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Zeitumstellung: Schnelle Abschaffung der Zeitumstellung droht zu scheitern

Zeitumstellung

Schnelle Abschaffung der Zeitumstellung droht zu scheitern

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    Zerfällt Europa in noch mehr Zeitzonen als bisher? Die Vorstellungen der EU-Staaten von Finnland bis Portugal gehen momentan weit auseinander.
    Zerfällt Europa in noch mehr Zeitzonen als bisher? Die Vorstellungen der EU-Staaten von Finnland bis Portugal gehen momentan weit auseinander. Foto: Jane Barlow, dpa (Symbolbild)

    Der Verzicht auf die zweimal jährliche Umstellung der Uhren sollte ein Wahlkampfhit der EU-Kommission für die Europawahl 2019 werden. Doch inzwischen hat die Begeisterung für eine ewige Sommer- oder winterliche Normalzeit spürbar nachgelassen. Es gibt einigen Widerstand aus den Mitgliedstaaten.

    „Die Menschen wollen das. Wir machen das.“ Derart entschlossen zeigte sich Jean-Claude Juncker noch vor wenigen Wochen. Da hatte der Kommissionspräsident das Ergebnis einer monatelangen Online-Befragung von EU-Bürgern zur zweimal jährlichen Uhren-Korrektur kommentiert – und einen Beschluss vorgelegt: Bis zum 31. März 2019 sollten die Mitgliedstaaten nach Brüssel melden, welche Uhrzeit künftig dauerhaft bei ihnen gilt.

    Doch das Projekt „Neue Zeit“ stößt offenbar auf deutlich mehr Widerstand als erwartet. Diplomaten mehrere Mitgliedstaaten steckten dem Politmagazin Politico, dass Junckers ehrgeiziger Terminplan nicht zu halten sei. Außerdem wäre es besser gewesen, wenn der Kommissionspräsident und sein Team die Regie behalten hätten.

    Deutschland tendiert zu einer dauerhaften Sommerzeit

    Dabei wollte Juncker mit der Freigabe der Entscheidung an die Regierungen lediglich Volksnähe zeigen und einen eventuellen Flickenteppich beseitigen. Nun droht offenbar genau das Gegenteil. Ersten Äußerungen zufolge tendieren Deutschland und Österreich zu einer dauerhaften Sommerzeit. Sie würden damit in die osteuropäische Zeitzone (OEZ) wechseln. Das hieße: Es wird durchgehend später hell und später dunkel. Auch Polen und die drei baltischen Staaten setzen offenbar auf diesen Weg.

    Die niederländischen und dänischen Nachbarn neigen dagegen zur sogenannten Winterzeit, die eigentlich ja die normale Mitteleuropäische Zeit (MEZ) ist. Und auch in den skandinavischen Ländern gibt es eine deutliche Tendenz zur MEZ. Das erstaunt etwas. In Brüssel hatte man gemutmaßt, dass vor allem die Mitglieder im hohen Norden die längere Dunkelheit am Morgen und die Helligkeit am Abend der frühen Dämmerung bei einer Normalzeit vorziehen. Portugal und Spanien bevorzugen wiederum eine gemeinsame Sommerzeit. Aus Griechenland heißt es, dass die Mehrheit der Bevölkerung an der Umstellung der Uhren festhalten möchte.

    Zeitumstellung: Einige Länder wollen Bevölkerung befragen

    Solche Unterschiede wollte Brüssel mit Blick auf den Binnenmarkt eigentlich vermeiden. Möglichst eine gemeinsame, höchstens aber zwei statt der bisher drei Zeitzonen sollte es geben. Nun sieht es so aus, als müsse ein Bürger, der von Den Haag über Berlin nach Warschau reist, mehrmals seine Uhr stellen. „Das werden wir nicht zulassen“, hieß es am Dienstag aus der Kommission. „Natürlich wird man sich absprechen und anpassen.“ Die letzte Entscheidung darüber liegt bei den Staats- und Regierungschefs, die vermutlich schon in der kommenden Woche bei ihrem dreitägigen Spitzentreffen erstmals darüber reden.

    Doch das dürfte kaum reichen. Aus einigen Hauptstädten ist zu hören, sie wollten zunächst die Bevölkerung befragen. Das sei aufwendig und bis März auf keinen Fall zu stemmen. Dahinter verbirgt sich eine immer lauter werdende Kritik an der Befragung der Brüsseler Kommission. An der Online-Befragung hatten sich zwar 4,6 Millionen Bürger beteiligt. Das ist ein Spitzenwert, aber eben nur im Vergleich mit früheren Befragungen.

    Setzt man die Zahl der abgegebenen Stimmen ins Verhältnis zur EU-Bevölkerung, haben gerade mal 0,89 Prozent ihre Stimme abgegeben. Repräsentativ sieht anders aus. Aber das hatten Juncker und sein Team auch nie behauptet. Doch die Kommission wollte vor lauter Begeisterung über die Beteiligung zeigen, dass sie bürgernah agiert und nun Tempo macht. Sie hat die Rechnung ohne die Mitgliedstaaten gemacht.

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