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Wahl in Italien: Wird Antonio Tajani Regierungschef von Berlusconis Gnaden?

Wahl in Italien

Wird Antonio Tajani Regierungschef von Berlusconis Gnaden?

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    Antonio Tajani könnte Regierungschef in Italien werden.
    Antonio Tajani könnte Regierungschef in Italien werden. Foto: Patrick Seeger, dpa

    Die Skepsis war groß, als Antonio Tajani vor gut einem Jahr zum Präsidenten des Europäischen Parlamentes gewählt wurde. Er sei eine Marionette des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, hieß es. In seiner Zeit als Industriekommissar habe er die ersten Hinweise auf den Abgas-Skandal verschlafen. Und überhaupt: Der 64-Jährige aus den Reihen der konservativen Forza Italia könne ja unmöglich seinem Vorgänger Martin Schulz das Wasser reichen. Doch es kam anders.

    Der verheiratete Vater von zwei Kindern erwarb sich als Chef der 751 Abgeordneten aus 28 Mitgliedstaaten hohes Ansehen. Unvergessen ist seine scharfe Zurechtweisung von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, als der das Parlament beschimpfte, weil aus seiner Sicht zu wenige Volksvertreter im Plenarsaal anwesend waren. Tajani (er spricht sich übrigens, wie er geschrieben wird) stammt aus Rom, wo er nach dem Gymnasium die Luftwaffenschule absolvierte.

    Anschließend studierte er Jura. Es folgten mehrere Stationen als Journalist. In seine Zeit bei der Tageszeitung Il Giornale fällt die erste Begegnung mit Silvio Berlusconi, der das Blatt gekauft hatte. Es war die Phase Mitte der 80er Jahre, als in Italien die Parteien der Mitte langsam zerfielen. Berlusconi gründete die Forza Italia, Tajani kam dazu. Bei nationalen Wahlen verlor er zwar, wurde von Berlusconi aber als Sprecher geschätzt. 1994 ging der leidenschaftliche Buch-Fan ins Europäische Parlament, wurde 2008 Verkehrskommissar und rückte 2010 in das Industrie-Ressort auf. Tajani förderte das Satelliten-Navigationssystem Galileo und sorgte unter anderem dafür, dass das bayerische Oberpfaffenhofen den Zuschlag für die Bodenkontrolle bekam.

    Weshalb Antonio Tajani auch hierzulande bald bekannt sein dürfte

    Dass der Forza-Italia-Mann auf dem Präsidentenstuhl eine gute Figur gemacht habe, bestreitet niemand. Natürlich blieb er leiser als Schulz, redete nicht so pointiert und politisch umstritten. Dass er in Deutschland weniger stark wahrgenommen wurde als der SPD-Politik Schulz hat aber wohl auch damit zu tun, dass Tajani zwar neben seiner Muttersprache Französisch, Englisch und Spanisch spricht – aber eben kein Deutsch. Bald könnte der Mann aber auch hierzulande schlagartig an Bekanntheit gewinnen. Berlusconi, der selbst wegen eines einschlägigen Gerichtsurteils in einer neuen italienischen Regierung kein Amt übernehmen darf, hat ihn als potenziellen Ministerpräsidenten nominiert. Der Europapolitiker gilt inzwischen als ausgleichend und durchaus führungsstark und könnte eine schwierige Koalition in Rom führen, aber eben auch in

    Das ist Silvio Berlusconi

    Silvio Berlusconi wird 1936 in Mailand geboren. Nach der Schulausbildung studiert er Jura. Während seines Studiums jobbt Silvio Berlusconi als Staubsaugervertreter und als Sänger auf Kreuzfahrtschiffen sowie in diversen Nachtclubs.

    Silvio Berlusconi ist zweimal geschieden. Aus den Ehen mit Carla Elvira Lucia Dall’Oglio und der der Schauspielerin Veronica Lario gehen fünf Kinder hervor. Im Dezember 2012 verkündet Berlusconi seine Verlobung mit dem Showgirl Francesca Pascale.

    Im Jahr 1993 gründet Silvio Berlusoni die Partei Forza Italia, die 2009 in der Partei Popolo della Libertà aufgeht. Viermal ist er Ministerpräsident von Italien: 1994 bis 1995, 2001 bis 2005, 2005 bis 2006 und 2008 bis 2011. In die Parlamentswahlen 2013 führt Berlusconi ein Mitte-Rechts-Bündnis.

    Laut Forbes ist Silvio Berlusconi mit einem Vermögen von 7,8 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Italiener. Er ist Inhaber des Konzerns Fininvest; Unternehmensleiterin ist seine Tochter Marina Berlusconi.

    Fininvest hat Beteiligungen an großen Unternehmen wie Mediolanum (Versicherung und Bankwesen), Medusa Film (Italiens größtes Filmproduktionsunternehmen), Mondadori (Italiens größtes Verlagshaus), und Mediaset, dem aktuell größten privaten Fernsehunternehmen Italiens.

    Silvio Berlusconi ist seit 1986 Besitzer des AC Mailand. Von 1986 bis 2004 sowie von 2006 bis 2008 ist er zudem Präsident des Fußball-Clubs.

    Immer wieder säumen größere und kleinere Skandale die Karriere Berlusconis. Größtes Aufsehen erregt 2009 die sogenannten "Bunga Bunga"-Affäre, in der es um Verhältnisse und Sex-Partys mit teils minderjährigen Prostituierten geht.

    Im August 2013 wird Berlusconi wegen Steuerbetrugs zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Aufgrund seines Alters musste er allerdings nicht ins Gefängnis.

    Ende November 2013 wird er aus dem italienischen Senat ausgeschlossen und verliert seine parlamentarische Immunität.

    Den Job in Brüssel gäbe er allerdings nicht leichten Herzens auf, sagte Tajani, nachdem Berlusconi ihn angerufen hatte. Er würde wohl auch an der Spitze des Parlamentes bleiben, sollte es am Sonntag in Rom nicht für eine Machtübernahme durch die Forza Italia reichen.

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