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Ampel-Krach: Habeck und Lindner schreiben sich böse Briefe

Ampel-Krach

Habeck und Lindner schreiben sich böse Briefe

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    Finanzminister Christian Lindner (l.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck schreiben sich ab und an auch Briefe. Die letzten waren nicht nett.
    Finanzminister Christian Lindner (l.) und Wirtschaftsminister Robert Habeck schreiben sich ab und an auch Briefe. Die letzten waren nicht nett. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Wenn zwei Leute vom „Du“ zum „Sie“ zurückwechseln, wird es unschön. Einen empirischen Beleg für diese soziale Norm liefern gerade Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Beide Anführer ihrer politischen Lager duzen sich eigentlich, doch der jüngste Briefwechsel der beiden Herren ist förmlich gehalten. 

    „Sehr geehrter Herr Kollege“, lautete die unpersönliche Anrede in den Schreiben. Normalerweise ergänzen Politiker, die gut miteinander auskommen, die Anrede handschriftlich in blauer Tinte, um die Förmlichkeit der Ministerkorrespondenz durch eine persönliche Note zu bereichern. „Sehr geehrter Herr Kollege, lieber Robert“, steht dann üblicherweise über den Schreiben. 

    Finanzminister Lindner: „Mit Erleichterung habe ich aufgenommen“

    Dass dieses kleine Detail fehlt, ist nur ein Hinweis darauf, dass es um die Beziehung zwischen Habeck und Lindner nicht mehr gut bestellt ist. Es ist der Wink mit dem Zaunpfahl. Im eigentlichen Text winken dann beide mit dem ganzen Zaun. „Mit Erleichterung habe ich aufgenommen, dass die von den Grünen geführten Ministerien das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland nicht in Frage stellen“, formuliert der Finanzminister. Derartige Sätze meinen meist das Gegenteil von dem, was sie sagen. 

    Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich warm angezogen. Bald muss er wieder den Streit schlichten, wie jüngst in der Atomfrage.
    Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich warm angezogen. Bald muss er wieder den Streit schlichten, wie jüngst in der Atomfrage. Foto: Sina Schuldt, dpa

    Lindner ist nicht erleichtert, sondern verärgert, dass die Grünen die Rückkehr der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse zwar rhetorisch befürworten, aber in der Realität kräftig Schulden machen wollen. Bei Robert Habeck heißt das dann folgendermaßen: „Vereinbart wurden aber ebenfalls andere politische Projekte, die keinesfalls nachranging zur Einhaltung der Schuldenbremse stehen.“ Solche Projekte sind zum Beispiel der Umbau der Industrie auf Grün und die Kindergrundsicherung. 

    „Die Nachricht hat mich überrascht“

    Viele Milliarden wird es dafür brauchen, die Lindner nicht aufbringen will, weil er dafür erstens neue Schulden aufnehmen müsste und diese Projekte zweitens auf der Bilanz des Koalitionspartners einzahlen. Aus seiner Sicht ist die Bilanz der Grünen ohnehin viel zu gut und die seinige zu schlecht. In Berlin flogen die Liberalen jüngst aus dem Landtag. 

    Diesen Tiefschlägen folgt nach den ungeschriebenen Normen des Hauptstadtbetriebes der Aufruf an die Partei, stacheliger zu werden. Der eingebürgerte Begriff dafür lautet, „das Profil zu schärfen“. Bei Christian Lindner hört sich das wie folgt an: „Die Nachricht, dass die grünen Ministerien die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2024 nicht mehr akzeptieren, hat mich überrascht.“ In der politischen Kommunikation ist „überrascht“ der Platzhalter für „entsetzt“. Es ist ein wenig wie bei Arbeitszeugnissen, in denen Sprache und Wirklichkeit nur marginal etwas miteinander zu tun haben. 

    Scholz wird im Streit zwischen Habeck und Lindner ein Machtwort sprechen müssen

    Selbst in der an Gemeinheiten nicht armen Bundespolitik sticht eine Aufforderung hervor, die Habeck an den Finanzminister richtete. Er verlangt von ihm, den Mund zu halten. „Wir bitten Sie, keine öffentlichen und internen Vorfestlegungen zu treffen, die einseitig weitere Ausgaben priorisieren (u.a. Aktienrente, Umsatzsteuerermäßigung für die Gastronomie, Bundeswehr).“ Mit Ausnahme der Armee sind die beiden erstgenannten Vorhaben Lieblingsprojekte der FDP. 

    Aufmerksam lesen wird die Gehässigkeiten unter Brieffreunden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er kann sich darauf einstellen, bald wieder ein Machtwort sprechen zu müssen, um im Zank seiner beiden wichtigsten Minister zu entscheiden. Im Übrigen ist es so, dass der kleine Briefwechsel zwischen Habeck und Lindern keineswegs zufällig den Weg an die Presse fand. Beide Minister können damit ihrem Lager demonstrieren, wie stark sie für die eigene Sache kämpfen. 

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