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Wirtschaft: Chinesen greifen nach Augsburger Roboterbauer Kuka

Wirtschaft

Chinesen greifen nach Augsburger Roboterbauer Kuka

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    In Augsburg kontrolliert ein Arbeiter einen Roboter von Kuka: Der chinesische Konzern Midea will den deutschen Roboter- und Anlagenbauer übernehmen.
    In Augsburg kontrolliert ein Arbeiter einen Roboter von Kuka: Der chinesische Konzern Midea will den deutschen Roboter- und Anlagenbauer übernehmen. Foto:  Stefan Puchner/Archiv (dpa)

    Der chinesische Haushaltsgeräte-Hersteller Midea will seinen Anteil am Augsburger Roboterbauer Kuka auf mehr als 30 Prozent erhöhen und größter Aktionär des Unternehmens werden.

    Bisher hält der Kühlschränke oder Klimaanlagen produzierende Konzern mit seinen gut 100 000 Mitarbeitern 13,5 Prozent an der Kuka AG. Um so viele weitere Anteilsscheine an dem Unternehmen einzusammeln, hat Midea jetzt mitgeteilt, im Rahmen eines Übernahmeangebotes Aktionären pro Papier 115 Euro zu zahlen.

    Kuka: Das ist der Augsburger Roboterbauer

    Kuka ist ein Roboter- und Anlagenbauer mit Hauptsitz in Augsburg. In seiner Branche zählt Kuka zu den weltweit führenden Unternehmen. Bei Kuka arbeiten rund 14.256 Mitarbeiter.

    Die Wurzeln von Kuka reichen bis ins Jahr 1898 zurück. Johann Josef Keller und Jakob Knappich gründeten damals das Acetylenwerk Augsburg. Ihr Ziel: die Produktion von kostengünstigen Haus- und Stadtbeleuchtungen. Doch bereits sieben Jahre danach weitete das Unternehmen die Produktion auf die neue Erfindung des Autogen-Schweißens aus.

    Aus den Anfangbuchstaben der Unternehmensbezeichnung "Keller und Knappich Augsburg" entstand schließlich der Name Kuka.

    Kuka wurde 1966 Marktführer bei Kommunalfahrzeugen in Europa. Auch weltweit wurden diese Fahrzeuge für Entsorgungs- und Reinigungsaufgaben bekannt. Der Kuka-Müllwagen war ein Begriff.

    1973 schrieb Kuka Geschichte als Robotik-Pionier und entwickelt den Famulus - den weltweit ersten Industrieroboter mit sechs elektromechanisch angetriebenen Achsen. Das waren die Anfänge der heute auf Roboter- und Anlagenbau konzentrierten Firma.

    Die Aufträge des Unternehmens kommen heute vor allem aus der internationalen Autoindustrie. Immer öfter liefert das Unternehmen aber auch an andere Branchen. Bei Bosch Siemens Hausgeräte in Dillingen helfen die Kuka-Roboter beispielsweise schon lange bei der Produktion der Spülmaschinen. In der Robotersparte machte die Zahl der Aufträge aus der General Industry, also allen Branchen abseits der Autofertigung, 2015 bereits mehr als ein Drittel aller Aufträge aus. Mit der neuen Tochterfirma Swisslog, die unter anderem in der Krankenhauslogistik tätig ist, will sich Kuka nach eigener Aussage noch unabhängiger von der schwankenden Autoindustrie machen.

    Roboter werden immer intelligenter und arbeiten Hand in Hand mit Menschen. Die elektronischen Helfer sind mit einer zunehmend raffinierteren Software und Sensorik ausgestattet. Kuka ist längst auch ein IT-Konzern. Die Verknüpfung von Mechanik, also Robotergehäusen mit Elektronik, Informationstechnologie und selbst entwickelten Steuerungen lassen Kuka-Chef Till Reuter auf neue Kunden hoffen. "Industrie 4.0" heißt das Schlagwort. Die Augsburger gelten hier weltweit als Pioniere.

    Für Kuka geht es seit Jahren aufwärts. 2017 betrug der Umsatz rund 3,5 Milliarden Euro, davon entfallen 1,2 Milliarden auf den Geschäftsbereich Robotics.

