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Afghanistan: Berlin lehnt US-Bitte ab: Keine Kampftruppe

Afghanistan

Berlin lehnt US-Bitte ab: Keine Kampftruppe

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    Gepanzerte "Dingo"-Fahrzeuge der Bundeswehr im Feldlager Kundus (Archivfoto). Die USA erhöhen ihren Druck auf Deutschland, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken.
    Gepanzerte "Dingo"-Fahrzeuge der Bundeswehr im Feldlager Kundus (Archivfoto). Die USA erhöhen ihren Druck auf Deutschland, mehr Truppen nach Afghanistan zu schicken. Foto: DPA

    KanzlerinAngela Merkel (CDU) und führende Regierungspolitiker wiesen am Freitageine entsprechende Bitte der USA strikt zurück. Merkel habe wiederholtdeutlich gemacht, dass das geltende Bundestagsmandat für den Einsatzder Soldaten "nicht zur Diskussion steht", erklärte RegierungssprecherUlrich Wilhelm in Berlin. Dies sei "feste Haltung" der Bundesregierung.Die US-Regierung machte umgehend deutlich, dass sie auf ihrer Positionbeharrt.

    Berlin reagierte auf einen Brief vonUS-Verteidigungsminister Robert Gates an alle NATO-Mitglieder. Darinhatte er eine deutliche Aufstockung der Truppenkontingente um 3200Soldaten im besonders umkämpften Süden verlangt. Ausdrücklichappellierte Gates an Deutschland, ein neues Bundestags-Mandat inErwägung zu ziehen. Nach dem geltenden Mandat kann die Bundeswehr mitbis zu 3500 Soldaten nur im relativ ruhigen Norden des Landeseingesetzt werden - im Süden ist allenfalls "Nothilfe" für Verbündetemöglich.

    Auch Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) lehnteeine Ausweitung der deutschen Einsätze klar ab. "Ich denke, dass esweiter bei unserem Schwerpunkt im Norden bleiben muss." Ähnlich äußertesich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Deutschland habe seinEngagement bereits mehrfach verstärkt. Dies werde auch in Washingtonanerkannt. Daher mache er sich keine Sorgen über die neue Debatte.

    Gateshatte in dem Brief insbesondere die Entsendung von mehrHubschrauber-Einheiten und Kampfverbänden wie Fallschirmjägergefordert. Den US-Plänen zufolge sollen diese Kräfte noch in diesemJahr amerikanische Marine-Infanteristen ablösen. Nach Angaben der"Süddeutschen Zeitung" (Freitag) warnte Gates sogar vor einer Spaltungder Allianz. Auf die ablehnende Haltung der Bundesregierung erwiderteUS-Generalstabschef Michael Mullen am Freitag in Washington: "Wirbrauchen die Unterstützung anderer Länder, das schließt Deutschlandein." Die USA würden gerne sehen, "dass so viele Hindernisse wiemöglich aus dem Weg geräumt werden, um diese Mission fortzuführen".

    Derzeitist die Bundeswehr am Hindukusch mit rund 3200 Soldaten im Einsatz.Erst diese Woche ging in Berlin eine Bitte der NATO ein, für den Nordendes Landes eine Schnelle Eingreiftruppe (Quick Reaction Force/QRF) zurVerfügung zu stellen. Der Kampfverband mit etwa 250 Mann soll in diesemSommer eine norwegische Truppe ablösen. Der Afghanistan-Einsatz wirdauch kommende Woche bei einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister inVilnius eine wichtige Rolle spielen.

    Aus den Parteien kamdeutliche Kritik an den USA. Der CSU-Außenpolitiker Karl-Theodor zuGuttenberg warnte Washington davor, die Solidarität innerhalb der NATOdurch eine "unnötige Verschärfung der Tonlage zu strapazieren". DieFDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger bezeichnete es als"ausgesprochen ungewöhnlich, dass ein NATO-Partner alle anderenauffordert, mehr Truppen zu stellen". Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhnsagte der Deutschen Presse-Agentur dpa: "Ein Einsatz der Bundeswehr imSüden des Landes ist mit keiner Regierung in Deutschland durchsetzbar."Die Bundesregierung müsse aber ihre Erfolgsbilanz im zivilen Bereichverbessern, "so dass sie nicht vorgeführt werden kann".Linke-Fraktionschef Oskar Lafontaine erklärte, jetzt räche sich, dassdie NATO in ein "weltweites Interventionsbündnis" verwandelt worden sei.

    Bundeswehr-VerbandschefBernhard Gertz sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger", eine Verstärkung dermilitärischen Komponente sei sinnlos. Die Bundesregierung ist in diesemZusammenhang zu einem deutlichen Ausbau der derzeitigen polizeilichenAusstattungs- und Ausbildungshilfe in Afghanistan bereit. "Wir planenfür dieses Jahr weiter voranzuschreiten mit den seit 2002 begonnenenBemühungen", sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Freitagin Berlin. Mit 35,7 Millionen Euro seien 2008 insgesamt rund dreimal sohohe Mittel vorgesehen wie jeweils in den Jahren zuvor.

    Derfranzösische Verteidigungsminister Hervé Morin bezeichnete den Wortlautdes Briefs von Gates an die NATO-Staaten als "sehr höflich". LautMedien wurde das Schreiben in Kreisen des Verteidigungsministeriumsdagegen als "Unverschämtheit" bezeichnet. Belgien will seinMilitärengagement in Südafghanistan unterdessen ausbauen. So sollendort vier Kampfflugzeuge vom Typ F-16 und etwa 100 Technikerstationiert werden, teilte die Regierung in Brüssel mit.

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