Nach der jüngsten Serie von Bundeswehr-Skandalen ist Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit den Verantwortlichen in ihrer Truppe hart ins Gericht gegangen. Sie sprach am Wochenende im ZDF von einem "Haltungsproblem", von "Führungsschwäche" und "falsch verstandenem Korpsgeist". Die Pressestimmen im Überblick:
"Pikant sind solche Äußerungen auch mit Blick auf von der Leyens wichtigsten militärischen Ratgeber, den Generalinspekteur. Volker Wieker gilt als absolut loyal und integer. Der Vorwurf der generellen Führungsschwäche trifft aber auch ihn. Zur Beschwichtigung vieler Soldaten dürfte von der Leyens Brief also wohl nicht beitragen." tagesschau.de
"Nach der Festnahme des rechtsradikalen Offiziers Franco A. sieht Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Truppe in der Verantwortung. Die SPD wirft ihr dagegen vor, sich aus der Verantwortung zu stehlen." tagesspiegel.de
"Verteidigungsministerin von der Leyen fordert ein Umdenken in der Bundeswehr. In einem offenen Brief heißt es, man müsse die Ausbildung hinterfragen. Der Bundeswehrverband reagiert empört auf Kritik der Ministerin. Auch die SPD erhebt schwere Vorwürfe." n-tv.de
"Die Bundeswehr hat ein Haltungs- und Strukturproblem. Es mangelt bei manchen in der Truppe an der richtigen Leitkultur. Das war und ist das Prinzip der Inneren Führung. Und das beschränkt sich eben nicht auf gelegentliches radikales Durchgreifen von oben, sondern es setzt Mut zum inneren Widerspruch an der Basis zwingend voraus. Offenkundig gibt es keine stimmige Führungskultur von oben nach unten und umgekehrt, dafür an der Spitze ein Wagenburg-Denken." Leipziger Volkszeitung
"Zumindest in einer Hinsicht scheint von der Leyen einem Fehlschluss zu erliegen. Nur weil in letzter Zeit viele Fälle von Schikane und Herabwürdigung ans Licht kommen, heißt das nicht, dass es diese früher nicht gegeben hat. (...) Hier müssen Ausbilder besser geschult und überwacht werden. Auch wenn die Truppe bemüht ist, sich ein hippes, irgendwie modernes Image zu geben: Letztlich geht es doch vor allem um Uniformen, Waffen und 'Patriotismus'. Damit zieht man automatisch viele Rechtsradikale an. Der MAD allein ist hier überfordert, auch weil viele Rechtsradikale von Vorgesetzten gedeckt werden. Hier liegt das wahre Führungsproblem." Neues Deutschland
Pressestimmen zur Bundeswehr-Kritik von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen
"Die deutschen Streitkräfte hätten ein "gigantisches Personalproblem", ließ sie vor zwei Wochen verlautbaren. Wenig später setzte sie den Chefausbilder des Heeres wegen seiner nur schleppenden Aufklärung von Missbrauchsfällen ab. Die Verantwortung für den jüngsten Skandal nun ausschließlich auf Subalterne abwälzen zu wollen, zeugt von nur wenig Klasse: Ja, die Bundeswehr hat eine Führungsschwäche. Aber diese reicht bis auf die höchste Ebene." Allgemeine Zeitung Mainz
Und wir haben kommentiert: "Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat für ihren Rundumschlag mit dem Holzhammer ausgeholt. Und mit voller Wucht getroffen. Platz für eine differenzierte Analyse blieb da nicht. Ihr Interview im ZDF vermittelte den fatalen Eindruck, als attackiere da jemand von außen die Truppe und nicht die Inhaberin der Befehlsgewalt selbst. Auch wenn die Ministerin sich beeilte, in einem offenen Brief klarzustellen, dass sich der Großteil der Soldaten und zivilen Angestellten korrekt verhalte - der Eindruck einer Abrechnung bleibt. Und das bei einer in vielen Fällen völlig unklaren Faktenlage. (...) Von der Leyen hat es sich selber zuzuschreiben, wenn nun wieder spekuliert wird, ob sie nicht längst ein anderes Ministeramt nach der Bundestagswahl ansteuert."
Fall Franco A.: Von der Leyen legt sich mit der Bundeswehr an
Ministerin sieht weiteren Beweis für Führungsschwäche in der Truppe
Von der Leyen feuert Chef-Ausbilder des Heeres
AZ/goro