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Wirtschaft: Wegen der Corona-Krise: Steuern brechen dramatisch ein

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Wegen der Corona-Krise: Steuern brechen dramatisch ein

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    Bundesfinanzminister Scholz wagte im Bundestag keine guten Prognosen.
    Bundesfinanzminister Scholz wagte im Bundestag keine guten Prognosen. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Angesichts der dramatischen Kosten für den Kampf gegen das Coronavirus ist eine heftige Debatte über die Finanzierung entbrannt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz musste am Donnerstag in Berlin die Hiobsbotschaft verkünden, dass die Steuereinnahmen zum ersten Mal seit der Finanzkrise 2009 drastisch einbrechen werden. Bund, Länder und Kommunen müssen demnach in diesem Jahr mit 98,6 Milliarden Euro weniger auskommen als geplant. Bis 2024 stehen 316 Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Die Regierung geht von der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte aus.

    Scholz macht für den Rückgang unter anderem Umsatzrückgänge und Kurzarbeit sowie „großzügige Regelungen“ zu Steuerstundungen und Verlustvortrag verantwortlich. Dabei ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. „Das ist nur eine Momentaufnahme, denn der weitere Verlauf der Pandemie kann ja nicht seriös vorhergesagt werden“, warnte Scholz. In der Tat schlummern noch zahlreiche Unwägbarkeiten entlang des Weges hin zu einem Wirtschaftsaufschwung. Die Unternehmen haben trotz der politischen Lockerungen weiter mit Einschränkungen zu kämpfen. Offen ist auch, wie viele Milliarden Euro Deutschland an einzelne EU-Staaten überweisen muss, damit diese nicht im Schuldensumpf versinken. Scholz verwies auf die 819 Milliarden Euro an staatlichen Garantien, „die jetzt Stück für Stück in Anspruch genommen werden“ und schlimmstenfalls auch fällig werden.

    Corona-Krise: Kommunen besonders betroffen

    Besonders betroffen vom Corona-Schock sind die Kommunen. Ihnen brechen allein 13 Milliarden Euro an Gewerbesteuer weg, wie Scholz erklärte. Vor Ort werden die Bürger die Sparzwänge am schärfsten zu spüren bekommen – wenn etwa an Schwimmbädern oder sozialen Einrichtungen gespart wird. Der Bund habe eine „große Verantwortung“, die Kommunen zu stabilisieren, sagte Scholz. Auch einen Rettungsschirm für die Kommunen schloss Scholz nicht aus – der Milliarden kosten würde.

    Ein weiterer Nachtragshaushalt ist deshalb denkbar. Um besser auf Sicht fahren zu können, wird es im September eine Interims-Steuerschätzung geben. Im Juni sollen zudem die Beratungen über ein Konjunkturprogramm beginnen, wie es am Donnerstag auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder noch einmal forderte.

    Geht es nach den Grünen, kommt die Regierung um einen Rettungsschirm nicht herum. „Es ist Zeit, dass der Bund sich an den krisenbedingten Kosten der Kommunen beteiligt“, sagt der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter. „Wir fordern: Überschuldeten Kommunen soll der Bund die zusätzlichen Sozialkosten übernehmen und gemeinsam mit den Ländern umgehend die Problematik der kommunalen Altschulden angehen.“

    Olaf Scholz: Sparpolitik wäre ein "Fehler"

    Sparen will in der Regierung derzeit niemand. Scholz mahnte, eine rigide Sparpolitik wäre ein „konjunktur- und wirtschaftspolitischer Fehler“. Man könne gegen eine Krise nicht ansparen, sondern müsse gegen sie anhalten. Nahezu wortgleich hatte sich am Dienstag Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) geäußert. Das Milliarden-Loch soll in der Krise also mit Milliarden-Ausgaben bekämpft werden.

    Doch wie will sich Scholz das alles leisten? Ohne Einschnitte wird das kaum möglich sein, sagen jedenfalls mahnende Stimmen, die nicht auf eine Wiederwahl schielen müssen. Der Präsident des einflussreichen Verbandes „Die Familienunternehmer“, Reinhold von Eben-Worlée, fordert eine sofortige Ausgabensperre. „Da sich Steuererhöhungen in der Rezession verbieten, ist jetzt der Rotstift rigoros bei den Ausgaben anzusetzen“, sagt er.

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    Der Steuerzahlerbund sieht das genauso. „Alle Krisenprogramme, die heute aufgelegt werden, müssen wir Steuerzahler auch finanzieren“, sagt Präsident Reiner Holznagel und fordert Sparprogramme auf allen staatlichen Ebenen.

    Experte warnt vor Steuererhöhungen

    Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, warnt davor, in der Krise die Steuern zu erhöhen. „Für die nächsten Jahre müssen wir uns darauf konzentrieren, dass das Wirtschaftswachstum wieder anspringt“, sagt er. Erst wenn das geschafft sei, werde zu prüfen sein, ob Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen nötig sind. „Dafür ist jetzt und in naher Zukunft aber der Zeitpunkt falsch.“

    Immerhin einen Lichtblick gibt es: Experten gehen davon aus, dass sich die Staatsfinanzen schnell wieder erholen. Schon 2021 könnten die Steuereinnahmen mit 792,5 Milliarden Euro laut Prognose fast auf Vorkrisenniveau sein.

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