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Weihnachtsmarkt-Anschlag: Staat will Terroropfer besser entschädigen

Weihnachtsmarkt-Anschlag

Staat will Terroropfer besser entschädigen

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    Nach dem Anschlag in Berlin hatten Hinterbliebene und Verletzte Behörden-Wirrwarr und Bürokratie beklagt.
    Nach dem Anschlag in Berlin hatten Hinterbliebene und Verletzte Behörden-Wirrwarr und Bürokratie beklagt. Foto:  Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Der Lastwagen machte den Unterschied. Er bedeutete für die Opfer und Hinterbliebenen des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz eine höhere Entschädigungssumme. Weil der tunesische Attentäter Anis Amri einen Sattelschlepper als Mordwaffe benutzt hatte, erhielten die Betroffenen eine Entschädigung nicht nur aus dem Härtefonds des Bundes und nach dem Opferentschädigungsgesetz, sondern auch von der Verkehrsopferhilfe, einer freiwilligen Leistung der Autoversicherer. Hätte Amri eine Bombe gezündet oder mit einer Waffe um sich geschossen, wäre diese Quelle versperrt gewesen.

    Als Konsequenz forderte der von der Bundesregierung berufene Opferbeauftragte, der frühere rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), eine deutliche Erhöhung der Entschädigungssummen für die Opfer von Terroranschlägen. Im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, sowie zu Israel und den USA, befände sich Deutschland im unteren Mittelfeld, sagte Beck bei der Vorstellung seines Abschlussberichts, den er zuvor bei einer Sitzung des Bundeskabinetts erläutert hatte. Zum einen sollten die Entschädigungen für die Hinterbliebenen wie die bei einem Attentat Verletzten deutlich erhöht werden, zum anderen dürfe es keine Rolle spielen, mit welcher Waffe der Anschlag begangen wurde. 10 000 Euro für den Verlust eines Ehepartners oder 5000 Euro für den Tod eines nahen Verwandten seien entschieden zu wenig. Es müsse verhindert werden, dass die Opfer auch noch in materielle Not gerieten.

    Bei dem Anschlag am Abend des 19. Dezember 2016 waren zwölf Menschen getötet und annähernd 100 verletzt worden, einige von ihnen so schwer, dass sie bis an ihr Lebensende Pflegefälle bleiben werden. Viele kämpfen heute noch mit den psychischen Belastungen und sind aufgrund der traumatisierenden Ereignisse arbeitsunfähig.

    Als weitere Konsequenz forderte Beck, unmittelbar nach einem Anschlag einen gut sichtbaren und erkennbaren Ort zu schaffen, wo Menschen Aufnahme finden und beispielsweise bei der Suche nach Angehörigen unterstützt werden. Es dürfe nicht sein, dass Menschen die ganze Nacht herumirren und von Krankenhaus zu Krankenhaus ziehen, ohne zu erfahren, wo sich ihre Angehörigen befinden. Es biete sich an, die im Frühjahr eingerichtete Stelle des Opferbeauftragten in Bereitschaft zu halten, um sie im Notfall sofort aktivieren zu können.

    Beck: Identifizierung der Toten hat zu lange gedauert

    Ausdrücklich kritisierte Beck, dass die Identifizierung der Toten zu lange gedauert habe und die Berliner Charité nach der Obduktion den Hinterbliebenen Rechnungen für die Untersuchung der Toten einschließlich Mahnbescheiden und Inkassohinweisen geschickt habe. Dass die Angehörigen bis zu drei Tage warten mussten, ehe die Toten offiziell identifiziert waren, obwohl teilweise sogar die Ausweispapiere vorlagen, sei eine furchtbare Erfahrung gewesen. Beck plädierte für eine vorläufige Identifizierung, um den Angehörigen so schnell wie möglich Orientierung zu geben.

    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sicherte zu, die Forderungen rasch umzusetzen. Zudem bestehe Einigkeit, die Entschädigungsleistungen zu erhöhen. Bislang wurden nach seinen Angaben rund zwei Millionen Euro ausbezahlt. Dagegen kritisierten die Opfer in einem offenen Brief Kanzlerin Merkel und warfen ihr vor, bislang nicht das Gespräch mit ihnen gesucht zu haben. Am 18. Dezember will sich die Regierungschefin nun mit den Angehörigen und den beim Anschlag Verletzten im Kanzleramt treffen.

    Wie die Behörden versagt haben, steht im Kommentar. Das traurige Schicksal einer Familie, deren Mutter starb, lesen Sie auf der Politik.

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