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Wahlprogramm: Wie die Union die Wohnungsnot lindern will

Wahlprogramm

Wie die Union die Wohnungsnot lindern will

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    Der Wohnungsbau in Deutschland kommt kaum in Schwung.
    Der Wohnungsbau in Deutschland kommt kaum in Schwung. Foto: Jens Büttner, dpa

    Wie ein Vergrößerungsglas macht die Corona-Krise den gewaltige Riss deutlich, der sich bei den Wohnverhältnissen durch die Gesellschaft zieht. Bei den einen ist im Eigenheim genug Platz fürs Homeoffice und die Kinder bleiben im Garten auf dem Trampolin einigermaßen bei Laune. Für andere wird die beengte Mietwohnung gerade im Lockdown zum Albtraum. Bezahlbarer Wohnraum ist mancherorts kaum zu finden und wenn doch, dann für viele Bürger unerschwinglich. Kein Wunder, dass die Parteien das Thema im beginnenden Wahlkampf in den Mittelpunkt rücken wollen.

    Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt findet vor allem den Rückgang der Baugenehmigungen bei Mehrfamilienhäusern «alarmierend».
    Die Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt findet vor allem den Rückgang der Baugenehmigungen bei Mehrfamilienhäusern «alarmierend». Foto: Julian Stratenschulte (dpa)

    Einen bundesweiten Mietendeckel etwa fordert die SPD in ihrem Programm. Die Grünen machen sich Gedanken um den Klima-Aspekt und stellen laut Überlegungen an, die in Richtung Verbot des Neubaus von Einfamilienhäusern zielen. Ginge es nach der Linkspartei, würden zumindest große Immobilienfirmen bald enteignet. Doch wie wollen CDU und CSU dafür sorgen, dass in den kommenden Jahren genügend bezahlbarer Wohnraum entsteht? Ulrich Lange ist als Unionsfraktionsvize auch für den Bereich Bauen zuständig. Gerade arbeitet der CSU-Politiker an den Antworten, die die Union in ihrem Wahlprogramm geben will. Im Gespräch mit unserer Redaktion verrät er die wichtigsten Leitlinien.

    Ulrich Lange ist als Unionsfraktionsvize auch für den Bereich Bauen zuständig.
    Ulrich Lange ist als Unionsfraktionsvize auch für den Bereich Bauen zuständig. Foto: Jochen Aumann

    "Die SPD schürt den Neid auf Eigenheimbesitzer"

    Doch zuvor redet sich Lange in Rage: "Die SPD war mal die Partei, die dafür gesorgt hat, dass sich auch Arbeiter ein Haus leisten konnten. Jetzt schürt sie den Neid auf Eigenheimbesitzer. Das ist nicht mehr Sozialdemokratie, sondern Sozialismus. Damit macht sich die SPD schön für die Linkspartei." Er selbst sei in einer typischen Reihenhaussiedlung der 1970er Jahre aufgewachsen, viele der Nachbarn hätten SPD gewählt. "Heute macht ihnen die SPD die Freude am Eigenheim kaputt. Das ist ein Grund für den Niedergang dieser Partei."

    Sauer auf stößt Lange auch das SPD-Versprechen auf, "Eigentümerstrukturen über ein zentrales Immobilienregister transparent" zu machen. Lange fragt: "Wollen die den öffentlichen Pranger für Wohnungseigentümer?" Das Bild, das vielfach von angeblich gierigen Vermietern gezeichnet werde, treffe bis auf Ausnahmen nicht zu. "Das sind meist ganz normale Leute, für die Mietwohnungen oft ein Teil der Altersvorsorge ist. Die machen eben nicht jede mögliche Mietsteigerung mit, kümmern sich persönlich, wenn der Wasserhahn kaputt ist."

    Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum gehört zu den großen Themen der deutschen Innenpolitik.
    Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum gehört zu den großen Themen der deutschen Innenpolitik. Foto: Paul Zinken, dpa

    Zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland gehörten privaten Vermietern, sagt Lange. Wenn die durch zu viele staatliche Eingriffe bei den Mieten gegängelt würden, gehe ihre Rechnung nicht mehr auf: "Altersgerechter Umbau, energetische Sanierung, ökologische Baumaterialien, hochwertige Renovierung, all das kann dann kein Vermieter mehr zahlen. Dann wohnen am Ende alle schlechter." Oder, so Lange, "die Vermieter verkaufen ihre Wohnungen gleich ganz und investieren ihr Geld in etwas anderes".

