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Wahlsieger: Alles hört auf Seehofer

Wahlsieger

Alles hört auf Seehofer

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    CSU-Vorsitzender Horst Seehofer ist in seiner Position als  bayerischer Ministerpräsident unangefochtener als je zuvor.
    CSU-Vorsitzender Horst Seehofer ist in seiner Position als bayerischer Ministerpräsident unangefochtener als je zuvor. Foto: Inga Kjer, dpa

    Horst Seehofer hat ein neues Vorbild: Jupp Heynckes. So wie der große Fußball-Lehrer die Mannschaft des FC Bayern München weiterentwickelt, geformt und schließlich zu drei Titeln in einer Saison geführt hat, so will Seehofer die CSU weiterentwickeln, formen und zu noch größeren Erfolgen führen. Die Rückeroberung der absoluten Mehrheit in Bayern war für ihn offenkundig erst der Anfang.

    Der 64-Jährige, der sich längst in einer Reihe mit Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber sieht, hat sich für die kommenden fünf Jahre noch etwas mehr vorgenommen. Er wolle, so sagt Seehofer, jenen Wissenschaftlern, die schon den Tod der Volksparteien vorhergesagt haben, „den Gegenbeweis liefern, dass es an den Volksparteien selbst liegt, ob sie leben oder nicht“. Und dann fügt er am Tag nach dem Wahltriumph, nach einer kurzen Pause, noch einen Satz hinzu, der die ganze Dimension seines ehrgeizigen Projekts enthüllt: „Wir sind da auf dem Weg zur Perfektion.“

    Reaktionen auf die Landtagswahl 2013

    Ministerpräsident Horst Seehofer: «Damit ist das Jahr 2008 Geschichte, liebe Freunde. Wir sind wieder da.»

    Ministerpräsident Horst Seehofer: «Es war eine mörderische Arbeit.»

    Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber: «Glückwunsch an Horst Seehofer, Mission erfüllt.» (Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber gratuliert dem CSU-Parteivorsitzenden Horst Seehofer.)

    SPD-Spitzenkanididat Christian Ude: «Es geht wieder aufwärts.»

    SPD-Vorsitzender Sigmar Gabriel: «Sie haben die Parolen, die Wahllügen der FDP durchschaut und sie aus dem bayerischen Landtag geworfen.»

    SPD-Spitzenkandidat Christian Ude: «Ich denke schon, dass für alle kleinen Parteien die Lehre sehr wichtig ist, dass man eine Koalition mit der CSU nicht überlebt.»

    Grünen Vorsitzende Claudia Roth: «Schwarz-Gelb hat heute die Wahl nicht gewonnen und das wollen wir am nächsten Sonntag auch erreichen.»

    Jürgen Trittin, Grünen-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl: «Man sollte uns Grünen nicht unterschätzen - wir sind seit unserer Gründung Gegenwind gewohnt.»

    Hubert Aiwanger, Spitzenkandidat und Vorsitzender der Freien Wähler: «Wir haben unsere Themen setzen können, und für uns ändert sich damit nicht so viel. (...) Wir lassen die Ärmel hochgekrempelt und arbeiten weiter. Ich bin hier ganz frohen Mutes.»

    FDP-Spitzenkandidat Martin Zeil: «Es ist offensichtlich schwer für einen kleinen Koalitionspartner, seine Erfolge in der Regierung zum Tragen zu bringen»

    FDP-Vorsitzender Philipp Rösler: «In Bayern ticken die Uhren anders.»

    Ministerpräsident Horst Seehofer: «Damit ist das Jahr 2008 Geschichte, liebe Freunde. Wir sind wieder da.»

    Ministerpräsident Horst Seehofer: «Wir werden die Pkw-Maut nicht aufgeben, sondern durchsetzen. Ich fühle mich in der Verantwortung, meine im Wahlkampf gegebenen Versprechen umzusetzen.» (dpa)

    Sichtbar hin- und hergerissen zwischen selbst verordneter Demut und neu gewonnener Stärke spricht Seehofer bei der obligatorischen Pressekonferenz nach der Sitzung des CSU-Vorstands. Er beginnt mit einem fast überschwänglichen Lob für die Partei. Als Hauptgrund für den Wahlerfolg benennt er „das Wirken unserer CSU-Basis in allen Landesteilen Bayerns“. Niemand kenne „die bayerische Lebensart, das bayerische Lebensgefühl, die Sorgen, Ängste und Erwartungen der Bevölkerung“ so gut wie die CSU. Sie habe mit ihren Themen die Gefühlswelt der Bayern getroffen. Nun gelte es, mit dem Erfolg verantwortungsvoll umzugehen. Seehofer verspricht: „Jeder Punkt, der von der CSU und von mir persönlich thematisiert wurde, wird nach dem Wahltag mit gleichem Nachdruck verfolgt werden.“

    Seehofer will die Bodenhaftung bewahren

    Eine Volkspartei soll für das Volk da sein. Niemand soll der CSU mehr Arroganz der Macht vorwerfen können. Das ist offensichtlich Seehofers Logik. Er sagt: „Die größte Erwartungshaltung unserer Wähler ist, dass wir mit totaler Bodenhaftung jetzt weiter Politik machen.“

    Diese symbolische Unterwerfung unter den Willen des Wählers darf zugleich als Kampfansage an die politische Konkurrenz im Allgemeinen und an die Schwesterpartei CDU im Besonderen verstanden werden. Auf die Frage, was er nach der Bundestagswahl in Berlin alles durchsetzen wolle, antwortet Seehofer mit einem einzigen Wort: „Alles.“

    Er meint damit alles, was im Bayernplan der CSU steht. Und dort sind bekanntlich all jene Forderungen niedergeschrieben, die im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU gegenüber der CDU nicht durchsetzbar waren, wie zum Beispiel die Pkw-Maut, die Mütterrente oder eine Reform des Länderfinanzausgleichs im Sinne Bayerns. „Darum wird gekämpft in jedem einzelnen Punkt“, sagt Seehofer. Dies sei eine Frage der Glaubwürdigkeit.

