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Vorratsdatenspeicherung beeinflusst nicht Aufklärungsquote

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Vorratsdatenspeicherung beeinflusst nicht Aufklärungsquote

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    Eine Demonstrantin beim Aktionstag gegen Vorratsdatenspeicherung vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Nach wie vor ist die generelle Speicherung von Telekommunikationsdaten umstritten. Foto: Stephanie Pilick/Archiv dpa
    Eine Demonstrantin beim Aktionstag gegen Vorratsdatenspeicherung vor dem Brandenburger Tor in Berlin. Nach wie vor ist die generelle Speicherung von Telekommunikationsdaten umstritten. Foto: Stephanie Pilick/Archiv dpa

    Das Bundesjustizministerium sieht sich durch ein Gutachten des Max-Planck-Instituts in seiner ablehnenden Haltung gegen die Vorratsdatenspeicherung bestätigt.

    Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorratsdatenspeicherung die Aufklärungsquote von Straftaten nicht beeinflusst.

    "Wir glauben daher, dass das Gutachten unsere Position stärkt, wonach man Daten dann erheben soll, wenn es einen konkreten Anlass gibt", sagte Justizstaatssekretär Max Stadler (FDP). Eine anlasslose Speicherung lehnt das Ministerium nach wie vor ab.

    Leutheusser-Schnarrenberger will "Quick-Freeze-Verfahren"

    Allerdings verweisen die Autoren der vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Studie darauf, dass ihr Ergebnis nur eine "Momentaufnahme" sei. "Die Lage ist gegenwärtig gekennzeichnet durch eine noch sehr unsichere statistische Datengrundlage (und) das Fehlen systematischer empirischer Untersuchungen", heißt es im Fazit des mehr als 200 Seiten starken Gutachtens.

    Auch ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom März 2011 zu den praktischen Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung auf die Entwicklung der Aufklärungsquoten in den EU-Mitgliedsstaaten kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. "In den meisten Ländern kam es in den Jahren 2005 bis 2010 zu keinen signifikanten Änderungen der Aufklärungsquote", heißt es dort. Das Gutachten bemängelt aber auch, dass statistische Daten zu Effekten der Vorratsdatenspeicherung auf die Aufklärungsrate von Straftaten in den einzelnen Mitgliedsstaaten nicht vorliegen würden.

    Eigentlich fehle dieser Diskussion eine vernünftige Datenbasis, sagt Hans-Jörg Albrecht, Direktor am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg auf der Homepage des Instituts. "An sich hätte die EU-Kommission Anfang September eine Evaluation vorlegen müssen, wie häufig bei Ermittlungen auf Vorratsdaten zurückgegriffen wurde", so der Kriminologe. "Die liegt aber nicht vor, weil die Mitgliedsländer die Daten nicht haben." Die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung ist also auch eine Glaubensfrage.

    Keine bedeutende Änderung der Aufklärungsquote durch Vorratsdatenspeicherung

    Gegen das am 9. November 2007 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD eingeführte Gesetz hatten 2008 über 34.000 Menschen Verfassungsklage in Karlsruhe eingereicht. So viele wie nie zuvor. "Die EU hat die Diskussionen unterschätzt, die dieses Thema aufwirft", meint Albrecht.

    Ebenso den Widerstand: Längst nicht alle Mitgliedsstaaten haben wie Frankreich oder die Niederlande eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt, manche wie Schweden weigerten sich sogar explizit und nahmen eine Strafe vom Europäischen Gerichtshof in Kauf.  Auch Irland beschäftigt den Vorratsdatenspeicherung nach der EU-Richtlinie mit der Grundrechtecharta überhaupt vereinbar sei. "Das sind alles Fragen, die man besser vorher ausdiskutiert hätte ", so Albrecht.

    Widerstand in anderen EU-Ländern gegen Vorratsdatenspeicherung

    Das Bundesverfassungsgericht hatte die Vorratsdatenspeicherung 2010 gekippt. Seitdem dürfen Telefon- und Internetverbindungsdaten nicht mehr anlasslos sechs Monate lang zur Kriminalitätsbekämpfung gespeichert werden. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) bemüht sich seither um eine Neuregelung. Sie will die Daten aber nur nach konkretem Anlass speichern lassen, damit sie Ermittlern erst nach einem richterlichen Beschluss zur Verfügung stehen ("Quick Freeze-Verfahren"). In den USA wird ein solches Verfahren bereits angewandt.

    Der Union und dem CSU-geführten Bundesinnenministerium geht das aber nicht weit genug. In dem Streit sind die Fronten seit Monaten verhärtet. (AZ/dpa)

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