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Ärmelkanal: Umweltverschmutzung im Ärmelkanal: „Die Nordsee ist keine Müllhalde“

Ärmelkanal

Umweltverschmutzung im Ärmelkanal: „Die Nordsee ist keine Müllhalde“

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    Schon 2021 gab es in London Proteste gegen die Ableitung ungeklärter Abwässer in Flüsse und ins Meer.
    Schon 2021 gab es in London Proteste gegen die Ableitung ungeklärter Abwässer in Flüsse und ins Meer. Foto: Frank Augstein

    Liz Truss hatte in Frankreich schon einen schlechten Ruf weg, da war sie noch gar nicht britische Premierministerin. Als sie vor zwei Wochen gefragt wurde, ob der französische Präsident Emmanuel Macron „Freund oder Feind“ sei, wich sie aus. „The Jury is still out“, sagte Truss scherzhaft, was so viel bedeutet wie: Das ist noch nicht entschieden. „Wenn man unfähig ist zu sagen, ob wir unter Franzosen und Briten Freunde oder Feinde sind, werden wir ernsthafte Probleme haben“, erwiderte Macron erkennbar irritiert.

    Probleme gibt es tatsächlich immer wieder zwischen den Ländern, die der Ärmelkanal trennt – und manchmal betreffen die Konflikte auch die Meerenge selbst, ob wegen der Fischfangrechte oder des Reisechaos an den Fährterminals. Und aktuell geht es um übel riechende Fäkalien.

    Ungeklärtes Abwasser aus Großbritannien gelangt in den Ärmelkanal

    Die Franzosen hat erzürnt, dass wegen starker Regenfälle, die das britische Kanalisationssystem überforderten, ungeklärtes Abwasser ins Meer geleitet worden sein soll. Laut BBC-Berichten mussten Ende August in England und Wales dutzende Strände gesperrt werden, nachdem Schwimmer Exkremente im schmutzigen Wasser entdeckt hatten.

    Auf französischer Seite stellten zwar weder Gesundheitsbehörden noch Umweltorganisationen eine Verschmutzung fest, dennoch protestierten drei EU-Abgeordnete aus Macrons Regierungspartei bei EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius: „Der Kanal und die Nordsee sind keine Müllhalde.“ Sie befürchteten „negative Folgen für die Qualität des Meerwassers, das wir mit diesem Land teilen, für die Meeres-Biodiversität, aber auch die Aktivitäten der Fischer und Muschelzüchter“. Das Königreich habe sich von europäischen Umweltschutzregeln losgesagt, obwohl diese auch unabhängig vom Brexit weiter gelten.

    Experten kritisieren: Es gibt nicht genug Kontrollen

    Tatsächlich wurden in England und Wales 2021 laut Umweltbehörden rund 375.000 Mal ungeklärte Abwässer in Flüsse und ins Meer eingeleitet. Bei starkem Niederschlag stößt das häufig aus der viktorianischen Zeit stammende Netz an seine Kapazitätsgrenzen. Möchten Unternehmen Wasser ablassen, müssen sie eigentlich die Behörden informieren und um Erlaubnis bitten. Eigentlich.

    Denn laut Experten gibt es nicht genug Kontrollen. Umweltschutzorganisationen erklärten das Modell der Selbstregulierung als gescheitert. Doug Parr von Greenpeace sagt es drastisch: „Nach einem Jahrzehnt der Budgetkürzungen und der Deregulierung durch die Regierung sitzt die Umweltbehörde im wahrsten Sinne des Wortes ohne Paddel in der Scheiße.“

    Für die Situation verantwortlich gemacht wird auch die neue Premierministerin. Liz Truss hatte als Umweltministerin von 2014 bis 2016 Mittel zur Bekämpfung der Wasserverschmutzung gekürzt.

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