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Cambridge Analytica: Was hinter dem Politskandal um Facebook steckt

Cambridge Analytica

Was hinter dem Politskandal um Facebook steckt

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    Das britische Parlament will Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wegen eines „katastrophalen Vorgang des Versagens“ persönlich vorladen.
    Das britische Parlament will Facebook-Gründer Mark Zuckerberg wegen eines „katastrophalen Vorgang des Versagens“ persönlich vorladen. Foto: Alberto Estévez, dpa (Archiv)

    Anfangs hielten viele in den USA und auch in Europa den obersten Digitalstrategen in Donald Trumps Wahlkampfteam für einen Spinner und Angeber. Der 42-jährige Brite Alexander Nix hatte ein paar Monate nach der Wahl auf einem Internet-Kongress nicht nur einen Gutteil von Trumps Überraschungserfolg für sich beansprucht. Der ehemalige Finanzanalyst verblüffte seine Zuhörer auch mit der Aussage, sein Unternehmen mit dem wohlklingendem Namen „Cambridge Analytica“ habe mithilfe von Millionen Facebook-Profilen und anderen Daten für fast jeden US-Bürger ein Psychoprofil erstellt, mit dem es individuell und namentlich dessen Wahlentscheidung berechnen und vorhersagen könne.

    Vergangenen Sommer taten dies viele Experten und Kommentatoren noch als Verschwörungstheorie ab – nach dem Motto, man könne nicht „dem Internet“ oder „Big Data“ die Schuld für das Phänomen Trump zuschieben. Auch eine entsprechende – im Internet zigtausendfach geteilte – Enthüllungsgeschichte über „Cambridge Analytica“ zweier Schweizer Journalisten des Tagesanzeigers, wurde von vielen anderen Medien belächelt. Seit dieser Woche dürfte das vorbei sein: Nachdem ein früherer Mitarbeiter von „Cambridge Analytica“ als „Whistleblower“ über die Betriebsgeheimnisse und genauen Arbeitsweisen ausgepackt hatte, stürzte die Aktie von Facebook um sieben Prozent ab.

    Facebook steckt tief in der Krise

    Mark Zuckerbergs Internetriese steckt damit endgültig in der tiefen Krise aus Skandalen, in die das Unternehmen mit der Verbreitung von Fake-News, russischen Wahleinflussnahmen und Hasskommentaren schlitterte. Denn „Cambridge Analytica“ konnte sich nach Angaben des Insiders Christopher Wylie mit ein paar Tricks die Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern ausspähen und für Trumps US-Wahlkampf instrumentalisieren.

    Mithilfe des Vorhersagewerkzeugs, ob ein bestimmter Wähler mit großer Wahrscheinlichkeit Trump wählen würde, konnten die Wahlkämpfer ihren Einsatz effizient und zielgerichtet planen: Denn bei den US-Wahlen kommt es vor allem auf die Mobilisierung an. Es geht darum, die eigenen Anhänger zu motivieren, tatsächlich zur Wahl zu gehen und ihre Stimme abzugeben. Wylie verriet, wie das Vorhersage-Werkzeug technisch genau funktionierte: Wie bereits die Tagesanzeiger-Journalisten geschrieben hatten, basiert die Technik auf einem Modell des britischen Marketing-Professors Michal Kosinski. Er verknüpfte Ergebnisse eines weit verbreiteten psychologischen Persönlichkeits-Fragetests mit den damals noch öffentlich sichtbaren Likes auf Facebookprofilen.

    Mit dem wissenschaftlichen Fragebogen wird die Persönlichkeit eines Menschen definiert: Ob er eher konservativ oder neugierig ist, zurückhaltend oder gesellig, emotional oder selbstbeherrscht. Nach zigtausenden Abgleichen von Fragebogen-Ergebnissen und Facebook-Profilen stieß Kosinski auf stets wiederkehrende Muster. Aus knapp 70 Facebook-Likes kann er mit über 80 Prozent Wahrscheinlichkeit sagen, welche Partei ein Facebook-Nutzer wählt. Ähnliches gilt für Intelligenz, Religion, sexuelle Orientierung oder Alkoholkonsum. Mit 300 Likes könne die Technik das Verhalten eines Menschen besser vorhersagen als dessen Ehepartner.

    Alexander Nix von Cambridge Analytics wurde suspendiert

    Ein Kollege Kosinskis machte aus dem Modell eine Facebook-App, die als amüsantes Persönlichkeitsquiz daherkam. Wie dieNew York Times und der britische Observer berichten, finanzierte „Cambridge Analytica“ die Werbung und Verbreitung der App namens „Thisisyourdigitallife“. Um den Test machen zu dürfen, musste der Nutzer ein Facebook-Konto haben und sich als US-Wähler ausweisen. Binnen weniger Monate hatte die Firma hunderttausende Wählerprofile. Und nicht nur das: Laut Observer saugte sie Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern ab, in dem sie auch auf die verlinkten Freundesprofile der App-Nutzer zugriff. So konnte „Cambridge Analytica“ wohl jeden vierten US-Wähler ausspionieren und Trumps Wahlkampf insbesondere in den hart umkämpften Bundesstaaten optimieren. Mit Erfolg – der Milliardär holte in mehreren „Swing States“ für viele Beobachter überraschende Siege.

    Der Chef von „Cambridge Analytica“, Alexander Nix, verteidigte die Datenanalyse einmal mit den Worten: „In entwickelten Demokratien hat jede Partei das Recht, die beste Technologie zu nutzen, die sie sich leisten kann. Wir bieten sie an.“ Retten konnte ihn das nicht - Nix wurde am Dienstagabend suspendiert. Er werde bis zu einer vollständigen, unabhängigen Untersuchung mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe entbunden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit.

    Facebook beendet Zusammenarbeit mit „Cambridge Analytica“

    Facebook beendete am Freitag die Zusammenarbeit mit „Cambridge Analytica“ wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundsätze. Doch der Internetriese steht nun unter großem Druck: Das britische Parlament will Gründer Mark Zuckerberg in der Affäre persönlich vorladen: Der zuständige Ausschussvorsitzende Damian Collins sprach von einem „katastrophalen Vorgang des Versagens“. Auch das EU-Parlament fordert Aufklärung von Zuckerberg. Zudem soll es Streit in der Facebook-Spitze geben Die New York Times berichtet, dass Sicherheitschef Alex Stamos Facebook verlassen wolle, weil das Management nicht offen genug mit der Russland-Affäre umgehe.

    Auch in Deutschland wird Kritik laut: „Die Problematik der Zusammenarbeit von Facebook mit oftmals fragwürdigen Drittanbietern ist seit Jahren bekannt“, sagte der Grünen-Digital-Experte Konstantin von Notz unserer Zeitung. „Bis heute hält sich Facebook mit Hinweis auf die eigene Multinationalität nicht an deutsches Recht, nicht einmal an unsere Verfassung. Und bis heute toleriert die Bundesregierung dieses Vorgehen.“ Gerade Facebook sei über Jahre signalisiert worden, dass es von der Bundesregierung nichts zu befürchten habe. „Wer so agiert, darf sich nicht über anhaltende Datenskandale wundern“, kritisiert der Grünen-Politiker. „Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass sich auch Facebook an klare rechtliche Vorgaben hält.“

    SPD-Justizministerin Katarina Barley forderte eine Erklärung von Facebook: „Solche Wahlkampfmethoden können die Meinungsbildung verzerren und eine Gefahr für die Demokratie werden“, sagte sie.

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