Ausgerechnet Friedberg heißt der Ort, wo die neuen Gewehre für Deutschlands Soldaten gefertigt werden sollen. „Wenn Du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“, sagten die Römer. Auf dem Friedberg am Rande des Städtchens Suhl steht die Waffenfabrik der Merkel-Gruppe, des neuen Lieferanten der Bundeswehr. Mitten im Thüringer Wald, hinter den sieben grünen Bergen, bauen sie schon seit 500 Jahren Büchsen und Gewehre. Erst vor etwas mehr als zehn Jahren entschied sich die Merkel-Gruppe, eine alte Marke wieder aufleben zu lassen: Haenel.
Mit Gewehren und Pistolen von Haenel zogen die Soldaten des Kaisers und Adolf Hitlers in den Krieg. In der DDR schossen die Ostdeutschen mit Haenel-Luftgewehren Rosen an der Schießbude auf dem Rummelplatz. Künftig sollen die Soldaten der Bundeswehr mit dem „Haenel Maschinenkarabiner MK 556“ kämpfen. Die Truppe will davon 120.000 Stück anschaffen für einen Preis von 245 Millionen Euro. „Ich bin überzeugt, dass der Entscheidung des Verteidigungsministeriums alle vergaberelevanten Aspekte zugrunde liegen“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, unserer Redaktion. Dazu gehören für ihn Verlässlichkeit im Gefecht, Preis und auch „Firmenstrukturen und Kapitalgeber“, wie Otte sich ausdrückt.
Die Gewinne aus den Sturmgewehren für die Bundeswehr dürften nicht in Deutschland bleiben
Dahinter steckt ein Detail, das Diskussionsstoff bietet. Denn die Gewinne aus dem Deal werden wahrscheinlich nicht in den Tälern des Thüringer Waldes bleiben, sondern in die Kassen der Herrscherfamilie Abu Dhabis fließen. Schließlich ist die Merkel-Gruppe Teil des Unternehmens Caracal, das wiederum zum Rüstungskonzern Edge gehört. Der baut alles, was das Feldherrenherz begehrt.
An der Spitze von Edge steht Scheich Faisal Al-Bannai, den man offiziell mit „Seine Exzellenz“ anreden sollte. Sein Mann in Deutschland ist Olaf Sauer. Der Merkel-Chef versichert, dass in der Waffenstadt nicht einfach nur Teile aus dem Nahen Osten zusammengefügt werden. Die Fertigungstiefe soll zu 90 Prozent in Thüringen liegen. Sauer ist Chef von 120 Leuten, die den Großauftrag stemmen sollen. Nach dem Zuschlag durch das Verteidigungsministerium waren Zweifel laut geworden, ob Haenel nicht zu klein sei, um das Volumen zu stemmen.
Für Heckler & Koch ist das ein herber Tiefschlag
Diese Zweifel hätte es bei der etablierten Konkurrenz aus dem Neckartal nicht gegeben. In Oberndorf sitzt Heckler & Koch, der Hauslieferant der Bundeswehr seit sechs Jahrzehnten. Auch Oberndorf ist eine Waffenstadt, seit über 200 Jahren bauen sie zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb Gewehre. Grüne Hügel säumen die Stadt, genau wie in Suhl.
Dass H&K den Thüringern unterlag, ist ein Coup. Und für das strauchelnde Unternehmen eine herbe Enttäuschung. Der Grund für die Entscheidung ist schnöde. Es lag am Geld. Haenel war einfach billiger, wie es hinter vorgehaltener Hand im Bundestag heißt. In Rede steht eine Summe von 50 Millionen Euro.
Heckler & Koch hätte den Auftrag gut gebrauchen können. Hinter dem Unternehmen liegen schwere Jahre. Hohe Schulden drücken, das G36 als Noch-Standardgewehr der Bundeswehr war als krumme Flinte in Verruf geraten, das Unternehmen wurde gerichtlich zu einer Millionenstrafe verdonnert, weil Gewehre in mexikanischen Unruheprovinzen aufgetaucht waren, wo sie nicht hätten auftauchen dürfen. Das Management versucht, nach der Niederlage in der Ausschreibung den 900 Mitarbeitern die Sorge vor Entlassungen zu nehmen. „Wir haben nach dem Wechsel des Mehrheitsaktionärs vor einigen Wochen erklärt, dass die Jobs in Oberndorf sicher sind. Daran hat sich nichts geändert“, sagte Finanzvorstand Björn Krönert.
Die Schwaben haben noch eine leise Hoffnung, an den Auftrag zu kommen
Der neue Mehrheitsaktionär ist der Franzose Nicolas Walewski. Er ist Nachfahre von keinem geringeren als Napoleon Bonaparte. Über ein Luxemburger Investmentvehikel hält er die Mehrheit an den Oberndorfern. Ausgebildet an französischen Eliteschulen und -universitäten, wurde er an der Börse reich. Seine Aktienfonds schlugen die Marktentwicklung. Er gehört zum Klub der 500 reichsten Franzosen. Wenn sich seine Worte bewahrheiten, ist Walewski an einem langfristigen Engagement bei dem Waffenhersteller interessiert. Für den Großaktionär besteht die leise Hoffnung, vielleicht doch noch an den Auftrag der Bundeswehr zu kommen. H&K hält sich ausdrücklich die Option offen, gegen das Verteidigungsministerium zu klagen.
Die Niederlage gegen den Emporkömmling aus Thüringen schmerzt doppelt, weil der früher zur eigenen Familie gehörte. Die Merkel-Gruppe wurde 2007 an die Araber verkauft. Geschäftsführer Olaf Sauer arbeitete lange für Heckler & Koch. Sein Erfolg ist noch nicht in Stein gemeißelt. Einerseits behält sich sein alter Arbeitgeber Klagen vor, andererseits muss der Bundestag noch zustimmen. Die Verteidigungspolitiker der Fraktionen rechnen noch für dieses Jahr mit einer Abstimmung. Haenel beliefert die Truppe bereits mit Scharfschützengewehren und die sächsische Polizei mit der halb automatischen Variante des neuen Sturmgewehrs.
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