    Der Mietendeckel habe etwa in Berlin vielfach zu Mieterhöhungen geführt, weil die Vermieter noch rechtzeitig an die Grenzen des Erlaubten gingen. Und außerdem zu einer Verknappung des Angebots, weil Wohnungen in Privatbesitz übergingen und dem Mietmarkt erst recht nicht mehr zur Verfügung standen. Wenn dann noch Enteignungsdiskussionen auch kleine Vermieter verunsicherten, glaubt Lange, dann werde der Nachschub an Wohnraum endgültig in Stocken kommen.

    "Die Freude der Menschen am eigenen Heim fördern"

    Der Staat müsse die Freude der Menschen am eigenen Heim fördern, und nicht ersticken, sagt der Christsoziale. Wer welche Wohnform wählt, müsse dem Einzelnen überlassen bleiben. Dass ausgerechnet die Grünen die Zukunft des Einfamilienhauses in Frage stellten, wundere ihn schon. Der Nördlinger: "Was ist mit den Menschen, die im Passivhaus aus Holz leben, die mit den Solarzellen auf dem Dach ihr Elektroauto aufladen, mit dem sie zum Bioladen fahren? Wollen ausgerechnet die Grünen ihnen diesen Lebensentwurf verbieten?". Er räumt aber auch ein: "Klar, ab den 1960er Jahren wurde bei der Bauplatzgröße oft geprasst. Aber heute wollen viele gar keine 1200 Quadratmeter mehr, weil schon die Hälfte schwer zu pflegen ist. Und die Preise spielen natürlich auch eine Rolle."

    In Groß- und Universitätsstädten deckt der Neubau nicht den Bedarf am Wohnungsmarkt.
    In Groß- und Universitätsstädten deckt der Neubau nicht den Bedarf am Wohnungsmarkt. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Neuer Wohnraum, so das Fazit des Experten, entstehe nicht durch staatliche Bevormundung, das sei gut gemeint, aber meist das Gegenteil von gut. Sondern nur durch Bauen. Sein Parteifreund Horst Seehofer, nicht nur Innen- und Heimat-, sondern auch Bauminister habe da in den vergangenen Jahren schon viel erreicht. Das Baukindergeld sei ein Erfolg gewesen, doch das läuft Ende März aus. "Dafür brauchen wir ein Nachfolgeprogramm", sagt Lange.

    Mehr sozialer Wohnungsbau

    Dass momentan zu wenig Wohnungen vorhanden sind, habe vor allem mit der Wirtschaftskrise 2008/2009 zu tun, die zu einer Delle bei den Investitionen geführt habe. Auch das nicht zuletzt durch Zuwanderung höhere Bevölkerungswachstum spiele eine Rolle, ebenso die wachsende Zahl von Single- oder Kleinhaushalten und höhere Ansprüche an die Wohnfläche pro Kopf. Die Metropolen erlebten starken Zuzug, doch die begehrten Altbauwohnungen in urbanen Trendvierteln ließen sich nicht beliebig vermehren.

    Auf der anderen Seite gebe es auch ländliche Regionen, in denen die Bevölkerung schrumpft und Wohnraum leer steht. Die Union wolle deshalb den ländlichen Raum attraktiver machen, etwa durch bessere Verkehrsanbindung und Ausrüstung mit Glasfasernetzen. Die öffentliche Hand müsse Baulandreserven mobilisieren, etwa Industriebrachen in Städten oder landwirtschaftliche Flächen mit nicht mehr genutzten Ställen oder Scheunen auf den Dörfern. Weil die Eigentümer die Abbruch- oder Sanierungskosten oft scheuten, müssten sie durch Zuschüsse unterstützt werden.

    Ein großzügiger Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer beim Erwerb selbst genutzter Immobilien schwebt Lange ebenfalls vor. Deutschland müsse gleichzeitig aber auch mehr in den sozialen Wohnungsbau investieren. "Denn viele Wohnungen fallen gerade aus der Sozialbindung", so Lange. In den vergangenen vier Jahren seien fünf Milliarden Euro ausgegeben worden, in der nächsten Vierjahresperiode sollten für soziale Bauvorhaben mit sechs Milliarden bereitstehen. Für die Zukunft der Innenstädte, in denen der Einzelhandel gerade durch den Lockdown darbt, will die Union bald ein Konzept präsentieren, dass auf einen gesunden Mix von Wohnen und Gewerbe setzt. Dann hat Lange noch einen ganz speziellen Plan: "Es muss endlich wieder ein eigenes Bundesbauministerium geben. Das ist keine Kritik an Horst Seehofer. Aber das Thema Wohnen ist heute so wichtig, dass es ein eigenes Haus dafür braucht."

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