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Vertrag steht: Gabriel: Große Koalition für kleine Leute

Vertrag steht

Gabriel: Große Koalition für kleine Leute

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    Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer unterzeichnen den Koalitionsvertrag.
    Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer unterzeichnen den Koalitionsvertrag. Foto: Kay Nietfeld (dpa)

    "Der Geist dieses Vertrages heißt, dass wir eine große Koalition sind, um auch große Aufgaben für Deutschland zu meistern", sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch bei der Präsentation der Vereinbarung in Berlin. Im Mittelpunkt stünden solide Finanzen, die Sicherung des Wohlstands und soziale Sicherheit. Die

    Gabriel rechnet mit Zustimmung der SPD-Basis

    Koalitionsvertrag: Was auf die Verbraucher zukommt

    Die von Union und SPD im Koalitionsvertrag besiegelten Vorhaben haben Auswirkungen auf viele Lebensbereiche der Bürger. Auf die Verbraucher kommen Neuerungen etwa bei Mieterhöhungen, Arztterminen und in der Datenkommunikation zu.

    MIETPREISBREMSE: Die Länder können in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt - zunächst für fünf Jahre - die Mieterhöhungen bei Wiedervermietung auf zehn Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzen. Bei Einschaltung eines Maklers gilt: Wer ihn beauftragt, der bezahlt auch.

    DISPOKREDIT: Wer sein Konto überzieht und in den Dispo rutscht, soll von seiner Bank einen Warnhinweis erhalten.

    PFLEGEVORSORGE: Für die Sozialversicherten wird es teurer, da der Beitragssatz zur Pflegeversicherung spätestens zum 1. Januar 2015 steigt - und zwar um 0,3 Prozentpunkte. Danach soll der Beitrag noch einmal um 0,2 Punkte angehoben werden.

    PFLEGEZEIT: Wer kurzfristig Zeit für die Organisation der Pflege eines Angehörigen benötigt, soll sich eine zehntägige Auszeit nehmen können und dafür weiter Gehalt bekommen - ähnlich wie beim Kinderkrankengeld.

    ELTERNGELD PLUS: Um Eltern den Widereinstieg in den Job zu erleichtern, sollen sie für die Dauer von 28 Monaten das Elterngeld in Kombination mit einer nicht geringfügigen Teilzeitarbeit erhalten. Dass soll vor allem Alleinerziehenden helfen.

    FLEXIBLERE ARBEITSZEITEN: Für Arbeitnehmer, die wegen der Kindererziehung oder Pflege Angehöriger kürzer treten wollen, soll ein Rechtsanspruch auf Befristung der Teilzeit geschaffen werden - also ein Recht auf Rückkehr zur Vollzeit-Tätigkeit.

    SCHUTZ VOR STROMSPERREN: Intelligente Stromzähler mit Prepaid-Funktion sollen Verbraucher besser davor schützen, dass ihnen wegen unbezahlter Rechnungen Strom oder Gas abgedreht werden.

    ARZTTERMINE: Wer als gesetzlich Versicherter nicht innerhalb von vier Wochen einen Facharzttermin bekommt, kann sich ambulant im Krankenhaus behandeln lassen.

    MINDESTLOHN: Ab dem 1. Januar 2015 wird es einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn geben. Er soll von einer Kommission aus Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Experten festgelegt werden. Ausnahmen von dem Mindestlohn gibt es danach noch für zwei Jahre in Branchen, wo repräsentative Tarifverträge gelten. Ab 2017 gilt der Mindestlohn dann in ganz Deutschland uneingeschränkt.

    RENTE: Mütter und Väter von vor 1992 geborenen Kindern sollen ab 1. Juli 2014 mehr Rente für die Erziehungszeit bekommen. Auch soll es finanzielle Erleichterungen für Menschen geben, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand gehen und Erwerbsminderungsrenten erhalten. Menschen, die 45 Jahre in die Renteversicherung eingezahlt haben, sollen ab dem 1. Juli künftig schon mit 63 in Rente gehen können. Renten-Verbesserungen sind daneben für Geringverdiener vorgesehen.

