Umjubelt von Tausenden Delegierten, gab sich Sanders am Montag (Ortszeit) in Philadelphia als Versöhner. Dabei steckte er die Marschrichtung ab, um eine Regierung unter Donald Trump zu verhindern: "Hillary Clinton muss die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden." Aus seiner Anhängerschaft kamen Buhrufe, manche hatten Tränen in den Augen.
"Unsere Revolution zur Transformation Amerikas geht weiter", rief der mit minutenlangen Jubel empfangene Sanders den Delegierten in Philadelphia zu. Er stimme mit Clinton nicht in allem überein und sei selbst am enttäuschtesten über den Ausgang der Vorwahlen. Trump sei aber der schlimmste Kandidat in der modernen Geschichte der USA.
Bereits bei einem anderen Auftritt an diesem Tag hatte Sanders vor Hunderten von Anhängern den Fokus auf den gemeinsamen Gegner gerichtet: "Wir müssen Donald Trump schlagen, und wir müssen Hillary Clinton wählen." Damit hatte der Senator des kleinen Bundesstaates Vermont wütende Buhrufe aus der enttäuschten Menge geerntet. "Wir wollen Bernie", hatten seine zumeist jungen Anhänger skandiert. Viele Sanders-Wähler haben angekündigt, nicht für Clinton stimmen zu wollen, die sie als Kandidatin des Establishment sehen. Medienberichten zufolge bat Sanders seine Delegierten per SMS, keinen Protest auf dem Parteitagsparkett zu veranstalten.
Die Rede des 74-Jährigen hatte die Parteitagsregie kurzfristig als Schluss- und Höhepunkt des ersten Tages von Philadelphia geplant. Michelle Obama musste nach vorne rücken.
Dennoch lieferte die First Lady einen flammenden Appell für die frühere Außenministerin ihres Mannes als nächste Präsidentin der USA. "Wegen Hillary Clinton nehmen es meine Töchter als gegeben an, dass eine Frau Präsidentin der Vereinigten Staaten werden kann", sagte Obama. "In diesem Wahlkampf bin ich bei Hillary Clinton", rief sie zur Begeisterung der mehr als 4700 Delegierten. Clintons Rede wird erst für Donnerstag erwartet.
Der Parteitag in Philadelphia drohte zu seinem Beginn die Gräben zwischen den Lagern von Clinton und Sanders zu vertiefen. Die Sanders-Anhänger sind unzufrieden, weil sie sich von der Parteiführung betrogen und benachteiligt fühlen. Eine E-Mail-Affäre, die kurz vor dem Parteitag von der Plattform Wikileaks enthüllt wurde, schürte die Stimmung weiter. Aus einer E-Mail davon ging anscheinend hervor, dass Parteioffizielle überlegten, wie Sanders' religiöse Einstellung zugunsten von Clinton genutzt werden könnte.
Parteichefin Debbie Wasserman Schultz musste unter dem Druck der Affäre zurücktreten und trat nicht einmal mehr - wie eigentlich geplant - zur Eröffnung der Versammlung vor die Delegierten.
Die verbliebene Parteiführung entschuldigte sich in einem Statement offiziell bei Sanders. "Im Namen Aller im Nationalen Komitee der Demokraten möchten wir eine tiefgreifende und aufrichtige Entschuldigung anbieten, an Bernie Sanders, seine Anhänger und die gesamte demokratische Partei, für die unentschuldbaren Bemerkungen in E-Mails", hieß es in der Mitteilung.
Sanders selbst, der Vorwahlen in 23 Staaten gegen Clinton gewonnen und 1900 der mehr als 4700 Delegiertenstimmen für sich verbucht hatte, rief seine Anhänger zur Mäßigung auf. Sie demonstrierten seit Sonntag zu Tausenden in den Straßen von Philadelphia und prägten mit provakanten Plakaten wie "Niemals Hillary" das Bild.
Sanders hatte sich im Wahlkampf für Themen wie einen Mindestlohn von 15 Dollar, für den Kampf gegen Klimawandel und gegen das Diktat der Finanzbranche eingesetzt und die Demokraten damit inhaltlich nach links gerückt. "Wir haben das progressivste Parteiprogramm in der Geschichte", sagte der demokratische Abgeordnete Keith Ellison. (dpa)