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Vorratsdatenspeicherung: EU-Kommission verklagt Deutschland

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Vorratsdatenspeicherung: EU-Kommission verklagt Deutschland

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    Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung hat die EU-Kommission am Donnerstag den Druck auf die Bundesregierung in Berlin verstärkt.
    Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung hat die EU-Kommission am Donnerstag den Druck auf die Bundesregierung in Berlin verstärkt. Foto: Wolfgang Kumm / Archiv dpa

    Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung hat die EU-Kommission am Donnerstag den Druck auf die Bundesregierung in Berlin verstärkt. Sie reichte Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg ein und forderte die Verhängung eines Bußgeldes von rund 315.000 Euro pro Tag, solange die europäischen Vorgaben nicht umgesetzt sind. Das wären rund 114 Millionen Euro pro Jahr.

    Vorratsdatenspeicherung: EU-Kommission verklagt Deutschland

    „Deutschland wurde hinlänglich Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht eingeräumt“, heißt es in der Mitteilung der Kommission. Und obwohl das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, das die erste Fassung der Vorratsdatenspeicherung in

    Mit ihrer Entscheidung hat die Kommission Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) den Rücken gestärkt, der seit langem die Vorlage eines entsprechenden Gesetzes von seiner Justizkollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert. „Wenn es am Ende zu einer Verurteilung kommt, wird es auf jeden Fall sehr teuer“, sagte Friedrich in einer ersten Reaktion. „Aber ich glaube und hoffe, dass wir es dadurch abwenden können, dass die Justizministerin einlenkt.“

    Vorratsdatenspeicherung: Ablehnung bei der Justizministerin

    Danach sieht es jedoch nicht aus. Die liberale Politikerin lehnt eine pauschale Speicherung aller Telekommunikationsdaten für sechs Monate weiter ab und plädiert für eine Erfassung der Informationen lediglich im Verdachtsfall. Diesen Weg wies die Kommission gestern noch einmal ausdrücklich zurück: „Ein System der Datensicherung (Quick Freeze plus), wie es derzeit in Deutschland diskutiert wird, wäre nicht als vollständige Umsetzung der Richtlinie anzusehen.“

    Leutheusser-Schnarrenberger spielt auf Zeit. Zwischen dem Einreichen einer Klage und einem Urteil vergehen nicht selten bis zu zwei Jahre. Die millionenschwere Geldbuße würde auch erst dann fällig. Zudem setzt die FDP-Politikerin darauf, dass die ohnehin anstehende Reform der Richtlinie auf europäischer Ebene, die vermutlich im Herbst beginnt, die Klage hinfällig machen werde.

    In Brüssel bemühte man sich am Donnerstag, nicht den Eindruck zu erwecken, mit der Entscheidung in einem internen Koalitionskrach Partei ergriffen zu haben. Tatsächlich sind Vertragsverletzungsverfahren durchaus häufig, allein gegen die Bundesrepublik laufen derzeit rund 70. Laut Lissabonner Vertrag muss die Kommission als „Hüterin der Verträge“ ein solches Verfahren einleiten, wenn ein Mitgliedstaat die Grundlagen der EU verletzt. Sie hat also keinen Spielraum, großzügig Verstöße hinzunehmen und von einer Sanktion abzusehen.

    EU-Kommission schlägt Strafgeld vor

    Deren endgültige Festlegung nimmt allerdings erst der EuGH vor. Der ist in seiner Entscheidung frei und kann das von der Kommission vorgeschlagene Strafgeld auch deutlich nach oben oder unten korrigieren. Eingezogene Bußgelder fließen in den EU-Haushalt.

    Der Branchenverband „Bitkom“ warnte vor einer Neuregelung im „Hauruck-Verfahren“. Die Branche brauche jetzt eine „rechtssichere Lösung“. Nach Informationen der Provider sind Investitionen von deutlich über 300 Millionen Euro nötig, wenn sie die von Brüssel geforderte sechsmonatige Speicherung aller Telekommunikationsdaten sicherstellen sollen. (afp, AZ)

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