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Verteidigung: Neue Bundeswehr-Streitmacht: Cyber-Armee sorgt für digitale Sicherheit

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Neue Bundeswehr-Streitmacht: Cyber-Armee sorgt für digitale Sicherheit

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    Ein Netzwerkkabel in Tarnoptik. Das ist natürlich nur eine Fotomontage. Cyberkriminelle haben viel bessere Mittel, um zu tarnen. Um ihre Angriffe abzuwehren, stellt die Bundeswehr eine eigene Truppe auf.
    Ein Netzwerkkabel in Tarnoptik. Das ist natürlich nur eine Fotomontage. Cyberkriminelle haben viel bessere Mittel, um zu tarnen. Um ihre Angriffe abzuwehren, stellt die Bundeswehr eine eigene Truppe auf. Foto: fotolia, cim

    Seit gestern hat die Bundeswehr neben Heer, Luftwaffe und Marine eine vierte Streitmacht: das Kommando Cyber- und Informationsraum (CIR). Es soll Deutschland besser vor Angriffen schützen, die mit Mitteln der Informationstechnologie geführt werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stellte die digitale Truppe gestern in Bonn, noch immer Hauptsitz des Verteidigungsministeriums, offiziell in Dienst. Die CDU-Politikerin sprach von einem „Meilenstein deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik“. Im Moment hat das Kommando CIR lediglich rund 260 Mitglieder. Doch der Cyber-Truppe sollen ab dem 1. Juli mehrere bereits vorhandene Dienststellen mit insgesamt 13500 Mitgliedern unterstellt werden.

    Ziel sei es, die digitalen Kompetenzen der Bundeswehr zu bündeln und sowohl die Streitmacht als auch Deutschland insgesamt besser gegen Angriffe im Cyber- und Informationsraum zu schützen. Langfristig soll die Computer-Streitmacht rund 15.000 Soldaten umfassen. Zum Chef wurde der Drei-Sterne-General Ludwig Leinhos ernannt, der bei der Bundeswehr Elektrotechnik studiert hat und im Bereich der „Nachrichtengewinnung und Elektronischen Kampfführung“ eingesetzt wurde.

    Bundeswehr ist regelmäßig Opfer von Cyber-Attacken

    Von der Leyen wies darauf hin, dass es allein in den ersten beiden Monaten dieses Jahres bereits rund 280.000 Cyber-Attacken gegen die Bundeswehr gegeben habe. Dabei gehe es etwa um Versuche von Spionage und Datenklau, aber auch um Angriffe mit dem Ziel, digitale Infrastruktur der Bundeswehr zu manipulieren oder zerstören. Auch zahlreiche Versuche der Beeinflussung, etwa durch Propaganda, wurden registriert.

    Beispiele für die Wirksamkeit digitaler Angriffe gibt es viele. Das Computer-Virus „Stuxnet“ etwa legte 2010 zahlreiche iranische Uran-Zentrifugen lahm. Programmiert wurde es wohl von israelischen Spezialisten. Es muss aber nicht immer gleich hohe Programmierkunst sein: Unter anderem mit gezielt im Internet gestreuten Falschmeldungen soll zuletzt sogar versucht worden sein, die US-Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen – verdächtigt wird Russland.

    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stellte am Mittwoch in Bonn die neue Digital-Truppe der Bundeswehr vor.
    Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stellte am Mittwoch in Bonn die neue Digital-Truppe der Bundeswehr vor. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Cyber-Attacken können durchaus tödlich sein: So ist bekannt, dass im vergangenen Jahr die Mobiltelefone ukrainischer Artilleriesoldaten durch Hacker-Angriffe aus Russland mit einem Virus infiziert wurden, der ihren Aufenthaltsort preisgab. Diese Orte wurden dann gezielt beschossen und die Soldaten getötet. Gerade auch vor solchen Gefahren soll die neue Streitmacht die Bundeswehr besser verteidigen. Und im Bedarfsfall auch zurückschlagen können. „Wenn die Netze der Bundeswehr angegriffen werden, dann dürfen wir uns auch wehren“, sagt Ursula von der Leyen. Die Herausforderungen für das Kommando CIR sind also groß.

    Viele unbesetzte Stellen: Bundeswehr sucht Computerspezialisten

    Sorgen macht der Truppe, dass im Moment noch viele Stellen unbesetzt sind. Denn die Bundeswehr konkurriert im Werben um die begehrten Computerspezialisten nicht nur mit der freien Wirtschaft, die in der Regel deutlich besser zahlt. Auch andere Behörden suchen händeringend Mitarbeiter, die sich in den Tiefen des weltweiten Datennetzes auskennen. Das beginnt bei Polizeieinheiten, die etwa organisierte Kriminalität im sogenannten „Darknet“ bekämpfen sollen, wo mit Waffen oder Drogen gehandelt wird. Vielerorts krankt der Aufbau auf Internetkriminalität spezialisierter Dienststellen am Mangel an geeignetem Personal. Ebenso verzweifelt nach IT-Spezialisten suchen die Geheimdienste.

    Ein Großteil der Stellenanzeigen auf der Internetseite des Bundesnachrichtendienstes richtet sich an Bewerber mit Abschlüssen in Informatik oder verwandten Fächern. Doch die Behörde tut sich schwer, die Fachkräfte zu überzeugen. Der sonst so diskrete Arbeitgeber suchte zuletzt offensiv im Netz den „Sherlock Holmes im Cyberspace“. Der Verfassungsschutz versucht gar, neue Digital-Agenten mit dem Reiz des Verbotenen zu ködern: indem er Tätigkeiten in Aussicht stellt, die ansonsten streng bestraft werden – etwa die Überwachung von Telekommunikation. Auch bei der neuen Zentralstelle für Sicherheit in der Informationstechnik (Zitis), die Entschlüsselungstechniken für Geheimdienste und Polizei entwickeln soll, sind nach Medienberichten noch viele Stellen unbesetzt.

    Wegen dieser starken Konkurrenz will die Bundeswehr ihre Cybersoldaten zum Teil selbst ausbilden. Etwa an einem neuen Forschungszentrum an der Bundeswehr-Universität München. Offen ist die Truppe auch für Bewerber mit abgebrochenem IT-Studium. Selbst die strengen Anforderungen, die normalerweise an die Fitness von Rekruten gestellt werden, sollen für künftige Cyber-Soldaten überdacht werden, heißt es.

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