigstreffen der FDP wird ein Stimmungstest für Lindner

    Der Vorsitzende hat Glück im Unglück. Er wurde im April 2023 im Amt bestätigt und muss sich in diesem Jahr keiner Wahl stellen. Doch auf Lindner warten einige Stimmungstests, da ist zunächst das Dreikönigstreffen am Samstag. Es besteht vor allem aus Reden, Lindner kann kritischen Fragen ausweichen. Doch er weiß, dass der Applaus an den richtigen Stellen zahlreich kommen muss, damit es nicht peinlich wird. Der Finanzminister wird sich einen Tag vor seinem 45. Geburtstag mächtig anstrengen müssen, damit die Stimmung im Stuttgarter Opernhaus nicht ähnlich unharmonisch ausfällt wie das Ergebnis des Mitgliedervotums

    Die Ampel steht gerade vor ihrer bislang härtesten Belastungsprobe. Sie muss unter dem Eindruck des Karlsruher Urteils zu den Staatsfinanzen einen Haushalt für 2024 aufstellen. Für Lindner ist die Sache klar: „Es braucht eine neue Realpolitik, um Richtung und Prioritäten der Regierungspolitik zu präzisieren – gerade bei begrenzten Mitteln“, sagt er. Doch vor allem die Grünen haben abweichende Vorstellungen, nicht nur bei der umstrittenen Kindergrundsicherung oder der Flüchtlingspolitik setzen sie andere Prioritäten als die Liberalen. Mitte Januar kommt der Bundestag nach der Winterpause wieder zusammen und es wird sich zeigen, in welchem Umfang Lindner seine Vorstellungen in der Auseinandersetzung mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) umsetzen kann. 

    Grüne und FDP sind innerhalb der Ampel-Koalition auf Konfrontationskurs

    Schon der Eintritt der Liberalen in die Koalition war umstritten. Danach häufte sich die Kritik, die eigene Handschrift sei zu wenig sichtbar, die FDP werde vor allem von den Grünen in den Schatten gestellt. Beim Europarteitag Ende des Monats wird sich Lindner einer weiteren Abgrenzungsdebatte stellen müssen. Denn es zeigt sich, dass nicht die Grünen das Hauptproblem der Gelben sind: Die Alternative für Deutschland ist dabei, der FDP den Boden unter den Füßen wegzuziehen.

    Die AfD nimmt allen Bundestagsparteien Stimmen ab, die FDP trifft es besonders hart, weil sie nach ihren 11,5 Prozent bei der letzten Bundestagswahl nicht nur im Bund auf die kritische Fünf-Prozent-Marke zurückgefallen ist. Im Osten finden im September drei Landtagswahlen statt, dort sieht es besonders für die Liberalen schlimm aus. Laut einer Civey-Umfrage im Auftrag der Sächsischen Zeitung kommt die AfD in Sachsen beispielsweise auf 37 Prozent. Die FDP würde demnach lediglich einen mageren Prozentpunkt einfahren. 

    FDP unter Druck: AfD als wachsende Konkurrenz

    Lindner flüchtet sich in eine wenig originelle Abwehr-Rhetorik. „Zu viele Menschen kommen nach Deutschland, die auf den Sozialstaat angewiesen sind. Diesem droht nicht nur die Überlastung, auch die gesellschaftliche Solidarität wird hierdurch gefährdet“, sagt er. Es ist vorerst sein Geheimnis, wie aus diesem AfD-Sprech ein Stimmenzuwachs entstehen soll. Der CDU hat der härtere Kurs in der Migrationspolitik kein allzu großes Umfrage-Wachstum beschert, wie zumindest das Beispiel Sachsen zeigt: Die regierenden Christdemokraten liegen demnach vier Punkte hinter der AfD. 

    „Besser nicht regieren, als falsch regieren.“ Der FDP-Vorsitzende hält immer noch an diesem Credo fest und verweist gleichzeitig auf den Umkehrschluss: Wenn man gut regieren könne, „sollte man das Land nicht anderen überlassen.“ Die Parteimitglieder könnten vielleicht auf eine dritte Variante kommen: Besser ohne Lindner als schlecht oder gar nicht zu regieren. 

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