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Vorwahlen in den USA: Bernie Sanders: So echt wie ein ungemachtes Bett

Vorwahlen in den USA

Bernie Sanders: So echt wie ein ungemachtes Bett

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    Der Senator von Vermont, Bernie Sanders, spricht in Manchester, Iowa, zu seinen Anhängern.
    Der Senator von Vermont, Bernie Sanders, spricht in Manchester, Iowa, zu seinen Anhängern. Foto: Tannen Maury (dpa)

    Der Unmut in den USA über das Establishment in Washington hat sich bei der zweiten Vorwahl im Bundesstaat New Hampshire Bahn gebrochen: Bei den Republikanern siegte der rechtspopulistische Geschäftsmann Donald Trump, bei den Demokraten der linke Senator Bernie Sanders. Beide Präsidentschaftsbewerber geben sich als Außenseiter, die es mit den politischen und wirtschaftlichen Eliten aufnehmen wollen.

    Tatsächlich könnte Bernie Sanders die Wahl spannend machen. Schon in den vergangenen monaten hieß es: Sanders ruft und Tausende kommen, um zu hören, wie der 73-jährige Senator aus Vermont den amerikanischen Traum für alle wieder erreichbar machen will. In der texanischen Ölmetropole Dallas waren  es 8000, in Madison, der Hauptstadt Wisconsins, 10 000, in Phoenix (Arizona) 11 000 und zuletzt in der nordwestlichen Metropole Seattle 15 000 Menschen. Die Demokraten mögen bei ihren Vorwahlen keine automatischen Krönungen und haben diesmal den zerzausten Grauschopf dafür auserkoren, die große Favoritin Hillary Clinton das Fürchten zu lehren. Dass Sanders ein stolzer "demokratischer Sozialist" ist, der Wachstum für weniger wichtig hält als Umverteilung, dass er die Reichen besteuern will und auch sonst unerschrocken für all die Dinge eintritt, die gemeinhin als "liberal" verschrien sind, sollte ihn in der politischen Kultur Amerikas eigentlich zu nicht viel mehr als einem Wahlkampf-Kuriosum machen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Bernie rockt die Nation. Während die Sicherheitsbehörden Clintons privaten E-Mail-Server aus ihrer Zeit als Außenministerin durchleuchten, rückte der Senator in aktuellen Umfragen in New Hampshire und Iowa auf Tuchfühlung an die Favoritin heran.

    Dioe spannende Frage ist nun: Verleihen die Erfolge dem 1941 in New York geborenen Sohn eines polnisch-jüdischen Einwanderers, dessen Familie während des Holocaust getötet wurde, genügend Schwung, Clinton auch in anderen Bundesstaaten die Nominierung streitig zu machen? Inhaltlich liegen Bernie und Hillary bei vielen Themen nicht weit auseinander. Der wesentliche Unterschied besteht in der Glaubwürdigkeit der Kandidaten. Als Hillary im Kongress für die Invasion des Iraks stimmte, mobilisierte Bernie gegen den Krieg. Sanders verlangte einen harten Kurs gegen das, was er als "obszöne Ungleichheit" in den USA ausmacht, während Clinton millionen-schwere Wahlkampfspenden von der Wall Street einsteckt. (Thomas Spang/Joachim Bomhard) Was ist über den Privatmann Sanders bekannt? Er hat angefangen, Psychologie zu studieren, machte seinen Abschluss aber in Politischen Wissenschaften. Seine erste Ehe blieb kinderlos, er hat aus einer anderen Beziehung einen 46 Jahre alten Sohn und sieht auch die drei Kinder, die seine zweite Ehefrau Jane 1988 mit in die Familie brachte, wie seine eigenen. Sanders ist stolz, ein Jude zu sein, hält sich aber für nicht besonders religiös. Freies College, Modernisierung der maroden Infrastruktur des Landes und ein umlagefinanziertes Gesundheitssystem nach englischem Vorbild sind einige der Eckpunkte in seinem Wahlkampfprogramm.

    Sein stärkster Trumpf bleibt, dass die Wähler ihn, den ehemaligen Bürgermeister des 42 000-Einwohner-Städtchens Burlington in Vermont, für unbestechlich halten. Bernie Sanders kommt so echt rüber wie ein ungemachtes Bett, sagt man. Thomas Spang/Joachim Bomhard

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