"Die Krankenhäuser sind voll", warnte vergangene Woche der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Daraus folgt: Es könnte ein Szenario eintreten, bei dem nicht mehr alle Patientinnen und Patienten behandelt werden können. Dann muss entschieden werden, wer noch ein Bett auf der Intensivstation bekommt und wer nicht. Stichwort: Triage. Aber wer entscheidet das? Und auf Grundlage welcher Kriterien? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist Triage? Bedeutung erklärt
Das Wort kommt aus dem Französischen. Übersetzt heißt es so viel wie "Auswahl". Im medizinischen Kontext bedeutet das: Ärztinnen und Ärzte können – oder vielmehr: müssen – entscheiden, wer weiter behandelt wird und wer nicht.
Warum braucht es überhaupt eine Triage?
Grundsätzlich gilt in Deutschland: Jeder Patient, jede Patientin ist gleich viel wert. Wer behandelt werden muss, wird in ein Krankenhaus aufgenommen. Doch kann in Ausnahmefällen wie Naturkatastrophen oder eben einer Pandemie der Fall eintreten, dass die Krankenhäuser die hohe Zahl an Kranken nicht mehr stemmen können. Und dann ist im Zweifel nicht mehr jede Patientin, jeder Patient gleich viel wert. Ärztinnen und Ärzte müssen abwägen, wer die besten Heilungschancen hat. Damit sollen so viele Menschen wie möglich gerettet werden.
Wann und nach welchen Kriterien entschieden wird, ist nicht im Gesetz festgelegt. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) hat deshalb einen Leitfaden zur Triage während der Corona-Pandemie erarbeitet. Sie soll den Ärztinnen und Ärzten die Entscheidung erleichtern und möglichst einheitliche, ethische Standards setzen. "Ein solches Vorgehen kann die beteiligten Teams entlasten und das Vertrauen der Bevölkerung in das Krisenmanagement in den Krankenhäusern stärken", schreiben die Intensivmediziner in dem Papier. "Die Priorisierungen erfolgen dabei ausdrücklich nicht in der Absicht, Menschen oder Menschenleben zu bewerten, sondern mit der Zielsetzung, mit den (begrenzten) Ressourcen möglichst vielen Patienten eine Teilhabe an der medizinischen Versorgung unter Krisenbedingungen zu ermöglichen."
Wann tritt die Triage in Deutschland ein?
Sollten nicht genügend Intensivbetten und Beatmungsgeräte zur Verfügung stehen, prüfen die Krankenhäuser zunächst, ob Patientinnen und Patienten auf andere Stationen verlegt werden können.
Ist das nicht mehr möglich, werden die Kapazitäten in den umliegenden Kliniken erfragt und die Kranken mitunter dorthin transportiert. Erst wenn auch das nicht mehr möglich ist, kommt eine Triage laut Divi in Betracht.
Wer entscheidet darüber, wer behandelt wird und wer nicht?
Der Leitfaden der Divi sieht vor, dass mindestens zwei Ärztinnen oder Ärzte an der Entscheidung beteiligt sein müssen. Sie sollen bestenfalls einstimmig urteilen, so die Divi.
Wie läuft die Entscheidung über eine Triage ab?
"Die Priorisierung von Patienten soll sich deshalb am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht orientieren", schreibt die Divi. "Dabei werden – wenn nicht anders vermeidbar – diejenigen Patienten nicht intensivmedizinisch behandelt, bei denen nur eine sehr geringe Aussicht besteht zu überleben." Dies schließt alle Intensivpatienten ein. Nicht nur jene, die an einer Corona-Infektion leiden.
Die Medizinerinnen und Mediziner nehmen dabei den Schweregrad der aktuellen Erkrankungin den Blick sowie mögliche Begleiterkrankungen. Eine weit fortgeschrittene Krebserkrankung oder schwere Leberschäden könnten dazu führen, niedriger priorisiert zu werden.
Wie ist die Lage in Augsburg, droht hier eine Triage?
"Wir sind jetzt an einem Punkt angekommen, wo wahrscheinlich triagiert werden muss – wo der Unfallpatient mit dem Corona-Patienten in Konkurrenz um ein Intensivbett treten muss", sagte kürzlich der Augsburger Landrat Sailer. Die Uniklinik bestätigte auf Nachfrage, dass man sich bereits auf ein solches Szenario vorbereite.
Kam es in Deutschland schon mal zur Triage?
Bisher nicht. Zumindest nicht seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Während der Kriegsjahre war es tatsächlich üblich, dass schwer verletzte Soldaten nicht mehr behandelt wurden.