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AfD-Politiker sollen Vertreibungsplan diskutiert haben

Rechtsextremismus

AfD-Politiker sollen Vertreibung von Millionen Menschen geplant haben

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    In einem Hotel bei Potsdam trafen sich im November einflussreiche AfD-Politiker – darunter der persönliche Referent Alice Weidels – mit Neonazis und potenziellen Geldgebern.
    In einem Hotel bei Potsdam trafen sich im November einflussreiche AfD-Politiker – darunter der persönliche Referent Alice Weidels – mit Neonazis und potenziellen Geldgebern. Foto: Carsten Koall, dpa

    Bei einem bislang öffentlich nicht bekannten Treffen haben einflussreiche AfD-Politiker mit dem bekannten Rechtsextremisten Martin Sellner und privaten Unterstützern über einen "Masterplan" beraten: Sie wollen Millionen von Menschen aus Deutschland vertreiben. Dass es das Treffen gab und was dort besprochen wurde, hat das gemeinwohlorientierte Medienhaus Correctiv recherchiert. 

    Demnach hatte zu der Zusammenkunft unter anderen der ehemalige Mitbesitzer der Bäckerei-Selbstbedienungs-Kette "Backwerk", Hans Christian Limmer, heute einer der Eigner der Restaurant-Franchisemarke "Hans im Glück", eingeladen. Das Rechercheteam von Correctiv dokumentierte das Treffen, das im November in einem Hotel bei Potsdam stattfand, vor Ort. Einige Dokumente wurden Correctiv auch von Greenpeace zur Verfügung gestellt. Die Augsburger Allgemeine arbeitet im Rahmen des Lokaljournalismusnetzwerks Correctiv.Lokal immer wieder mit dem gemeinnützigen Recherchezentrum zusammen, in diesem Fall stammt die Recherche von Correctiv.

    Auch Rechtsextremist Martin Sellner nahm am Treffen teil

    In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, der Correctiv vorliegt, heißt es: Bei der Veranstaltung werde ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt. Und: Die "Chancen, unser Land wieder auf einen normalen und gesunden Kurs zu bringen", seien "so groß wie nie zuvor".

    Für die Teilnahme werde eine "Mindestspende von 5000 Euro" erhoben. Diese Spende solle deutlich machen, dass "die Sammlung von Unterstützungsmitteln eine Kernaufgabe unserer Runde ist", heißt es in dem von Unternehmer Limmer und dem bekannten Rechtsextremen Gernot Mörig unterschriebenen Brief. In einem weiteren Einladungsschreiben von Mörig heißt es: "Das Gesamtkonzept im Sinne eines Masterplans wird kein Geringerer als Martin Sellner einleitend vorstellen."

    Mehrere Quellen gaben gegenüber Correctiv -Reportern die Aussagen aus der Konferenz glaubhaft wieder. Im Zentrum der Zusammenkunft stand demnach ein von Sellner – dem langjährigen Kopf der Identitären Bewegung – vorgetragenes rechtsextremes Konzept, das die AfD offiziell von sich weist: die "Remigration" auch von deutschen Staatsbürgern mit Zuwanderungsgeschichte. Das beträfe Millionen von Menschen, die aus Deutschland vertrieben werden sollen.

    Einer der Besucher des Treffens war der persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel

    Teilnehmer am Treffen erklärten, wie genau sie diese Strategie gemeinsam in die Tat umsetzen wollen, sollte die AfD in Regierungsverantwortung gelangen. Sellner sagte demnach, man wolle "maßgeschneiderte Gesetze" erlassen, um einen "hohen Anpassungsdruck" auf Menschen mit Zuwanderungsgeschichte zu erzeugen. Umgesetzt werden solle der Plan auch mit Hilfe eines "Musterstaates" in Nordafrika. In ein solches Gebiet, in dem bis zu zwei Millionen Menschen leben könnten, wolle man Menschen bewegen. Menschen, die sich in Deutschland für Geflüchtete einsetzen, könnten auch dorthin, sagte Sellner.

