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Corona-Aufbauhilfe: Warum das EU-Parlament gegen das Milliarden-Programm rebelliert

Corona-Aufbauhilfe

Warum das EU-Parlament gegen das Milliarden-Programm rebelliert

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    Wie reagiert das Europa-Parlament auf das billionen-schwere Etatpaket der Staats- und Regierungschefs? Vielen Abgeordneten kommen die Zukunftsthemen wie die Energiewende zu kurz.
    Wie reagiert das Europa-Parlament auf das billionen-schwere Etatpaket der Staats- und Regierungschefs? Vielen Abgeordneten kommen die Zukunftsthemen wie die Energiewende zu kurz. Foto: Patrick Seger, dpa

    Vor gerade mal zwei Tagen feierten die europäischen Staats- und Regierungschefs sich noch selbst – und ihre Einigung zum Aufbau-Fonds und Etat-Entwurf. Aber schon an diesem Donnerstag dürfte die Euphorie dahin sein, denn das Europäische Parlament rebelliert.

    Die Abgeordneten seien „nicht bereit, die politische Einigung über den mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 in seiner jetzigen Form zu akzeptieren“, heißt es in einer Resolution, die in seltener Eintracht von Christ- und Sozialdemokraten, Grünen, Liberalen und anderen Fraktionen mitgetragen wird. Die Volksvertreter werfen den Staatenlenkern offen vor, „dass allzu oft das ausschließliche Festhalten an nationalen Interessen und Positionen das Erreichen gemeinsamer Lösungen im Interesse aller gefährdet“.

    Die geplanten Kürzungen im 1074-Milliarden-Euro-Haushalt liefen „den Zielen der Europäischen Union zuwider“. Und gegen jede Erwartung des EU-Gipfels, die Abgeordneten würden den Beschluss der Staats- und Regierungschefs nach ein paar Schaukämpfen durchwinken, macht das Parlament klar, man werde „keine vollendeten Tatsachen absegnen und ist bereit, seine Zustimmung zu verweigern“.

    Kommission feiert Erfolg, Parlamentarier sind sauer

    Während am Mittwoch Sprecher der EU-Kommission jede Kritik an den Vereinbarungen zu Aufbau-Fonds und Haushaltsbeschluss mit den Worten zurückwiesen, das „Ergebnis kann man nicht bitter nennen, es ist ein großer Erfolg“, sind die Volksvertreter gelinde gesagt sauer. „Mit ihren Gipfelbeschlüssen haben die Staats- und Regierungschefs große Teile der lange bekannten Positionen des Parlamentes zum EU-Haushalt ignoriert“, betonte der Grüne Sven Giegold. „Die Resolution zeigt, dass das Europaparlament kein Abnick-Parlament für die Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs ist“, sagte die Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Parlament, Ingrid Niebler.

    Neben dem Etat steht auch das 750 Milliarden Euro schwere Paket zur Bekämpfung des wirtschaftlichen Einbruchs infolge der Pandemie unter Feuer. „Das läuft auf ein Sammelsurium von 27 nationalen Programmen hinaus, die zulasten des regulären EU-Etats finanziert werden“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU in der europäischen Abgeordnetenkammer, Markus Pieper, gegenüber unserer Redaktion. „Ohne eine Garantie für die Finanzierung von Zukunftsthemen wie der Energiewende können wir weder den Aufbau-Fonds noch den EU-Haushalt durchgehen lassen.“ Das sieht auch Niebler so: „Insbesondere bei Forschung, Erasmus und der Klausel zur Rechtsstaatlichkeit reichen die Gipfelergebnisse nicht.“

    Nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen

    Nach dem scharfen Text der Resolution dürften die nun anstehenden Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten und dem Parlament nicht einfach werden. Spätestens Anfang September soll dann im Parlament über das Paket entschieden werden. Dann haben die Abgeordneten aber nur noch eingeschränkte Möglichkeiten: Sie können den Deal nur als Ganzes ablehnen oder annehmen, nicht aber einzelne Teile herauslösen. Jede Entscheidung ist bindend, denn das Parlament hat in Haushaltsfragen ein Vetorecht. Ob die Abgeordneten es wirklich wagen, die Rote Karte zu ziehen?

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