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Wählen: Mit 16 an die Wahlurne? In eine alte Debatte kommt neuer Schwung

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Mit 16 an die Wahlurne? In eine alte Debatte kommt neuer Schwung

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    In Bayern wird darüber diskutiert, ob das Wahlalter gesenkt werden sollte.
    In Bayern wird darüber diskutiert, ob das Wahlalter gesenkt werden sollte. Foto: Jonathan Mayer, dpa (Symbolbild)

    Sie halten Schilder hoch, rufen Parolen und riskieren mit Schulstreiks viel Ärger: Dass Jugendliche nicht so politikverdrossen sind wie oft behauptet, ist spätestens seit den "Fridays for Future"-Demonstrationen deutlich sichtbar. Politisch mitbestimmen dürfen viele der Jugendlichen trotzdem nicht, denn gewählt wird im Freistaat auf allen Ebenen erst ab 18. Ein Jahr vor der Kommunalwahl diskutieren die Parteien im Landtag die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

    Seit dem Vorstoß von Michael Piazolo Anfang April im Bayerischen Rundfunk kommt mehr Bewegung in die Debatte: Rund ein Jahr vor der Kommunalwahl hatte Piazolo sich für das Wählen ab 16 bei Kommunalwahlen ausgesprochen - allerdings, und darauf legt er Wert, als stellvertretender Landesvorsitzender der Freien Wähler und nicht als amtierender Kultusminister.

    Der Koalitionspartner CSU ist anderer Meinung. Die Wahlberechtigung ab 18 sei "aus Sicht der Staatsregierung eine sachgerechte Entscheidung", sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Minderjährigen werde auch in vielen anderen Bereichen kaum "Verantwortung zuerkannt", etwa im Strafrecht. Daher erscheine es schlüssig, auch nur Volljährige "an der politischen Willensbildung verantwortlich zu beteiligen". 

    Piazolo hält dagegen: Es gebe in bestimmten Bereichen geltenden Rechts auch jetzt schon einige Staffelungen. Als Beispiel nennt er den Führerschein ab 17. Piazolo will, dass Jugendliche früher politisch mitentscheiden können. "Nur wer aktiv teilhaben kann, wird sich auch aktiv in die Gesellschaft einbringen." 

    Großteil der Opposition ist für Wahlalter ab 16 Jahren in Bayern

    Große Teile der Opposition sehen das genauso und wollen, dass Jugendliche ab 16 im Freistaat bei Wahlen ihre Stimme abgeben dürfen, zum Teil auch über die Kommunalwahl hinaus. Die SPD will mit ihrem Gesetzentwurf das Alter zunächst für Kommunalwahlen senken und später "nach Möglichkeit auf allen Ebenen". FDP und Grüne fordern in den jeweiligen Entwürfen das jüngere Wahlalter für Entscheidungen auf Kommunal- und Landesebene. Der FDP-Entwurf soll am 8. Mai im Plenum behandelt werden. Fraktionschef Martin Hagen sagt, die Jugend sei so politisch wie lange nicht. "Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir echte politische Teilhabe für junge Menschen ermöglichen."  

    SPD-Fraktionschef Horst Arnold bemängelt, im Freistaat fehlten "echte Mitgestaltungsmöglichkeiten" für die Jugendlichen. "Runde Tische mit Jugendlichen sind das eine, ein dauerhaft etabliertes Wahlrecht das andere." Eva Lettenbauer, die jugendpolitische Sprecherin der Grünen, schließt sich an. Junge Leute ernst zu nehmen, heiße auch, ihnen das Recht auf politische Mitsprache zu geben. Zudem gehe es bei Wahlen und Volksentscheiden in Kommunen und im Land auch immer um die Zukunft junger Menschen. "Sie müssen deshalb eine Stimme haben."

    Lediglich die AfD steht auf Seite der CSU und will das Wahlalter weiterhin an die Volljährigkeit koppeln. Bei Jugendlichen unter 18 sei der politische Entwicklungsprozess noch im Frühstadium, sagt der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Christoph Maier. Zudem müssten aktives und passives Wahlrecht gleichlaufen.

    Die Freien Wähler wollen letzteres ebenfalls auf 16 Jahre senken - also ermöglichen, dass Minderjährige auch gewählt werden können. "Wer Jugendliche ab 16 Jahren den Gemeinderat wählen lassen will, muss ihnen auch zutrauen, sich in den Gemeinderat wählen zu lassen", sagt Piazolo.

    In vielen anderen Bundesländern können 16-Jährige schon wählen

    Politikforscher Robert Vehrkamp wäre schon mit dem aktiven Wahlrecht ab 16 vorerst zufrieden. Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler leitet bei der Bertelsmann-Stiftung in Gütersloh das Programm "Zukunft der Demokratie". Er hält es für "dringend erforderlich, richtig und notwendig", das Wahlalter zu senken - allerdings nicht nur für Kommunalwahlen, sondern ebenso bei Landtags- und Bundestagswahlen. Der Hauptgrund: Die Teilnahme an Wahlen erzeuge und verstärke politisches Interesse.

    Das sei vor allem für Jugendliche aus politikferneren und bildungsschwächeren Schichten wichtig, sagt Vehrkamp. Deren Wahlbeteiligung sei besonders gering. Wählen ab 16 sei "die beste Chance", das zu ändern: Die "erste Wahl" könnte dann in den Schulen begleitet werden und gerade diese Jugendlichen an die Urnen bringen. Mit 18 sind sie häufig schon nicht mehr in der Schule. Ob sie an ihrer ersten möglichen Wahl teilnehmen oder nicht, "ist ganz entscheidend dafür, ob sie das auch in ihrem späteren Leben regelmäßig tun oder nicht". 

    Bayern ist eines der wenigen Bundesländer, in dem erst ab 18 gewählt werden darf. In elf Bundesländern dürfen Jugendliche ab 16 bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben, in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Brandenburg ebenfalls bei Wahlen auf Landesebene. Im Nachbarland Österreich ist das Wählen mit 16 seit 2007 bei allen Wahlen erlaubt. (dpa, lby)

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