Während SPD, FDP und Grüne ab Montag über eine Ampel-Regierung verhandeln, streitet die Union erbittert über die Schuldfrage für das historische Wahldebakel und den richtigen Weg aus der Krise. Am Wochenende nahmen die verbalen Scharmützel nochmals deutlich an Schärfe zu - zwischen den Unionsschwestern selbst, aber auch zwischen Jung und Alt. Oder gilt gar das Motto "Alle gegen alle"? Den Auftakt machte CSU-Chef Markus Söder bei der Landesversammlung der Jungen Union in Deggendorf. Das Echo folgte prompt.
„Es ist einfach so: Am Ende wollten die Deutschen einen anderen Kanzlerkandidaten als den, den CDU und CSU aufgestellt haben“, sagte Söder, der selbst gerne Kanzlerkandidat geworden wäre. Und er fügte hinzu: „Genauso wie es eine Rolle gespielt hat, dass wir von Anfang an nicht ganz sicher waren, welche Strategie wir inhaltlich eigentlich fahren.“ Vize Manfred Weber setzte noch einen drauf: „Es war das Defizit unseres Spitzenkandidaten, das uns im Wahlkampf wie ein Mühlstein um den Hals ging.“ Den Kontrapunkt aus der CDU setzte Friedrich Merz, mit dem sie in der CSU ja sonst tendenziell besser können als mit Armin Laschet. Merz: „Das Jahr 2021 markiert einen Tiefpunkt unserer Zusammenarbeit und unseres Umgangs miteinander.“ In seinem Newsletter schrieb der Sauerländer, ohne Zweifel in Richtung Süden: „(...) so wie in den Wochen vor der Wahl geht man in einer sich immer noch „bürgerlich“ nennenden Union einfach nicht miteinander um. Das war stillos, respektlos und streckenweise rüpelhaft.“
In Umfragen rutscht die Union ab auf 20 Prozent
Während die Union in Meinungsumfragen weiter abrutscht und bei Emnid und Insa am Wochenende nur mehr auf 20 Prozent kam, soll am Montag der Blick in die Zukunft gerichtet werden: CDU-Präsidium und Vorstand tagen im Konrad-Adenauer-Haus. Mit Spannung wird erwartet, ob sich der gescheiterte Kanzlerkandidat Laschet als Moderator an die Spitze der Erneuerungsbewegung stellen kann. Ihm schwebt ein „Konsens aller, die im Moment in Betracht kommen“ vor. Doch die junge Garde will mehr Mitsprache der Basis, die CDU müsse „raus aus der alten Denke“, sagt JU-Chef Tilman Kuban. Grandsigneur Wolfgang Schäuble widerspricht: „Falscher Ansatz“ .
Derweil dürfen sich die beiden – wohl scheidenden – CDU-Minister Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier als „Vorbild für die junge Generation“ von ihrem Generalsekretär Paul Ziemiak wie von Politikern anderer Parteien gelobt fühlen. Die beiden Saarländer hatten überraschend am Samstag angekündigt, dass sie auf ihren Wiedereinzug in den Bundestag verzichten. Beide hatten in ihren Wahlkreisen gegen Bewerber der SPD verloren und wären nur über die Liste in den Bundestag eingezogen. Sie machen nun den Weg frei für Nadine Schön, 38, und Haushaltspolitiker Markus Uhl, 41, die den Wiedereinzug verpasst hätten und nun als Nachrücker doch noch zum Zuge kommen. Schön, seit 2014 Fraktionsvize, ist Vorsitzende des Netzwerks Digitalisierung der CDU. Altmaier sagte, es sei wichtig, jetzt einen Generationswechsel herbeizuführen: „Erneuerung ist möglich, man muss sie nur wollen.“ Mit Altmaier und Kramp-Karrenbauer treten zwei enge Weggefährten der scheidenden Kanzlerin Angela Merkel. (mit dpa)