    Die anwesenden AfD-Politikerinnen und -Politiker zeigten sich während des Treffens mit dem Konzept einverstanden. So ergänzte der anwesende AfD-Fraktionsvorsitzende Sachsen-Anhalts, Ulrich Siegmund: Man müsse in seinem Bundesland dafür sorgen, dass es "für dieses Klientel möglichst unattraktiv zu leben" werde. Die AfD-Bundestagsabgeordnete Gerrit Huy sagte, sie verfolge das skizzierte Ziel schon länger und habe bei ihrem Parteieintritt selbst schon ein "Remigrationskonzept mitgebracht".

    Einer der Besucher des Treffens war der persönliche Referent von Parteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig. Vor allem seine Teilnahme zeigt, dass rechtsextremes Gedankengut bis in die Spitze des Bundesverbandes der Partei hineinragt. Hartwig sagte der Correctiv -Recherche zufolge bei dem Treffen zu, die inhaltlichen Pläne des Treffens in die Partei zu tragen.

    Dass die geheime Zusammenkunft und ihre Inhalte durch die Recherche ans Licht kommen, könnte eine wichtige Rolle in der aktuellen Debatte um ein AfD-Verbotsverfahren auf Bundesebene spielen. Bislang weist die Partei den Vorwurf von sich, mit rechtsextremem Gedankengut gegen verfassungsmäßige Grundsätze zu verstoßen. In ihrer offiziellen "Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität" schreiben ihre Bundes- und Landessprecher: "Als Rechtsstaatspartei bekennt sich die AfD vorbehaltslos zum deutschen Staatsvolk als der Summe aller Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen."

    So reagierten Teilnehmer des Treffens

    Mit den Spenden der Teilnehmer und Unterstützung der AfD sollten laut Aussagen während des Treffens unter anderem Aktivitäten in Social Media-Kanälen aufgebaut werden, um dort besprochene Begriffe und Ideen zu bewerben. Hartwig sagte dazu, der neue Bundesvorstand sei bereit, Geld in die Hand zu nehmen und Themen zu betreiben, die nicht nur unmittelbar der Partei zugutekommen.

    Correctiv konfrontierte viele der Teilnehmer zu ihren beim Treffen getroffenen Aussagen. Gernot Mörig, der sich auf die Fragen hin als "alleiniger Veranstalter" bezeichnete, wies darauf hin, es habe keine Teilnahmebedingung, schon gar nicht in Form einer Spende, gegeben – obwohl es in seiner Einladung anders stand.

    Zu dem besprochenen „Remigrationskonzept“ sagte Mörig, er erinnere sich an die Aussagen des Nonazis Sellner anders – denn hätte er sie „bewusst wahrgenommen“, so hätte er sicherlich widersprochen. Ähnlich äußert sich der Unternehmer Limmer. Er weist darauf hin, anders als Mörig nicht Organisator und Planer der Veranstaltung gewesen zu sein. Er nahm am Treffen nicht teil. Auch würde er „immer widersprechen“, wenn jemand „deutsche Staatsangehörige als Staatsbürger zweiter Klasse behandeln wollte“.

    Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Siegmund betont in seiner Antwort auf die Fragen, er sei als "Privatperson" und nicht in seiner Funktion als Abgeordneter für die AfD bei dem Treffen gewesen. In seiner Antwort über die Anwaltskanzlei Höcker lässt Siegmund offen, wie er dem Konzept der "Remigration" gegenüber steht. Er schreibt lediglich, dass er Menschen "nicht gesetzeswidrig ausweisen" wolle.

    Martin Sellner sowie der AfD-Politiker Hartwig und die AfD-Abgeordnete Huy antworteten ebenso wie der AfD-Bundesvorstand bis Redaktionsschluss nicht auf die Fragen. (AZ)

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