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Zahlen für Deutschland: 68.000 Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen

Zahlen für Deutschland

68.000 Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen

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    Frauenministerin Franziska Giffey und Faduma Korn, 1. Vorsitzende von «NALA e.V. Bildung statt Beschneidung» präsentieren das Ergebnis einer Unterschriftenaktion gegen Genitalverstümmelung.
    Frauenministerin Franziska Giffey und Faduma Korn, 1. Vorsitzende von «NALA e.V. Bildung statt Beschneidung» präsentieren das Ergebnis einer Unterschriftenaktion gegen Genitalverstümmelung. Foto: Kay Nietfeld/dpa

    In Deutschland leben nach Angaben von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) rund 68.000 Frauen und Mädchen, die von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen sind. Giffey legte Zahlen vor, die im Auftrag ihres Ministeriums erhoben wurden.

    Demnach hat sich die Anzahl der betroffenen Frauen und Mädchen hierzulande in den vergangenen Jahren aufgrund von Zuwanderung deutlich erhöht. Die meisten stammten aus Eritrea, Somalia, Indonesien, Ägypten und Nigeria. Das Familienministerium schätzt, dass daneben bis zu knapp 15.000 Mädchen in Deutschland von weiblicher Genitalverstümmelung bedroht sind - darunter Mädchen, die auch in zweiter Generation schon hier leben. Giffey sagte, es sei nicht einfach, solche Daten zu erheben. "Es ist ein Straftatbestand, so dass wir uns hier im Rahmen einer Dunkelfeldforschung bewegen." Die Erhebung wurde den Angaben zufolge im Auftrag des Ministeriums nach einer von dem Europäischen Institut für Gleichstellungsfragen entwickelten Methodik erstellt.

    Hinter den abstrakten Zahlen stecken bewegende Schicksale. Spätestens seit dem Welterfolg "Wüstenblume", der Autobiografie der Somalierin Waris Dirie, ist das Thema einer breiten Öffentlichkeit bewusst. In Deutschland setzt sich Fadumo Korn dafür ein, dass es nicht wieder aus dem Bewusstsein verschwindet. Mit ergreifenden Worten beschrieb die vor 40 Jahren aus Somalia nach Deutschland gekommene Vorsitzende des Vereins "NALA e.V. Bildung statt Beschneidung" am Donnerstag in Berlin, was ihr als Kind widerfahren ist.

    "Ich wurde mit sieben Jahren meiner Weiblichkeit beraubt." In der Steppe Somalias sei sie ohne jegliche Narkose und Vorbereitung von zwei Frauen festgehalten worden und mit einer Rasierklinge beschnitten worden. "Man kann sich das nicht vorstellen (...) Es gibt kein Wort, das diesen Schmerz beschreiben kann, wenn man ohne Narkose seine Organe herausgeschnitten bekommt." Sie sei dabei fast gestorben und ins Koma gefallen.

    Fadumo Korn sprach von einer "mächtigen Tradition" in Ländern, in denen die Genitalverstümmelung weiterhin durchgeführt wird. Ihr sei es wichtig, für die zu kämpfen, die keine Stimme hätten. Giffey verwies darauf, dass in den jeweiligen Landessprachen auch durch bestimmte Bezeichnungen suggeriert werde, dass Mädchen mit der grausamen Prozedur etwas Gutes getan werde. So sei von "Saubermachen" die Rede oder von einem "Schritt ins Frau-Sein". Man müsse aufklären. "Weibliche Genitalverstümmelung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und eine archaische Straftat, die Mädchen und Frauen in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung verletzt", sagte die SPD-Politikerin.

    Unterstützung für Betroffene könnten etwa Hebammen leisten. Zudem verwies Giffey auf das bundesweite Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen", das rund um die Uhr auch mit mehrsprachigen Ansprechpartnern erreichbar ist. Die Vorlage der Zahlen nutzte sie auch, um auf die Rechtslage in Deutschland hinzuweisen. In Deutschland ist Genitalverstümmelung strafbar. Täter könnten auch belangt werden, wenn die Tat im Ausland stattgefunden habe. Zudem bestehe die Möglichkeit des Passentzugs, wenn eine Person eine weibliche Beschneidung im Ausland plane. In der Praxis gab es Giffey zufolge aber bisher nur wenige Fälle, in denen das zum Tragen kam.

    Die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Nicole Bauer, sagte, die Bundesregierung tue aktuell nicht genug, um betroffene Mädchen und Frauen zu schützen. "Es muss endlich mehr Aufklärung zu diesem Thema geben, auch als Teil der Integrationskurse, und wirksame Gesetze." Für Betroffene brauche es zudem ein Register von spezialisierten Ärzten, deren Expertise etwa bei Geburten zu Rate gezogen werden könne.

    © dpa-infocom, dpa:200625-99-560005/4 (dpa)

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