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Wegen Umgang mit Julia Timoschenko: Politiker wollen EM in der Ukraine boykottieren

Wegen Umgang mit Julia Timoschenko

Politiker wollen EM in der Ukraine boykottieren

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    Kanzlerin Angela Merkel und ihr Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU). dpa
    Kanzlerin Angela Merkel und ihr Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU). dpa

    Als erstes Mitglied der Bundesregierung hat sich Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) offen gegen Besuche prominenter Politiker bei der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine ausgesprochen. Zuvor war bekannt geworden, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (einen politischen Boykott der EM erwägt. Sollte die in der Haft erkrankte Oppositionsführerin Julia Timoschenko nicht freigelassen werden, will Merkel ihren Ministern laut Spiegel empfehlen, den Spielen in der Ukraine fernzubleiben. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte alle Politiker zum Boykott auf, sollte Kiew hart bleiben.

    Röttgen ist gegen Besuche der Fußball-EM

    „Es muss unbedingt verhindert werden, dass das ukrainische Regime die EM zur Aufwertung seiner Diktatur nutzt“, sagte Röttgen der Bild-Zeitung. „Deshalb finde ich, dass Besuche von Ministern und Ministerpräsidenten zur EM nach jetzigem Stand nicht infrage kommen.“ Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich schockiert über den Umgang mit Timoschenko, die seit längerem über starke Rückenschmerzen klagt. Ihr werde „entgegen aller rechtlicher und moralischer Pflichten in der Ukraine eine angemessene medizinische Behandlung verweigert“.

    Die Ukraine trägt gemeinsam mit Polen die am 8. Juni beginnende Fußball-EM aus. Julia Timoschenko, die Widersacherin von Präsident Viktor Janukowitsch, befindet sich nach eigenen Angaben seit dem 20. April im Hungerstreik. Die 51-Jährige wirft dem Staat Foltermethoden in der Haft vor, weil sie nicht ordnungsgemäß behandelt werde.

    Timoschenko: Ein dramatischer Appell der Tochter

    Timoschenkos Tochter Jewgenija forderte die Bundesregierung in einem dramatischen Appell auf, das Leben ihrer Mutter zu retten. „Wenn sie stirbt, stirbt auch die Demokratie“, sagte sie.

    Zehn Fakten zur Ukraine

    Die Ukraine wurde nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 unabhängig. Die Hauptstadt ist Kiew. Die Ukraine ist mit 603.700 Quadratkilometern der größte Flächenstaat in Europa. Zum Vergleich: Die Bundesrepublik misst 357.121Quadratkilometer.

    Die Ukraine war zusammen mit Polen der Austragungsort der Fußball-Europameisterschaft 2012. Spielstätten in der Ukraine waren: Die Hauptstadt Kiew, Donezk im Südosten, Lemberg (Lwiw) in der Westukraine und Charkow im Nordosten des Landes.

    Staatsoberhaupt der Ukraine ist seit 2010 Präsident Wiktor Janukowytsch. Sein Vorgänger im Amt war Wiktor Juschtschenko, der 2004 als ein Held der Orangenen Revolution international bekannt wurde.

    Julia Timoschenko: Julia Timoschenko war von Januar bis September 2005 und von Dezember 2007 bis März 2010 Ministerpräsidentin der Ukraine unter Präsident Wiktor Juschtschenko. Seit August 2011 befindet sich die 51-Jährige mit der charakteristischen Zopffrisur in Haft.

    Die Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist eine Autonome Republik innerhalb der Ukraine. Sie hat rund zwei Millionen Einwohner und ist 26.100 Quadratkilometer groß. Die größte Stadt der Krim ist Sewastopol.

    Die Stadt Odessa, im Südwesten des Landes an der Schwarzmeerküste gelegen, gilt als ein Zentrum der Liberalen und Intellektuellen. Odessa hat rund eine Million Einwohner.

    Die Ukraine ist innerhalb des Landes in vielfacher Hinsicht gespalten. Der Fluss Dnepr, an dem die Stadt Dnipropetrowsk liegt, gilt als die geographische Trennlinie des Landes. Westlich ist die Nähe zu Europa und der Europäischen Union deutlich stärker ausgeprägt als im Osten, der die Nähe zu Russland pflegt.

    Die Ukraine galt zu Stalins Zeiten wegen ihrer fruchtbaren Schwarzböden als die "Kornkammer" der Sowjetunion. Als Stalin die Landwirtschaft kollektivierte, brach in den 1920 Jahren eine Hungersnot aus, die bis heute einen bestimmenden Platz im nationalen Gedächtnis der Ukraine hat.

    Fußballerisch erzielten die Ukrainer ihren bisher größten Erfolg bei er EM 2006: Die ukrainische Mannschaft erreichte das Viertelfinale.

    Die Boxer Wladimir und Vitali Klitschko haben für die Ukraine den Weltmeistertitel im Schwergewicht geholt.

    Scharfe Kritik an Kanzlerin Merkel kam dagegen aus Kiew. Sie habe offenbar für einen Moment „vergessen“, dass sie die Bundesrepublik und nicht die Ukraine regiere, betonte Wassili Kisseljow von der Partei der Regionen des ukrainischen Präsidenten Janukowitsch. Die Äußerungen Merkels seien eine „ungenierte Einmischung in die inneren Angelegenheiten“.

    Scharfe Kritik an der Ukraine äußerte dagegen der russische Präsident Dmitri Medwedew. Die Inhaftierung der Oppositionsführerin sei „völlig inakzeptabel“ und werfe einen tiefen Schatten auf das Nachbarland, sagte er bei einem Treffen mit Menschenrechtlern in Moskau.

    Bayern-München-Präsident Uli Hoeneß ermutigte die deutschen Nationalspieler, ihre Solidarität mit ukrainischen Regierungskritikern zu bekunden. „Ich hätte Respekt vor jedem Spieler, der öffentlich Stellung zu diesem Thema bezieht.“

    Nach der Bombenserie in Timoschenkos Heimatstadt Dnjepropetrowsk, wo am Freitag 30 Menschen verletzt wurden, hat der Geheimdienst SBU gestern Phantombilder von drei Verdächtigen veröffentlicht. dpa, afp, AZ

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