Die Ampel-Koalition kommt auch zwei Wochen nach ihren umstrittenen Klimabeschlüssen nicht zur Ruhe. Der frühere Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hält das Verhältnis zur SPD mit Bundeskanzler Olaf Scholz für dauerhaft beeinträchtigt.
"Die Scholz-SPD ist nicht mehr der natürliche Bündnispartner der Grünen", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag der "Welt am Sonntag". Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) beschwichtigte dagegen und rief nach dem Ärger der letzten Tage dazu auf, zur Sacharbeit zurückzukehren.
"Nähe zur FDP lässt sich nicht leugnen"
Die Koalitionsspitzen hatten sich vor zwei Wochen in einer dreitägigen Marathonsitzung auf eine Lockerung der strikten Regeln zur Einhaltung der Klimaschutzziele verständigt. Außerdem wurde neben Milliardeninvestitionen in Bahnstrecken der Ausbau der Autobahnen an 144 Stellen beschlossen. Bei den Grünen sorgten die Ergebnisse für Unmut, während SPD und FDP sich zufrieden zeigten.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joe Weingarten sieht nun eine zunehmende Nähe seiner Partei zur FDP. "In der SPD rücken die Interessen der Arbeitnehmer und der Industrie stärker in den Fokus. Unsere Wirtschaft agiert weltweit, sie ist das Rückgrat unseres Wohlstands, das man nicht nach Belieben belasten kann. Mit dieser Haltung lässt sich eine inhaltliche Nähe zur FDP nicht leugnen", sagte er der "Welt am Sonntag". Das Drängen der Grünen bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizungen kritisierte er dagegen: "Die Leute müssen rechnen. Das müssen wir berücksichtigen, auch die Grünen müssen das lernen, Politik gemäß ihrem Wahlergebnis zu machen.".
"Der Ton war manchmal zu harsch"
Habeck räumte in einem Interview der Funke-Mediengruppe ein, dass die Koalition in den letzten Wochen "kein schönes Bild" abgegeben habe. "Der Ton war manchmal zu harsch. In der Sache aber ist es notwendig, dass wir miteinander um die richtige Lösung ringen", sagte er. "Wir wollen es uns nicht bequem machen und alles aussitzen wie die große Koalition."
Das "menschliche Einvernehmen" in der Koalition sei sehr gut, sagte der Wirtschaftsminister. "Trotz vieler Herausforderungen und viel Arbeit lachen wir auch viel." Habeck betonte aber: "Es kommt darauf an, dass wir uns auf die eigentliche Aufgabe konzentrieren, für Deutschland zu handeln - und nicht für die eigene Twitter-Followerschaft."
(dpa)