    Einer der wichtigsten Wachstumsmärkte von Kuka ist China. Seit 2000 ist Kuka hier präsent. Im Dezember 2013 ging eine neue Fertigungsstätte in Shanghai in Betrieb. In einem Werbespot konnte man sehen, wie sich der in China sehr bekannte deutsche Tischtennisstar Timo Boll mit einem Kuka-Roboter duelliert.

    Die Roboter von Kuka hatten auch schon einen Auftritt im Kino: im James-Bond-Film "Die Another Day".

    Chef des Unternehmens ist Till Reuter. Als er 2009 die Führung des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers übernahm, kannte Till Reuter kaum einer in der Region. Reuter, Jahrgang 1968, hatte zuvor als Wirtschaftsjurist, Rechtsanwalt und Investmentbanker für Adressen wie die Deutsche Bank, Lehman Brothers und Morgan Stanley gearbeitet.

    Nachdem sich die Familie Grenzebach aus dem kleinen nordschwäbischen Ort Hamlar nach einer langen Phase als bestimmender Aktionär zurückgezogen hat, übernahm diese Schlüsselposition das baden-württembergische Familienunternehmen Voith. Der Investor aus Heidenheim hält 25,1 Prozent an dem Roboterbauer, besitzt also eine Sperrminorität. Gegen Voith läuft nichts bei Kuka.

    Ein solches Angebot ist vorgeschrieben, wenn ein Anteilseigner auf über 30 Prozent aufstocken will. Nach Bekanntgabe der Offerte schoss die Kuka-Aktie auf gut 113 Euro in die Höhe, um sich gestern bei Notierungen von 104 Euro einzupendeln. Am Dienstag stand das Papier zeitweise bei 84,4 Euro.

    Den chinesischen Investoren ist damit ein Coup gelungen. Auch wenn sie angedeutet hatten, stärker bei Kuka einsteigen zu wollen, hielten es die Manager lange geheim, wann und wie sie zuschlagen. Angesichts des jetzt extrem hohen Kurses wird es für deutsche Kuka-Aktionäre wie den Heidenheimer Maschinenbauer Voith sehr teuer, die Chinesen im Ringen um die Vorherrschaft bei Kuka auszustechen.

    Das Unternehmen aus Baden-Württemberg hält bisher noch 25,1 Prozent an Kuka und besitzt damit die Sperrminorität. Die Chinesen könnten also gegen Voith keine einschneidenden Schritte durchsetzen. Das gilt jedoch nur dann, wenn der deutsche Investor, der zuletzt in bestimmten Sparten spürbare Probleme hatte, jetzt nicht zu Höchstpreisen Kuka-Aktien verkauft. Dafür gab es gestern aber keine Anhaltspunkte. Voith ließ auf Anfrage nur mitteilen: „Wir beobachten die weitere Entwicklung und werden uns, wenn es etwas von unserer Seite zu sagen gibt, wieder äußern.“

    Midea will wohl 40 bis 50 Prozent von Kuka

    Wie es in Industriekreisen heißt, strebt Midea eine 40- bis 50-prozentige Beteiligung an Kuka an. Damit hätte das Unternehmen aber nicht das vollständige Sagen bei dem Roboterbauer. Dazu müssten die Chinesen nach Darstellung von Aktienrechtlern 75 Prozent des stimmberechtigten Kapitals auf einer Hauptversammlung kontrollieren.

    Die Midea-Manager scheinen auch nicht zu beabsichtigen, Kuka komplett unter die eigene Regie zu bekommen. Konzernchef Paul Fang versicherte im Interview mit unserer Zeitung: „Wir haben nicht vor, das Unternehmen zu beherrschen oder zu übernehmen. Wir sind auf eine intensivierte Partnerschaft aus.“ Kuka-Chef Till Reuter sagte unserer Zeitung: „Wir sehen das Angebot nicht als feindlich an und werden es jetzt erst einmal prüfen.“ Kuka-Kleinaktionäre können nun entweder zu aktuellen Höchstpreisen ihre Papiere ganz regulär über die Börse verkaufen oder darauf spekulieren, dass sich Midea durchsetzt. Dann gibt es 115 Euro pro Papier.

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