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Pandemie: Wieso steigen die Corona-Zahlen im Herbst so stark an?

Pandemie

Wieso steigen die Corona-Zahlen im Herbst so stark an?

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    Ein Patient lässt vor einer Arztpraxis in Berlin einen Abstrich für einen Corona-Test machen. Die höhere Zahl an Tests erklärt nicht den Anstieg der Infektionszahlen.
    Ein Patient lässt vor einer Arztpraxis in Berlin einen Abstrich für einen Corona-Test machen. Die höhere Zahl an Tests erklärt nicht den Anstieg der Infektionszahlen. Foto: Kay Nietfeld, dpa (Symbolbild)

    Die Corona-Pandemie ist nicht vorbei – im Gegenteil. Steigende Fallzahlen im gesamten Bundesgebiet sowie immer mehr lokale Risikogebiete zeigen, dass Deutschland mitten in einer zweiten Infektionswelle steckt. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut 6638 Neuinfektionen – so viele wie nie zuvor seit Ausbruch der Pandemie. Teils hatten Mediziner das vorausgesagt, dennoch überrascht die aktuelle Dramatik – vor allem angesichts der Maßnahmen, die den Verlauf der Pandemie eindämmen sollen.

    Corona: Kontaktverfolgung "bald nicht mehr möglich"

    Nach Einschätzung von Dietrich Rothenbacher, Leiter des Instituts für Epidemiologie der Universität Ulm, ist die Situation aktuell „besorgniserregend“. Er  sagte unserer Redaktion: „Es wird den Gesundheitsämtern bald nicht mehr möglich sein, Kontaktpersonen schnell zu verfolgen.“ Die Lage sei „sehr viel schwieriger zu kontrollieren als im Frühjahr“, da nun nicht mehr nur einzelne Infektionsherde entstünden, die leichter zu isolieren sind. Stattdessen hätten sich in den vergangenen Monaten die infizierten Personen immer weiter über das gesamte Bundesgebiet verteilt, sodass die Zahlen auch in der Fläche stiegen. Dass sie das nun – anders als im Sommer – trotz geltender Vorsichtsmaßnahmen tun, liege nur zu einem sehr kleinen Teil daran, dass die Länder mehr testen.

    Zwar stiegen bundesweit im Laufe der Zeit die Testzahlen von anfangs rund 300 000 auf über eine Million pro Woche. Jedoch ist die Gesamtzahl an Tests seit einigen Wochen kaum verändert – die positiven Ergebnisse haben sich aber seit Anfang September verdreifacht. Der Anteil positiver Tests betrug im Sommer 0,6 Prozent, inzwischen ist er auf 2,5 Prozent gestiegen.

    Markus Söder hält an Beherbergungsverbot für Risikogebiete fest

    Die Bayerische Staatsregierung hat deswegen nun schärfere Corona-Regeln beschlossen. „Das Virus wird uns – so fürchte ich – den ganzen Winter beschäftigen“, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Donnerstag in München. „Corona ist kein Krieg, sondern eine Geduldssache, eine echte Geduldssache“, betonte er aber auch. „Wenn wir mit ein bisschen Disziplin arbeiten, ersparen wir uns Schlimmeres.“ Mitmachen müsse dafür jeder Einzelne.

    Zum umstrittenen Beherbergungsverbot für Reisende aus Corona-Hotspots äußerte sich Söder ebenfalls. In Bayern bleibt das Übernachtungsverbot bis auf Weiteres in Kraft. Die Regelung soll aber bis nach den Herbstferien regelmäßig überprüft werden, etwa in Hinblick auf die weitere Entwicklung von Risikogebieten und das Vorgehen anderer Bundesländer – und mit Blick auf zwei Urteile in Baden-Württemberg und Niedersachsen. Denn in Baden-Württemberg setzte der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim das Verbot außer Vollzug, weil es ein unverhältnismäßiger Einschnitt in das Grundrecht auf Freizügigkeit sei. Auch in Niedersachsen erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg das Verbot für rechtswidrig. Beide Entscheidungen sind nicht anfechtbar. In Sachsen kündigte die Regierung nach einem Gespräch mit Landräten und Bürgermeistern an, die Regelung ab Samstag aufzuheben.

    Trotz hoher Infektionszahlen: Bayern will Grenzen zu Österreich und Tschechien offen halten

    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten bei ihren Beratungen am Mittwoch in Berlin keine Einigkeit zu den Beherbergungsverboten erzielen können und einen Beschluss bis nach den Herbstferien vertagt. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) drang am Donnerstag in München darauf, dass bei den nächsten Beratungen am 8. oder 9. November „eine bundesweit tragfähige Lösung für alle kommt, die aber auch der Situation angemessen ist“. Söder betonte grundsätzlich: „Es ist keine gute Zeit, kreuz und quer durchs Land zu reisen.“

    Trotz der massiv steigenden Corona-Infektionen in Österreich und Tschechien will Bayern die Grenzen offen halten. Söder kündigte aber Gespräche über ein „Test-Management“ im Grenzraum an. So solle geprüft werden, wie etwa mit Tests für Grenzpendler verfahren werden könne. Er betonte, dass ihm die Lage in den Nachbarländern große Sorgen bereite und er darüber „in den nächsten Wochen“ auch mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis sprechen wolle. Das Land hatte Bayern um Hilfe bei der Behandlung von Corona-Intensivpatienten gebeten, die nun im Freistaat aufgenommen und medizinisch versorgt werden.

    Deutschlandweit infizierten sich im Schnitt zuletzt 34 Menschen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche mit dem Virus. Das Robert-Koch-Institut führt einen Teil der Infektionen nach wie vor auf Reiserückkehrer zurück – jedoch weit weniger als in der Urlaubssaison. Auch private Feiern verursachten viele Infektionen.

    Eine große Rolle bei der Übertragung von Coronaviren spielen Aerosole, kleine Partikel, die sich in der Luft verteilen. Durch sie ist eine Übertragung über größere Abstände möglich, nämlich dann, wenn viele Personen in unzureichend belüfteten Innenräumen zusammenkommen – ein Szenario, das vor allem in den kalten Monaten des Jahres auftritt. (mit dpa)

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