Zu Beginn der kalten Jahreszeit steigen die Corona-Zahlen wieder. Dem bayerischen Gesundheitsministerium zufolge weisen derzeit "mehrere Indikatoren auf eine Zunahme der Covid-19-Aktivität in Deutschland hin" – gemeint sind damit etwa offizielle Meldezahlen oder die Ergebnisse des bayerischen Abwassermonitorings. Letzteres gibt für nahezu alle Messstationen im Freistaat einen ansteigenden Trend an, bei gut der Hälfte liegt der Anstieg bei mehr als 20 Prozent, in manchen Regionen gibt es sogar ein Plus von rund 60 Prozent.
Deutschlands bekanntester Virologe Christian Drosten von der Charité in Berlin zeigte sich in einem aktuellen Interview mit der Zeit allerdings gelassen. Er werde zum Selbstschutz keine Maske mehr tragen, sagte Drosten. Er gehe davon aus, dass es ein ruhiger Winter werden könnte, bei neuen Varianten gebe es keine Hinweise auf schwerere Krankheitsverläufe, erklärte er.
Aktuell gibt es keine Covid-bedingten Engpässe an Kliniken
Das zeigt sich auch in den Krankenhäusern des Freistaats. "Erkenntnisse zu Covid-bedingten Engpässen in bayerischen Kliniken liegen uns derzeit keine vor", teilt eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Insgesamt sei die Situation heute eine ganz andere als zu Beginn oder in der Mitte der Pandemie. "Dank der erfolgreichen Impfkampagne und aufgrund durchgemachter Infektionen haben wir einen sehr hohen Immunitätsgrad in der Bevölkerung, und die Infektion mit den derzeit zirkulierenden Virusvarianten verläuft in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle zwar oft symptomatisch, aber in der Regel nicht bedrohlich", sagt die Ministeriumssprecherin.
Dem bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zufolge steigt dennoch die Zahl derer, die wegen Covid-19 auf einer Intensivstation behandelt werden müssen. Am Dienstag gab es im Vergleich zur Vorwoche ein Plus um mehr als 33 Prozent. Allerdings bewegen sich die Zahlen auf einem relativ niedrigen Niveau. Aktuell sind in Bayern 103 Intensivbetten durch bestätigte Covid-19-Fälle belegt – Mitte Oktober vor einem Jahr waren es mehr als 300, im Dezember 2021 über 1000.
Corona-Experte: "Eine Infektion kann viele Folgeschäden nach sich ziehen"
Der bayerische Corona-Experte Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing, der mit seinem Team Anfang 2020 die ersten deutschen Covid-19-Patienten behandelt hatte, äußert sich in der Debatte ein wenig verhaltener. "Man muss da vorsichtig sein, wir wissen noch zu wenig über die klinische Symptomatik bei den neuen Varianten. Zum Teil gibt es erste Berichte, dass sie starke Hautveränderungen hervorrufen und Störungen in der Durchblutung", sagt er im Interview mit unserer Redaktion. Man dürfe auch das Post-Covid-Risiko nicht vergessen, fährt Wendtner fort. "Eine Infektion kann viele Folgeschäden nach sich ziehen, etwa Herzmuskelentzündungen."
Man könne bisher leider auch nicht sagen, dass jemand, der einmal Post-Covid hatte, bei der nächsten Infektion nicht mehr Gefahr laufe, daran zu erkranken. "Ich würde mal davon ausgehen, dass ich, wenn ich nach einer Infektion Kopfschmerzen oder Konzentrationsprobleme entwickelt habe, nicht unbedingt davor gefeit bin, beim nächsten Mal Lungen- oder Herzprobleme zu entwickeln", sagt Wendtner. "Das ist für mich auch der Grund, nach wie vor vorsichtig zu sein und ein bisschen auf der Bremse zu stehen – ohne dabei Panik zu verbreiten."
Derweil ist die Impfbereitschaft in Deutschland niedrig. Nicht einmal jeder dritte Deutsche plant diesen Winter eine Corona-Impfung, wie aus einer aktuellen Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos hervorgeht.