    PKW-MAUT: Der Koalitionsvertrag sieht eine «europarechtskonforme Pkw-Maut» vor. Damit sollen ausländische Autofahrer an den Ausgaben für das Autobahnnetz beteiligt werden. Auf deutsche Autofahrer sollen keine Mehrkosten zukommen.

    LÄRMSCHUTZ: Anwohner von Flughäfen und Bahnstrecken sollen besser geschützt werden. Der Schienenlärm soll bis 2020 deutschlandweit halbiert werden. Bei der Festlegung der Flugrouten sollen Anrainer frühzeitig beteiligt werden.

    INTERNET: Auch in ländlichen Gegenden sollen die Menschen schnelles Internet haben und zwar flächendeckend mindestens 50 Megabit pro Sekunde bis 2018. Außerdem wollen Union und SPD die rechtlichen Voraussetzungen für kostenlose WLAN-Angebote in Städten schaffen.

    AUTOFAHRER: Die Polizei soll bei Alkoholsündern künftig weitgehend auf Blutproben verzichten und die Werte per Atem-Alkoholtest bestimmen. Ein Fahrverbot soll als Alternative zur Freiheitsstrafe und zusätzliche Sanktion ins Strafrecht aufgenommen werden, vor allem für diejenigen, «für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt».

    SPD-Chef Sigmar Gabriel betonte: "Die große Koalition hat einen Koalitionsvertrag für die kleinen Leute geschrieben." Das Leben in Deutschland könne besser werden. "Deswegen werden die Mitglieder der SPD mit Sicherheit zustimmen." Erst nach dem geplanten

    Seehofer: Pkw-Maut steht im Vertrag

    Große Koalitionen in Deutschland

    Wenn die SPD-Basis zustimmt, gibt es die dritte große Koalition auf Bundesebene. Die beiden Vorläufer wurden von der CDU geführt: von 1966 bis 1969 von Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und von 2005 bis 2009 von Angela Merkel.

    1966 bis 1969: Die erste Große Koalition kommt nach dem Scheitern der schwarz-gelben Regierung von Ludwig Erhard (CDU) am 1. Dezember 1966 mit der Wahl Kiesingers (CDU) zustande. Außenminister ist SPD-Chef Willy Brandt, dessen Partei im Bund erstmals Regierungsverantwortung übernimmt. Überwindung der Rezession, Notstandsgesetze und Annäherung an den Osten sind zentrale Themen. Bei der Bundestagswahl im September 1969 bleibt die Union zwar stärkste Kraft, verliert aber die Macht an Brandts SPD/FDP-Koalition.

    2005 bis 2009: Bei der Wahl 2005 reicht es weder für eine Fortsetzung von Rot-Grün noch für eine schwarz-gelbe Regierung. So wird die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nach einigem Sträuben der Sozialdemokraten Chefin der zweiten großen Koalition. Die Regierung sorgt mit Konjunkturpaketen für eine Belebung des Arbeitsmarkts. Mit ihrem Finanzminister Peer Steinbrück - der dann 2013 ihr Herausforderer ist - stemmt Merkel sich gegen die 2008 ausgebrochene weltweite Finanzkrise. Bei der Wahl im September 2009 erleidet die SPD ein Debakel und muss in die Opposition. Merkels Union koaliert mit der FDP.

    CSU-Chef Horst Seehofer sagte: "Ich bin hochzufrieden mit dem Inhalt des Vertrags." Es würden massive Impulse für Forschung, Infrastruktur und Bildung gesetzt. Angesichts von Skepsis über die geplante Pkw-Maut für Ausländer sagte Seehofer: "Die Pkw-Maut steht im Vertrag." In 17-stündigen Verhandlungen hatten die Parteispitzen in der Nacht die größten Streitfragen entschieden. 

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