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Ampel-Krise: Grünen-Aus und die Folgen für SPD und FDP

Ampel-Krise

Nach dem Grünen-Beben gehen SPD und FDP in Deckung

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    Da ist keine Freundschaft mehr zu machen. Ein Jahr vor der Bundestagswahl zerfällt die Ampel-Koalition.
    Da ist keine Freundschaft mehr zu machen. Ein Jahr vor der Bundestagswahl zerfällt die Ampel-Koalition. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Die Grünen haben mit dem Rückzug der Parteispitze die Ampel-Koalition in Berlin erschüttert. Das ohnehin windschiefe Haus wurde noch einmal durchgerüttelt. Bei den zwei Partnerparteien SPD und FDP ist man froh, dieses Mal nicht im Krisen-Fokus zu stehen.

    Doch unweigerlich drängt sich wegen des Abgangs von Ricarda Lang und Omid Nouripour die Frage auf, warum die zwei gleichermaßen angeschlagenen Parteien mit ihren Chefs weitermachen sollten? Müsste nicht auch FDP-Chef Christian Lindner gehen? Und was ist mit Saskia Esken, Lars Klingbeil und Olaf Scholz? Am Tag danach fahren FDP und SPD die Taktik, „bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen“.

    Nach Grünen-Beben: Führungswechsel sei Sache der Grünen

    Vor den Trümmerteilen des Grünen-Crashs wird im demonstrativen Nichtssagen Deckung gesucht. Es sei wie bei einem Fußballtrainer, sagt einer von den Liberalen. Wenn Lindner jetzt das unverbrüchliche Vertrauen ausgesprochen werde, könnte man leicht zu dem Schluss kommen, dass das Vertrauen eben nicht sattelfest sei und der Abruf bevorstehe.

    Bei den Sozialdemokraten heißt es, der Führungswechsel der Grünen und der Aufruhr um den Austritt des Parteinachwuchses sei deren Bier. Die Regierung tischt stattdessen das Schwarzbrot des Geschäfts auf. FDP-Justizminister Marco Buschmann freute sich, dass der Bundestag sein Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen hat. Die Unternehmen sollen durch das Lichten des Paragraphen-Urwalds, der hierzulande besonders üppig gedeiht, pro Jahr 3,5 Milliarden Euro sparen. „Damit ist es das größte Bürokratieabbau-Programm in der Geschichte unseres Landes“, meinte Buschmann. Sein FDP-Ministerkollege Volker Wissing überreichte derweil Förderurkunden für Bodenstrom-Anlagen an Flughäfen.

    Der Glanzpunkt im politischen Berlin war an diesem Donnerstag der Besuch des italienischen Präsidenten Sergio Mattarella, der allerdings zunächst von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen wurde. Die beiden Staatsoberhäupter hatten den Besuch einer Ausstellung des Malers Max Liebermann auf dem Programm. „Mit Liebermann in Venedig, Florenz und Rom“, lautet der Titel der Schau. 

    Kanzler Scholz und Lindner treten zunächst nicht öffentlich auf

    Zum vor den Kulissen ruhigen Tagesverlauf und der Maßgabe „Kopf einziehen“ passte, dass Bundeskanzler Olaf Scholz keine öffentlichen Termine hatte. Auch von Christian Lindner war nichts zu vernehmen. Wie geht es weiter mit dieser Koalition, die dem Kalender nach noch ein Jahr die Geschicke des Landes bestimmen soll? Der Rückzug von Ricarda Lang und Omid Nouripour ist der vorzeitige Schlussakkord des Dreierbündnisses.

    Wirtschaftsminister Robert Habeck bäckt jetzt bei den Grünen größere Brötchen. Doch der Wahlkampf wird hart für ihn.
    Wirtschaftsminister Robert Habeck bäckt jetzt bei den Grünen größere Brötchen. Doch der Wahlkampf wird hart für ihn. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Wirtschaftsminister Robert Habeck richtet die Partei für den kommenden Wahlkampf ganz auf sich aus. Bündnis Robert Habeck lautet der neueste Spott dafür in Berlin. Es wird dennoch ein schwerer Kampf für ihn, weil er aus der Position der Schwäche geführt werden muss. Die Wirtschaftsforschungsinstitute des Landes haben die Wachstumsprognose ein weiteres mal gesenkt. Deutschland hängt im Abschwung fest. 

    Während Habeck den Grünen seinen Stempel aufdrückt, ist die FDP seit einem Jahrzehnt von einem Mann abhängig. Lindner ist trotz der desaströsen Wahlpleiten unangefochten. Es gibt keinen parteiinternen Herausforderer seines Formats. Nach der Wahlpleite von Brandenburg hat der Finanzminister von der Koalition „einen Herbst der Entscheidungen“ verlangt, ganz so, als stelle er Forderungen aus der Opposition heraus. Das klingt nicht nach mannschaftsdienlichem Spiel.

    Bereitet die FDP den Ausstieg aus der Ampel vor?

    Weil die Wirtschaft weiter schrumpft, dürften die Steuereinnahmen hinter den Erwartungen zurückbleiben. Das heißt, der Zank der Ampel-Parteien um das Geld wird noch an Lautstärke zulegen, denn Lindner hält an der Schuldenbremse fest. „FDP bereitet den Ausstieg aus der Ampel vor“, titelte der Standard aus Wien. Es ist ein Szenario, das in Berlin als denkbar gehandelt wird. Die Freien Demokraten versteifen sich bei den Staatsfinanzen und flirten bei der Asylpolitik mit der Union und provozieren so den Knall. Im November wird der Etat für 2025 finalisiert. Oder eben nicht.

    Damit die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nicht platzt, stellt Finanzminister Christian Lindner seinen Koalitionspartnern Bedingungen und verlangt einen „Herbst der Entscheidungen“.
    Damit die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nicht platzt, stellt Finanzminister Christian Lindner seinen Koalitionspartnern Bedingungen und verlangt einen „Herbst der Entscheidungen“. Foto: Michael Bahlo, dpa

    Für die SPD und ihren Bundeskanzler ist das Regieren noch ein wenig mühsamer geworden, als es ohnehin schon ist. Die Grünen haben innerlich gekündigt, die FDP ist auf die Zinne gestiegen. „Was die FDP macht, meine Güte“, klagte Fraktionschef Rolf Mützenich am Dienstag. „Wir wollen an der Koalition festhalten. Es gibt kein Ausstiegsszenario“, meinte er und legte nach: „Wenn es das an anderer Stelle gibt, kann ich niemanden hindern.“

    Die Perspektiven für das Regierungsbündnis sind mit düster noch freundlich beschrieben. SPD, Grüne und FDP werden weiter vor sich hinrumpeln, was die Wähler eher nicht in Scharen zurückholen wird. Olaf Scholz wird damit die Debatte nicht los, ob Verteidigungsminister Boris Pistorius der bessere Mann ist. 

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