    Gleichzeitig bemüht sich Seehofer, dem Eindruck entgegenzutreten, er dominiere seine Partei nun nach Belieben. Die Personalentscheidungen, die in den kommenden Wochen in Bayern anstehen, sollen „im Konsens“ getroffen werden. Das gelte für die Bildung des Kabinetts ebenso wie für die Besetzung der Führungspositionen in der CSU-Fraktion im Landtag. „Die Zustimmung in der Vorstandschaft, dass das im Konsens zu lösen ist, war total“, betont Seehofer.

    Wie das Gerangel um die Ministerposten abläuft, ist noch unklar

    Doch auf die Frage, wie denn eine Einigung im üblichen Gerangel um Ministerposten konkret vonstattengehen soll, bleibt er wortkarg. Er werde zunächst „in Vier-Augen-Gesprächen mit den Bezirksvorsitzenden reden“, dabei aber keinerlei Entscheidungen treffen. Es soll sich nur um eine „Stoffsammlung“ handeln. Der Hintergrund ist offenkundig: Vier-Augen-Gespräche sind eine wirksame Methode, um Indiskretionen vorzubeugen. Am Mittwoch kommender Woche soll dann zunächst der oder die Fraktionsvorsitzende gewählt werden. Seehofer kokettiert: „Ich weiß nicht, ob der Parteivorsitzende da ein Vorschlagsrecht hat.“ Wenig später ergänzt er: „Doch, eigentlich schon, ich bin ja jetzt auch Mitglied der Fraktion.“ Auch hier ist der Hintergrund klar: Gegen den Willen des künftigen Ministerpräsidenten ist bei der CSU noch nie jemand Fraktionschef geworden.

    Dass seine Partei ihm folgen wird, steht für Seehofer außer Frage: „Jeder hat jetzt gemerkt und jede, zu welch großen Erfolgen es führen kann, wenn man zusammenhält und fightet.“ Disziplinarische Maßnahmen seien nicht nötig, betont er auf Nachfrage. „Da muss man nicht drohen, das sind alle Profis.“

    Wann genau und in welchem Gremium der Konsens über die Besetzung des Kabinetts hergestellt und die schwierigen Personalentscheidungen getroffen werden, will Seehofer freilich nicht sagen. Nur so viel: „Am Ende werden wir eine Konsenslösung haben.“ Und zur Erläuterung fügt er noch hinzu: „Das bedeutet, dass man nicht fünf Kandidaten vorschlägt.“ Sondern eben nur einen Kandidaten für ein Amt. In der CSU ist somit klar: Auch hier geht nichts gegen den Willen des Parteichefs.

    Seehofer demonstriert Demut

    Zum neuen Kurs demonstrativer Demut gegenüber dem Wähler gehört auch, nicht allzu großsprecherisch über die neue Stärke der CSU zu reden. 47,7 Prozent reichten zwar aus, um eine komfortable absolute Mehrheit der Sitze im Landtag zu erreichen – ein Erfolg, den der Partei vor fünf Jahren nach ihrem bis dahin schmerzlichsten Wahldebakel niemand zugetraut hätte. Dennoch sind die 47,7 Prozent das zweitschlechteste Wahlergebnis der Partei seit ihrem Aufstieg zur Alleinherrschaft.

    Er habe sich vorgenommen, so Seehofer, über das Wählerpotenzial nicht öffentlich zu reden – und tut es dann doch. In der Sitzung des Parteivorstands, so räumt er ein, habe er sich mit dieser Frage sehr wohl beschäftigt. „Aber das passt jetzt wieder nicht zur Bescheidenheit.“ Mit anderen Worten: Das Ziel, wieder einmal die berühmten 50 plus X Prozent der Stimmen zu erreichen, ist längst nicht von der Agenda gestrichen.

    Bereits nächsten Sonntag bei der Bundestagswahl könnte es so weit sein. Die CSU schneidet im Bund traditionell immer etwas besser ab als im Land. Sie muss dort die Konkurrenz durch die Freien Wähler nicht so sehr fürchten, weil nicht einmal mehr Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger davon ausgeht, den Sprung in den Bundestag zu schaffen.

    Dennoch lässt sich Seehofer nicht dazu hinreißen, eine höhere Zielmarke zu benennen. Er sagt nur: „Man darf ja auch Wahlziele verfehlen – positiv.“ Sein Wahlziel im Freistaat sei gewesen: Bayern muss Bayern bleiben. Im Bund gehe es jetzt darum: Angela Merkel muss Kanzlerin bleiben.

    Für eine Änderung der Strategie gebe es keinerlei Anlass. Dasselbe gelte für die Inhalte des Wahlkampfs. Es komme nur auf die Mobilisierung der Wähler an und darauf, die Alternativen zu Schwarz-Gelb sauber herauszuarbeiten. Nach Lage der Dinge, so Seehofer, sei die einzige Alternative Rot-Rot-Grün.

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