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Zwickauer Zelle: Neonazi-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf

Zwickauer Zelle

Neonazi-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf

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    Die drei sächsischen Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen für die sogenannten „Döner-Morde“, den Tod einer jungen Polizistin sowie eine Reihe von weiteren rechtsextremistischen Anschlägen und Banküberfällen verantwortlich sein.
    Die drei sächsischen Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sollen für die sogenannten „Döner-Morde“, den Tod einer jungen Polizistin sowie eine Reihe von weiteren rechtsextremistischen Anschlägen und Banküberfällen verantwortlich sein. Foto: dpa

    Gab es Pannen bei der Aufklärung der Neonazi-Morde der Zwickauer Zelle? Hat der Verfassungsschutz geschlampt? Hätte man die Neonazis schon viel früher festnehmen können?  Vorwürfe stehen im Raum, um diese zu klären, nimmt am Freitagmittag der Untersuchungsausschuss des Bundestag seine Arbeit in Berlin auf.

    Bundestag stimmt einstimmig für U-Ausschuss

    Das Parlament hatte gestern einstimmig für die Einsetzung des Gremiums votiert. Ausnahmsweise herrschte Einigkeit im Bundestag - bei diesem Thema sind sich alle einig: Vertreter aller Bundestagsfraktionen verlangen, dass die Vorgänge rückhaltlos aufgeklärt werden müssten, um Konsequenzen für Verfassungsschutz und Polizei ziehen zu können.

    Parteipolitische Auseinandersetzungen sollen dabei nicht im Vordergrund stehen. Der Untersuchungsausschuss hat die Möglichkeit, einen Sonderermittler einzusetzen.

    Auch in Thüringen gibt es einen Untersuchungsausschuss

    Am Vortag hatte der Thüringer Landtag ebenfalls die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beschlossen. In beiden Ausschüssen soll geklärt werden, warum die Zwickauer Neonazi-Gruppe jahrelang in Deutschland rauben und morden konnte, ohne dass Sicherheitsbehörden sie im Visier hatten. Auf das Konto der Rechtsterroristen sollen unter anderem Morde an neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie an einer Polizistin gehen.

    Für den Untersuchungsausschuss in Erfurt sicherte Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) die Unterstützung der Landesregierung zu. "Wir sind den Opfern dieser beispiellosen Verbrechensserie und ihren Angehörigen eine umfassende Aufarbeitung dieses umfassenden Gesamtkomplexes schuldig", sagte Geibert, der wegen seiner bisher zurückhaltenden Informationspolitik im Parlament in der Kritik steht.

    Auf dem rechten Auge blind?

    Im Bundestag sagte der Unions-Innenexperte Hans-Peter Uhl (CSU), der Vorwurf, dass die Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge blind seien, dürfe nicht stehenbleiben. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, meinte, das Vertrauen in den Rechtsstaat sei mit der Neonazi-Mordserie in Teilen der Bevölkerung nachhaltig erschüttert worden. "Nur ein Untersuchungsausschuss kann Zeugen unter Wahrheitspflicht vorladen und sie zwingen, zu sagen, was sie wissen, damit alles auf den Tisch kommt."

    Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, sagte, die Taten der Rechtsextremisten gehörten zweifelslos zu den schwersten Verbrechen in der Bundesrepublik. Der Ausschuss müsse auch Belege für die Verfassungswidrigkeit der rechtsextremen NPD sammeln, um diese in einem zweiten Verbotsverfahren zu verwenden. Ein erstes Verfahren war 2003 vor dem Bundesverfassungsgericht an der Frage von V-Leuten des Verfassungsschutzes in Führungsgremien der Partei gescheitert. Ob es einen zweiten Anlauf für ein NPD-Verbot geben wird, ist noch offen.

    Wird der Landtag in Dresden nachziehen?

    Die Parlamentarier in Berlin hoffen, dass auch die Länder an der Aufklärung mitarbeiten werden. Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss widmet sich primär Verfehlungen von Bundesbehörden. Die Grünen sind überzeugt, dass auch Zeugen aus den Ländern aussagen müssen und das Gremium auch Einsicht in Landesakten nehmen darf. Sie stützen sich dabei auf Ausführungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.

    Unterdessen tut sich Sachsens Landtag weiterhin schwer mit der Zwickauer Terrorzelle. Ob auch im Dresdner Landtag ein Untersuchungsausschuss eingerichtet wird, ist noch offen. Das Regierungslager aus CDU und FDP lehnt ihn ab. Die Opposition will den Ausschuss, ist sich aber auch noch nicht ganz einig. dpa

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