Ein Flug von Korea nach Vietnam dauert etwa fünf Stunden, dennoch reist der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un in einem kugelsicheren Zug etwa 4500 Kilometer weit zu seinem zweiten Gipfel mit US-Präsident Donald Trump.
Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichte am Sonntag Bilder vom winkenden Kim in seinem abfahrbereiten gepanzerten Spezialzug in Pjöngjang. Es war überhaupt das erste Mal, dass der Gipfel in den nordkoreanischen Medien erwähnt wurde.
Im Mittelpunkt des weltweit viel beachteten Treffens mit Trump an diesem Mittwoch und Donnerstag in Hanoi stehen Schritte zur atomaren Abrüstung Nordkoreas und mögliche Gegenleistungen Washingtons.
Kims Zug passierte schon am Samstagabend (Ortszeit) bei Dandong die Grenze zu China, zuvor hatten Sicherheitskräfte die Straßen um den Bahnhof der Stadt blockiert, wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf Informanten berichtete. Zuvor hatte die russische Agentur Tass die Abfahrt vermeldet. Die Fahrstrecke bis Hanoi durch einen großen Teil Chinas könnte demnach über 4500 Kilometer betragen. Die Luftlinie beträgt etwa 2900 Kilometer.
Yonhap zufolge werden Kim und seine Entourage am Dienstag in der vietnamesischen Grenzstadt Dong Dang erwartet. Von dort könnte er weiter mit dem Auto nach Hanoi fahren. Zum Vergleich: Ein Schnellzug benötigt für die 1886 Kilometer lange Strecke zwischen Berlin und Moskau über 22 Stunden.
Kim wird den Staatsmedien zufolge von Mitgliedern des Politbüros und auch Zentralkomitees der Kommunistischen Partei begleitet. Auch Kims Schwester Kim Yo Jong, die eine einflussreiche Beraterin des Machthabers ist und schon beim ersten Nordkorea-USA-Gipfel im vergangenen Juni in Singapur dabei war, reist mit.
Nordkoreas Alleinherrscher sind für ihre ungewöhnliche Wahl der Transportmittel für Reisen ins Ausland bekannt. Schon Kim Jong Uns Großvater Kim Il Sung und Vater Kim Jong Il waren während ihrer langjährigen Regierungszeit in gepanzerten Zügen unterwegs.
Kim unternahm seine erste offizielle Auslandsreise, die ihn im März des vergangenen Jahres nach China führte, ebenfalls mit dem Zug. Zum ersten Gipfel mit Trump im vergangenen Juni in Singapur wurde Kim jedoch mit einem Flugzeug von Air China gebracht.
Bilder der Staatsmedien zeigen, dass sich an dem Sonderzug seit den Tagen seines Vaters äußerlich nicht viel geändert hat. Typisch sind die olivgrüne Lackierung mit dem markanten gelben Streifen und die getönten Fenster. In einer der wenigen Aufnahmen aus dem Inneren eines der 21 Waggons vom März 2018 sah man Kim und seine Entourage in pinkfarbenen Ledersesseln sitzend. Der Boden war mit Holz ausgelegt, an den Fenstern hingen Gardinen. Die Züge sollen mit moderner Kommunikationstechnik ausgerüstet sein. Ein Waggon soll Kims gepanzerte Limousine transportieren.
Mit dem zweiten Gipfel ist weltweit die Hoffnung auf einen Durchbruch verbunden. Trump erklärte am Sonntag auf Twitter, er und Kim erwarteten beide, die Fortschritte vom ersten Gipfel in Singapur fortsetzen zu können. Er habe ein "großartiges Verhältnis" zu dem nordkoreanischen Machthaber.
Kim hatte in Singapur zwar seine grundsätzliche Bereitschaft zur "vollständigen Denuklearisierung" erklärt. Es gab aber keine konkreten Zusagen, bis wann Nordkorea sein Atomwaffen- und Raketenarsenal, das nicht nur von Nachbarländern wie Südkorea und Japan, sondern auch von den USA und anderen Ländern als Bedrohung wahrgenommen wird, abrüsten will.
So erwartet Moskau vom Treffen zwischen Trump und Kim konkrete Zusagen Pjöngjangs. Es gehe nun darum, wie bei dem Gipfel "praktische Vereinbarungen mit konkreten Daten, Fristen und Pflichten" getroffen werden könnten, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow in einem am Sonntag veröffentlichten Interview dem vietnamesischen und chinesischen Fernsehen. Vor dem Gipfel hole sich die US-Seite wie auch Nordkorea Einschätzungen und Rat bei Russland sowie China.
Trumps Ziel ist es, Nordkorea zu einer vollständigen atomaren Abrüstung zu bewegen. Pjöngjang fordert von Washington glaubwürdige Sicherheitsgarantien und eine Lockerung von Sanktionen.
Beim Gipfel könnten ebenfalls Nordkoreas Lebensmittelsicherheit und mögliche Wirtschaftshilfen Thema werden. Wegen einer Verschärfung der Lebensmittelknappheit hatte Nordkorea zuletzt die Vereinten Nationen um humanitäre Hilfe gebeten.
Die Ernährungslage in dem Land sei "bedenklich", sagte eine Sprecherin der Welthungerhilfe der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. "Die Regierung hat angekündigt, die Tagesration auf 300 Gramm zu kürzen." Das sei eine Halbierung. Die Welthungerhilfe wolle jetzt in den Provinzen, wo sie tätig ist, eigene Daten erheben, schreibt Zeitung. (dpa)