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Wissenschaft: Ist die Sonne der Klima-Motor?

Wissenschaft

Ist die Sonne der Klima-Motor?

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    Die Sonne geht unter am Aussichtsturm "Tetraeder" an der Halde Beckstraße in Bottrop. Die Stadt wurde zum Klima-Modellstadt im Ruhrgebiet. dpa
    Die Sonne geht unter am Aussichtsturm "Tetraeder" an der Halde Beckstraße in Bottrop. Die Stadt wurde zum Klima-Modellstadt im Ruhrgebiet. dpa

    Augsburg Provokation verkauft sich gut. Der Autor Thilo Sarrazin hat dies mit seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ unter Beweis gestellt. Jetzt ist wieder ein Buch auf den Markt gekommen, das aneckt. Diesmal geht es um den Klimawandel: „Die kalte Sonne. Warum die Klimakatastrophe nicht stattfindet“. Autor ist Fritz Vahrenholt, ein Manager des Stromriesen RWE und ehemaliger Umweltsenator von Hamburg. Kritiker nennen ihn bereits den „Klima-Sarrazin“.

    Besonders schrill ist die Vermarktung des Buches in der Bild-Zeitung. Ein Artikel Vahrenholts wurde dort unter den Überschriften „Die CO2-Lüge“ und „Stoppt den Wahnsinn mit Solar- und Windkraft“ abgedruckt. Die Berliner tageszeitung befürchtet: „Möglicherweise steht Deutschland vor einer Debatte über den Klimawandel, die ähnlich unfruchtbar, sinnlos und rückwärtsgewandt ist wie die Sarrazin-Diskussion.“

    Wer in das Buch Vahrenholts und seines Co-Autors Sebastian Lüning blickt, stellt allerdings rasch fest, dass es dort nicht mehr so schrill zugeht. „Wir sind weit davon entfernt zu behaupten, dass CO2 keinen Einfluss auf das heutige Klimageschehen hätte“, heißt es dort. „Jedoch können wir zeigen, dass mindestens die Hälfte der Erwärmung der letzten 40 Jahre dem Einfluss der Sonne sowie zyklischen ozeanischen Oszillationen der Weltmeere geschuldet ist.“

    Diese Behauptungen sind nicht neu. Bereits 1997 legte der britische Wissenschaftsautor Nigel Calder ein Buch mit dem Titel „Die launische Sonne widerlegt Klimatheorien“ vor. Darin schrieb er unter Berufung auf dänische Meteorologen, dass die solare Erwärmung einerseits auf „das launische Sonnenverhalten“ zurückzuführen sei, andererseits auf eine schrumpfende Wolkendecke „als Folge eines stärkeren Sonnenwindes, der die kosmische Strahlung von der Erde fernhält“.

    Diese Argumentation findet sich auch bei Vahrenholt: „Es deutet also vieles darauf hin, dass der Klimabeitrag der Sonne über die UV-Strahlung sowie die Wirkungskette Sonnenmagnetfeld/kosmische Strahlung/Wolken verstärkt wird.“

    Geht die Erwärmung weiter, oder wird es sogar kälter?

    Der Weltklimarat IPCC, der von einer überwältigenden Mehrheit der wissenschaftlichen Gemeinde unterstützt wird, gesteht demgegenüber den Sonnenaktivitäten nur einen geringen Einfluss auf die Klimaveränderungen zu. Der Elf-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivitäten verändere die solare Gesamtstrahlung nur um 0,1 Prozent. Hauptverantwortlich für die globale Erwärmung seien vielmehr die Zunahme von Kohlendioxid (CO2) und weiteren Spurengasen in der Atmosphäre. Dadurch heize sich die Erde wie unter einem Treibhausdach auf.

    Vahrenholt behauptet ferner, dass „trotz weiter wachsender CO2-Emissionen die Temperaturen seit 13 Jahren nicht mehr angestiegen“ sind – angeblich eine Folge geringer Sonnenaktivität. Er rechnet sogar „unter dem Strich in 25 Jahren mit einer leichten globalen Abkühlung um 0,2 bis 0,3 Grad Celsius gegenüber heute“. Bis zum Ende des Jahrhunderts gebe es dann einen Wiederanstieg der Temperaturen, allerdings um weniger als 2 Grad.

    Dem steht jedoch entgegen, dass 2010 das weltweit wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Der Weltklimarat erwartet bis zum Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg von 2 bis 7 Grad über das vorindustrielle Niveau. Um einem steigenden Meeresspiegel und weiteren bedrohlichen Folgen vorzubeugen, müsse der Anstieg auf 2 Grad begrenzt werden.

    Die politische Bedeutung von Vahrenholts Entwarnung liegt darin, dass der Umbau des Energiesystems auf erneuerbare Quellen gemächlicher gestaltet werden könnte – wenn seine Theorie stimmt. Aber bekannte Klimaforscher wie Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bestreiten dies vehement.

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