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Wahl: Südkorea ist nicht mehr kopflos

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Südkorea ist nicht mehr kopflos

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    Der Linkspolitiker Moon Jae In ist Südkoreas neuer Präsident. Seit März, als die frühere Präsidentin wegen Korruption abgesetzt wurde, hatte der Staat in Ostasien kein Oberhaupt mehr.
    Der Linkspolitiker Moon Jae In ist Südkoreas neuer Präsident. Seit März, als die frühere Präsidentin wegen Korruption abgesetzt wurde, hatte der Staat in Ostasien kein Oberhaupt mehr. Foto: Jung Yeon Je, afp

    Die südkoreanischen Wähler haben sich am Dienstag für einen gemäßigten und pragmatischen Präsidenten entschieden. Den Auszählungen zufolge hat der 64-jährige Moon Jae In von der linksgerichteten demokratischen Partei die Wahl mit deutlichem Vorsprung vor dem zweitstärksten Kandidaten gewonnen. Moon komme auf eine Zustimmung von fast 40 Prozent, berichteten staatliche Sender am Dienstagabend auf der Grundlage der Auszählung von knapp 80 Prozent der Stimmen. Danach folgten seine zwei größten Konkurrenten: Der konservative Hong Jun Pyo kam auf 25,6 Prozent der Stimmen, der Zentrumspolitiker Ahn Cheol Soo auf 21,4 Prozent, hieß es.

    Es war ein kurzer Wahlkampf: Das Parlament hatte Moons Vorgängerin Park Geun Hye erst im März wegen Korruption des Amtes enthoben. Moon gehörte als Oppositionspolitiker zu den schärfsten Kritikern der Politik Parks. Er hält es für unverantwortlich, dass die Vorgängerregierung Nordkorea nicht an der Entwicklung immer stärkerer Atombomben gehindert hat. Zugleich hält er eine Annäherung für unabdingbar, um etwas zu bewegen. Moons Vater war seinerzeit aus dem Norden geflohen.

    „Südkorea muss wieder eine aktivere Rolle im Umgang mit Nordkorea übernehmen“, sagte Moon am Dienstag in einem Internet-Livestream. Um Pjöngjang zur Abrüstung zu motivieren, seien Dialog und direkte Verhandlungen nötig.

    Die zunehmend gefährliche Konfrontation zwischen Nordkorea und den USA war in den vergangenen zwei Monaten zum bestimmenden Wahlkampfthema geworden. Südkoreas Hauptstadt Seoul wäre das erste Opfer eines möglichen Krieges: Die Armee des Nordens hat zahllose Geschütze und Raketen auf die Wirtschaftsmetropole gerichtet. US-Präsident Donald Trump war im April auf die Provokationen von Machthaber Kim Jong Un angesprungen und hatte Kriegsschiffe in koreanische Gewässer verlegt. Der Norden testet derweil munter weiter Raketen.

    Die Wahl am Dienstag hat ein Führungsvakuum beendet, das Südkorea zunehmend belastet hat. Die Affäre um Park zog sich über ein Jahr hin. Unterdessen schwächelte die Konjunktur und in Pjöngjang wurde Kim immer aggressiver.

    Moon hat versprochen, die Probleme schnell anzupacken. Wirtschaftspolitisch kündigte er einen sozialeren Kurs mit höheren Steuern für Reiche und besserer Kontrolle der Großkonzerne an.

    Vor allem aber will Moon ein zugänglicherer Staatschef sein als seine Vorgänger. Statt sich im Blauen Haus, dem Präsidentenpalast, zu verbunkern, will er Regierungsgebäude in der Innenstadt nutzen. Er versprach, seine Politik und seine Motivation laufend zu erklären und sich von den vollen Kassen der Großkonzerne fernzuhalten. Park war unter anderem daran gescheitert, einer guten Freundin Mittel vom Großkonzern Samsung zugeschustert zu haben.

    Moon ist von Haus aus Jurist. Als Student musste er ins Gefängnis, weil er an Demos gegen Diktator Park Chung Hee teilgenommen hatte, den Vater der korrupten Ex-Präsidentin. In seiner Zeit als Anwalt hat er Menschenrechtsfälle übernommen, ehe er in die Politik ging.

    Im Wahlkampf machte Moon seine Handynummer öffentlich, um Transparenz zu demonstrieren. Die Wähler haben ihm daraufhin 125000 Kurznachrichten mit Vorschlägen für die Regierungsarbeit geschickt. (mit dpa)

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