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Verteidigung: "Bürokratiemonster": Die endlose Mängelliste der Bundeswehr

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"Bürokratiemonster": Die endlose Mängelliste der Bundeswehr

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    Bei seinen Truppenbesuchen erlebt der Wehrbeauftragte des Bundestages ein ernüchterndes Bild des Soldatenalltags.
    Bei seinen Truppenbesuchen erlebt der Wehrbeauftragte des Bundestages ein ernüchterndes Bild des Soldatenalltags. Foto: Imago

    Sein Handwerk hat Hans-Peter Bartels nicht verlernt. Der Wehrbeauftragte des Bundestages arbeitete als Journalist, ehe er in die Politik wechselte. Doch bis heute versteht es der Sozialdemokrat aus Kiel, prägnant zu formulieren. Auch bei der Vorlage seines mittlerweile vierten Jahresberichts als Ombudsmann der Soldatinnen und Soldaten redet Bartels nicht um den heißen Brei herum. Die Personallage der Bundeswehr sei angespannt, die materielle Lage mangelhaft. Hinzu kämen erhebliche Defizite beim Verwaltungsmanagement, sodass viele Soldaten vom "Bürokratiemonster

    In seinem 126-seitigen Bericht zeichnet Bartels ein wenig schmeichelhaftes Bild von der Armee. Offiziell gebe es 181.000 Dienstposten, die bis 2025 auf 198.500 aktive Soldatinnen und Soldaten anwachsen sollen. Tatsächlich seien aber aus unterschiedlichsten Gründen derzeit 21.500 Dienstposten von Offizieren und Unteroffizieren gar nicht besetzt. Deren Aufgaben müssten andere neben ihrem eigentlichen Dienst miterledigen. "Dieses verbreitete Lückenbüßertum belastet das Bestandspersonal."

    Zwar melde die Bundeswehr ein Plus von 4000 Zeit- und Berufssoldaten, doch tatsächlich "gewinnt sie immer weniger neues Personal", so Bartels. Der Anstieg sei ausschließlich auf die Verlängerung bestehender Zeitverträge zurückzuführen. "So wird die Bundeswehr immer älter und immer mehr eine kompakte Berufsarmee."

    Allein für Betreuung des "Tornado" zwölf Dienststellen befasst

    Lang ist Bartels Mängelliste bei der Versorgung mit dem Material. "Das System der Mangelbewirtschaftung besteht in allen Bereichen fort." Die Kampfpanzer "Leopard 2" seien kaum mehr einsetzbar, der neue Schützenpanzer "Puma" müsse teuer nachgerüstet werden, bei der Marine sei die Lage "angespannt" und weniger als die Hälfte der "Eurofighter" und "Tornados" sei flugfähig. In Afghanistan und in Mali müsse die Bundeswehr zivile Transportmöglichkeiten am Boden und in der Luft anmieten, die allerdings keinen ausreichenden Schutz bieten würden. Und allein für die Betreuung des "Tornado" seien zwölf Dienststellen befasst.

    "Aber selbst wenn jeder alles zu zehn Prozent richtig macht, ist zu oft das Ergebnis nicht gut", moniert Bartels. Es dauere zu lange, die Qualität stimme nicht, die Kosten explodieren oder es gebe überhaupt keine Lösung. Insgesamt leidet die Bundeswehr "an Unterbesetzung und gleichzeitig Überorganisation". Zu viel Arbeit werde doppelt getan oder sogar gegeneinander. "Mir sagen viele Soldaten: Wir verwalten uns zu Tode."

    Bartels empfiehlt, von anderen zu lernen, die zu besseren Ergebnissen kommen, unter anderem von den Briten, die deutlich mehr Flugstunden auf dem "Eurofighter" produzieren als die Deutschen. Oder von der Bundespolizei, die ihre neuen großen Grenzschutzboote binnen drei Jahren erhalte.

    Insgesamt verzeichnet der Wehrbeauftragte im vergangenen Jahr 2534 Eingaben von Soldatinnen und Soldaten, das sind lediglich sechs mehr als im Jahr zuvor. Dabei nahm die Zahl der Fälle von unangemessenem Vorgesetztenverhalten ab, allerdings stieg die Zahl der gemeldeten Sexismus-Fälle. "Dabei mag die Sensibilisierung durch die #MeToo-Debatte ebenso eine Rolle gespielt haben wie der langsam weiter steigende Frauenanteil in der Truppe." Ob es rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr gebe, könne er nicht klären. "Hier sind andere Behörden gefragt." Allerdings stelle er fest, dass "weiterhin regelmäßig Soldaten wegen extremistischer Vorfälle" die Bundeswehr verlassen müssten. Das sei auch gut so. "Es wird hingeguckt, es wird gemeldet, es wird entlassen. Wer rechtsextremes Gedankengut verbreitet, kann kein Verteidiger der Freiheit sein."

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