Im neu entflammten Streit um mögliche weitere Konsequenzen aus der Verwandtenaffäre hat Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sich hinter die Minister Helmut Brunner und Ludwig Spaenle sowie die Staatssekretäre Gerhard Eck, Franz Pschierer und Bernd Sibler gestellt.
Rücktritte oder Entlassungen lehnte der Regierungschef ab. Es werde keine personellen Veränderungen im Kabinett geben. „Alle fünf haben mein volles Vertrauen“, ließ Seehofer aus Berlin über seine Sprecherin ausrichten.
Wegen der hohen Summe ist die Verwandtenaffäre noch immer Thema
In München allerdings kocht wegen der hohen Summen, welche die fünf Kabinettsmitglieder zum Teil schon seit 1997 an ihre Ehefrauen oder nahe Angehörige für die Mitarbeit in ihren Abgeordnetenbüros zahlten, die Affäre erneut hoch. Zwar waren diese Beschäftigungsverhältnisse, die den Staat insgesamt über 1,3 Millionen Euro kosteten, bei allen fünf Kabinettsmitgliedern rechtlich zulässig.
Und außer Freie- Wähler-Chef Hubert Aiwanger stellte auch niemand die Frage, „ob die Ehefrauen dieser Landtagsabgeordneten für dieses Geld auch wirklich gearbeitet haben“. Doch nach der durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof angeordneten Veröffentlichung der Summen, verschärften SPD und Grüne ihre Kritik an den „gut florierenden Familienunternehmen“ der CSU.
Sie stellten unter Berufung auf das Urteil die Eignung der CSU-Politiker für ein Regierungsamt infrage und kritisierten, dass mit insgesamt 126 000 Euro nur der „geringstmögliche“ Betrag an die Staatskasse zurückerstattet worden sei.
Kultusminister Spaenle wird in der Verwandtenaffäre "schamlose" Bereicherung vorgeworfen
Grünen-Chefin Margarete Bause warf insbesondere Kultusminister Spaenle vor, sich „schamlos bereichert“ zu haben. Mit über 600 000 Euro sei fast die Hälfte der Gesamtsumme auf sein Konto gegangen. Gerade ein Kultusminister habe Vorbildfunktion. „Daher ist“, so Bause, „sein Rücktritt unausweichlich.“ Auch Brunner, Eck, Pschierer und Sibler sollten ihrer Ansicht nach den Hut nehmen.
SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher wollte keine direkte Rücktrittsforderung erheben. Er verwies auf das Urteil der Verfassungsrichter und nannte das Verhalten der CSU-Politiker untragbar: „Das Verfassungsgericht hat ein Zeugnis vorgelegt: Note sechs.“ Mit dem „Ablasshandel Seehofers“ ging er hart ins Gericht.
Keine vollständige Rückzahlung in der Verwandtenaffäre
Die Regelung, dass die CSU-Politiker die Gehälter nur für ihre Zeit im Kabinett Seehofer zurückerstatten mussten, sei „nicht legitim, durch nichts begründet und willkürlich“. Außerdem habe Seehofer „vollständige“ Rückzahlung versprochen, daraus sei eine „geringstmögliche“ geworden. Seehofer habe den Aufklärer gegeben, tatsächlich aber jede Transparenz vereitelt. Rinderspacher: „Von Reue keine Spur. Man wollte nur möglichst billig wegkommen.“
Der CSU-Fraktionschef im Landtag, Thomas Kreuzer, warf der Opposition Skandalisierung vor. Die Beschäftigung der Verwandten sei rechtmäßig gewesen, die Rückzahlung freiwillig erfolgt. Daraus dürfe den Betroffenen kein Nachteil entstehen.